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Botox und Hyaluron boomen – jetzt könnte die Praxis geändert werden

Schönheitseingriffe: Adela Smaijc sagt offen, dass sie sich beim Beauty Doc nachhelfen lässt. Sie findet aber, dass man die Risiken nicht unterschätzen sollte.
Adela Smaijc sagt offen, dass sie sich beim Beauty Doc nachhelfen lässt. Sie findet aber, dass man die Risiken nicht unterschätzen sollte.Bild: zvg/watson

Schönheitseingriffe boomen in der Schweiz – jetzt könnte die Praxis geändert werden

Adela Smajic lässt sich regelmässig Hyaluron und Botox injizieren. Die Gesetzeslage für diesen Prozess könnte sich ändern, denn der Ständerat wird über eine Motion von Alt-Nationalrätin Ruth Humbel abstimmen. watson hat sich mit beiden Frauen über die Risiken solcher Behandlungen unterhalten.
13.03.2023, 17:3515.03.2023, 05:55
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Der Ständerat berät am Dienstag über eine Motion von Alt-Nationalrätin Ruth Humbel. Sie forderte 2019, dass nur noch Ärztinnen und Ärzte Hyaluronsäure und Botox spritzen dürfen. Dass das Thema das Schweizer Parlament erreicht hat, überrascht wenig, denn das Geschäft mit Hyaluron und Botox boomt.

Besonders eine Schweizerin macht keinen Hehl daraus, dass sie ab und zu beim Beauty Doc nachhelfen lässt: Ex-Bachelorette und Moderatorin Adela Smajic. watson hat sie und ihren Arzt des Vertrauens, Richard Fakin, in seiner Klinik in Zürich besucht, um sich mit ihnen über kosmetische Eingriffe und deren Gefahren zu unterhalten.

Mit Adela Smajic zu Besuch beim Beauty Doc

Smajic ist eine von tausenden, vor allem Frauen, die sich regelmässig Botox und Hyaluron spritzen lassen. Alleine ihr Arzt behandelt monatlich an zwei Standorten rund 100 Patienten und Patientinnen, welche zwischen 18 und 60 Jahre alt sind, mit Botox oder Hyaluron.

Fakin sagt: «Die Zahl, der Menschen, die sich für einen solchen Eingriff entscheiden, steigert sich diskret konstant. Ich kann keine genauen Zahlen nennen, aber ich denke, rund 10 Prozent mehr pro Jahr seit mehreren Jahren.»

Er ergänzt: «Botox wird übrigens nicht nur im ästhetischen Bereich verwendet. Sondern auch bei Fazialisparese, also Gesichtslähmung, übermässigem Schwitzen, Migräne oder Zähneknirschen.»

Weshalb unterzieht sich Smajic, welche erst gerade 30 Jahre alt wurde, regelmässig solchen Behandlungen? Smajic lacht: «Ich möchte für immer jung bleiben. Nein, Spass bei Seite. Ich bin ehrlich: In Bezug auf meine Karriere ist mein Aussehen ein sehr wichtiger Faktor. Ich bin Moderatorin, ich habe einen visuellen Job und die Zuschauer sehen mich ja praktisch immer. Ich finde es auch einfach schön, wenn ich jung aussehe, man keine Falten sieht und mein Gesicht schön modelliert ist.»

Schönheitsoperationen: Adela Smajic konsultiert ihren Arzt Richard Fakin mehrmals im Jahr, wenn sie Schönheitseingriffe vornehmen möchte.
Adela Smajic konsultiert ihren Arzt Richard Fakin mehrmals im Jahr, wenn sie Schönheitseingriffe vornehmen möchte.Bild: zvg/watson

Eine von Humbels Sorgen ist, dass Ärzte Pfuschereien von nicht optimal geschultem Personal ausbessern müssen. Fakin sagt dazu: «Es kommt immer wieder vor, dass ich Patientinnen und Patienten nachbehandeln muss, weil sie nicht optimal behandelt wurden. Doch dazu muss ich anmerken, dass bei solchen Patientinnen manchmal auch Ärzte und Ärztinnen nicht ideal behandelt haben.»

watson fragt Smajic, ob sie sich ausschliesslich von Ärzten Präparate injizieren lasse: «Ja. Ich habe mir immer nur von Ärztinnen und Ärzten Hyaluron und Botox spritzen lassen. Nur so fühle ich mich 100 Prozent sicher und weiss, dass man mir im Notfall auch helfen könnte. Aber Angst habe ich grundsätzlich keine, da ich auf das Können meiner Ärzte vertraue.»

Mögliche Kompliaktionen der Beauty-Behandlungen

Humbels Motion ist in Bezug auf Botox obsolet, dieses darf ohnehin nur von Ärztinnen gespritzt werden. Beim Hyaluron gibt es aber laut ihr gewisse Grauzonen. Deshalb soll gesetzlich verankert werden, dass auch Hyaluron nur von Ärzten gespritzt werden darf.

Fakin ist derselben Meinung: «Ich bin ein Arzt, meine Meinung dazu ist natürlich nicht vollkommen objektiv. Wir Ärztinnen und Ärzte haben die Anatomie des Menschen und die verschiedenen injizierbaren Stoffe jahrelang studiert und uns danach noch spezialisiert. Das qualifiziert uns, solche Eingriffe professionell vorzunehmen.»

botox
Smajic ist eine von vielen, die sich regelmässig Beauty-Eingriffen unterziehen. Die Komplikationen sind jedoch nicht zu unterschätzen. (Symbolbild)Bild: shutterstock

Er fügt an: «Ich möchte niemanden diskreditieren und es gibt auch nicht-ärztliches Personal, welches einen guten Job macht. Aber die Frage ist: Was passiert mit diesen, wahrscheinlich unter einem Prozent, bei denen solche Injektionen gravierende Komplikationen haben?»

Fakin konkretisiert: «Es kann zu Nekrosen kommen, das heisst, dass gewisse Teile des Körpers, wie etwa die Nase, absterben. In anderen Fällen kann der Patient oder die Patientin auch erblinden, weil man versehentlich eine Arterie trifft. Da muss man sofort handeln und deshalb finde ich, dass nur Ärztinnen und Ärzte solche Stoffe injizieren sollten.»

Kliniken locken mit Billigangeboten

Je nach Anbieter kann man sich die Lippen schon für 230 Franken mit Hyaluron aufpolstern lassen, die Falten auf der Stirn verschwinden dank einer Botoxunterspritzung bereits ab 150 Franken. Die Anbieter werben mit Topqualität für einen kleinen Preis. Laut Website werden die Behandlungen ausschliesslich von Ärztinnen durchgeführt.

Smajic sagt dazu: «Es ist bedenklich, dass es so viele Orte gibt, an denen solche Injektionen extrem billig angeboten werden. Junge Menschen sind da wahrscheinlich oft verleitet, solche Orte aufzusuchen, auch wenn da kein Fachpersonal arbeitet. Sie haben oft nicht so viel Geld zur Verfügung, das ist dann natürlich verführerisch. Auch wenn Komplikationen nicht oft vorkommen: Auch ein Fall ist einer zu viel. Das kann diese Menschen wirklich kaputt machen.»

Sie fügt an: «Schlussendlich muss dann die Krankenversicherung aufkommen für die Folgekosten, deshalb finde ich, dass man das stärker regulieren und beobachten sollte.»

Ruth Humbel: «Ich finde das bedenklich»

Humbel ist mit der Gesetzeslage nicht zufrieden. «Aktuell ist im Gesetz normiert, dass auch Kosmetikerinnen Präparate spritzen können, welche vom Körper innerhalb von weniger als 30 Tagen abgebaut werden. Das finde ich bedenklich, denn schlussendlich kann man bei gewissen Stoffen nicht genau sagen, wie lange sie im Körper bleiben.»

Ruth Humbel, CVP-AG, spricht zur Grossen Kammer, an der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 3. Maerz 2021 im Nationalrat Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Alt-Nationalrätin Ruth Humbel kämpft seit Jahren für eine stärkere Regelung. Bild: KEYSTONE

Sie ergänzt: «Ich war auch mit dem Ärzteverband in Kontakt. Die Ärzte und Ärztinnen müssen oft Pfuschereien von schlecht ausgebildeten Kosmetikerinnen ausbessern. Das verursacht jährlich Gesundheitskosten von rund 20 bis 30 Millionen Franken.»

Das sagt der Bundesrat

Humbels Motion geistert nun schon einige Jahre in Bundesbern umher. Der Nationalrat hat sich mit einer knappen Mehrheit für eine Gesetzesänderung ausgesprochen, der Bundesrat und die Ständeratskommission für soziale Sicherheit und Gesundheit sind dagegen.

Der Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf. Er hält fest, dass das betreffende Gesetz bereits 2020 angepasst worden sei. Es gilt aktuell also: Kosmetikerinnen, welche über eine zusätzliche Ausbildung als diplomierte Pflegefachperson mit entsprechender Weiterbildung verfügen, dürften «langzeitverbleibende Produkte» nur unter Kontrolle und Verantwortung einer Ärztin anwenden.

Der Bundesrat ist der Meinung, dass die geltenden bundesrechtlichen Bestimmungen einen ausreichenden Schutz der Patienten darstellen würden. Er schreibt: «Die Kontrolle und entsprechend die Sanktionierung von Widerhandlungen liegt jedoch in der Kompetenz der Kantone.»

Humbel sagt dazu: «Ich verstehe nicht, warum der Bund das Gesetz nicht verschärfen will. Er sagt, es gäbe kein Handlungsbedarf, doch die Praxis zeigt etwas anderes. Deshalb muss die Injektion von Hyaluronsäure besser reguliert werden.»

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34 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bossac
13.03.2023 22:53registriert Juni 2014
In der letzten Zeit fallen wir gerade im ÖV so viele wirklich junge Menschen in de 20er auf die sich die Lippen aufgespritzt haben. Mich verwirrt das dann immer ziemlich, da ich es überhaupt nicht ästethisch finde bzw. gerade das Gegenteil davon. Ich erkläre es mir dann damit, dass in deren Bubble es mittlerweile normal geworden solche Eingriffe zu tätigen ist und die sich an dieses merkwürdig Künstliche gewohnt haben - ich finds dann jeweils sehr schade.
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Mondblüemli
14.03.2023 00:38registriert Oktober 2021
Sorry Adela, aber man sieht es. Und zwar nicht positiv. Ich finde, sie sieht nicht natürlich aus. Mir sind da Falten lieber. Und wenn schon 18jährige anfangen… Abgesehen vom enormen Tierleid, welches die Zulassung jeder Charge Botox verursacht. Für gar nichts!
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Samsa
13.03.2023 23:33registriert August 2020
Diese ganze "Kosmetik"industrie ist völlig durchgedreht und verkauft Selbstwertgefühl wo es nicht zu finden ist. Diese alberne Duckfaceindustrie und Anorexiepropaganda sollten verboten sein, genauso wie der Zucker im Brot.
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