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Interne Untersuchung: ETH entlässt zwei Revisoren - sie waren zu kritisch

Nur die Fassade ist transparent: Der Campus Biotech Geneva.
Nur die Fassade ist transparent: Der Campus Biotech Geneva.bild: imago

Interne Untersuchung eskaliert: ETH entlässt zwei Revisoren – sie waren zu kritisch

Wirtschaftsprüfer der ETH wollten ihren Job genau machen - und verloren ihn dabei. Ein Machtkampf um Transparenz, der bis vor das Bundesgericht führt.
12.02.2022, 10:1512.02.2022, 10:22
Andreas Maurer und Christian Mensch / ch media
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In der Romandie spricht man stolz vom «Health Valley» - in Anlehnung an das «Silicon Valley» in San Francisco. Dazu gehört der Campus Biotech Geneva. Geforscht wird zum Beispiel an einer Simulation des menschlichen Gehirns bis ins Detail durch einen Supercomputer.

Der Campus gilt als Vorzeigebeispiel einer Public-private-Partnership. Zwei Männer, die zu den Reichsten der Welt gehören, initiierten ihn: die Unternehmer Hansjörg Wyss und Ernesto Bertarelli. Die Milliardäre kauften den Gebäudekomplex 2013 für 310 Millionen Franken vom Pharmakonzern Merck Serono, als dieser seinen Standort in Genf schloss. Für elf Millionen pro Jahr vermieten sie ihn seither an eine Trägerschaft mit der ETH in Lausanne, kurz EPFL, dem Kanton und der Universität Genf.

Zwei Milliardäre und ein Millionär: Ernesto Bertarelli und Hansjörg Wyss eröffnen den Campus Biotech in Genf 2015 mit Bundesrat Johann Schneider-Ammann.
Zwei Milliardäre und ein Millionär: Ernesto Bertarelli und Hansjörg Wyss eröffnen den Campus Biotech in Genf 2015 mit Bundesrat Johann Schneider-Ammann.bild: keystone

Die Freude über den Deal war so gross, dass er so schnell wie möglich unterzeichnet wurde. Der ETH-Rat, der als übergeordnete Instanz der EPFL für deren Immobilien verantwortlich ist, konnte ihn nur noch abnicken. Zeit für kritische Fragen blieb keine.

Die Abklärungen wurden erst im Nachhinein durchgeführt. Dafür zuständig ist das interne Audit des ETH-Rats. Das ist quasi die Finanzkontrolle der ETH.

Die Revisoren wollten untersuchen, ob der Deal mit den Milliardären wirklich zum Vorteil der Hochschule ist, ob die Strukturen sauber organisiert sind und ob die Strategie Sinn macht. Doch dabei stiessen sie auf erheblichen Widerstand. Dies zeigen Gerichtsurteile und Berichte, die der ETH-Rat gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip herausgeben musste.

Geheime Dokumente: Revisoren erhalten keine Einsicht

In einer ersten Fassung ihres Berichts schrieben die Auditoren: Die EPFL habe ihnen nicht alle relevanten Dokumente herausgerückt. Deshalb könnten sie keine Verantwortung übernehmen, dass ihre Beurteilungen vollständig und richtig seien.

Die EPFL reagierte mit einem Gegenangriff. Sie kritisierte die Revisoren und wählte dafür «erniedrigende» Worte, wie der Leiter des internen Audits feststellte. Er weigerte sich deshalb, die Stellungnahme wie üblich in den Bericht aufzunehmen.

Der ETH-Rat, zu dem das interne Audit gehört, musste den Konflikt lösen. Er hätte seine Auditoren vorbehaltlos unterstützen können. Doch er wählte ein anderes Vorgehen. Er beauftragte die Revisionsgesellschaft KPMG, die Arbeit seines internen Audits zu überprüfen. Dieses sah darin einen Angriff auf seine Unabhängigkeit.

Der Untersuchungsbericht wird entschärft

Die KPMG stellte in ihrem Bericht zwar fest, dass die ETH-Auditoren nach internationalen Standards arbeiteten. Doch sie empfahl, die Kritik zur verweigerten Herausgabe von Dokumenten zu streichen. In der finalen Version fehlt diese nun.

Expertin Monika Roth.
Expertin Monika Roth.bild: keystone

Dabei ist für die Compliance-Expertin Monika Roth die Sachlage eindeutig:

«Die internen Revisoren haben ein uneingeschränktes Recht auf Information, können alle Akten einsehen und Auskünfte verlangen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind.»

Der Entscheid, welche Dokumente relevant sind, liege dabei ausschliesslich bei ihnen.

Eine Revisorin und ein Revisor konnten den Eingriff in ihren Bericht nicht akzeptieren. Ein Revisor weigerte sich deshalb, den Bericht zu unterzeichnen, und eine Revisorin weigerte sich, mit der KPMG zu kooperieren. Die EPFL übte Druck auf die beiden aus, ihre Haltung zu ändern. Darauf wurden sie krank und reichten Arztzeugnisse ein. Später wurden sie vom ETH-Rat entlassen, weil sie Weisungen nicht befolgten.

Enttäuscht: Revisoren wehren sich vor Gericht

Die beiden Revisoren wehren sich vor Gericht gegen die Kündigung. Vor dem Bundesverwaltungsgericht haben sie teilweise recht und Entschädigungen von einem halben Jahreslohn erhalten. Doch ihr Ziel haben sie nicht erreicht. Sie wollen eine Bestätigung, dass die Kündigungen missbräuchlich waren. Deshalb gehen sie nun vor Bundesgericht.

Campus Biotech: Massive Governance-Schwächen

Selbst der entschärfte Auditbericht stellt dem Campus Biotech kein schmeichelhaftes Zeugnis aus. Der Hauptvorwurf lautet, es fehle eine Strategie. Die Rollen und Verantwortlichkeiten der unterschiedlichen Akteure seien nicht definiert. Dies sei auch finanziell riskant, weil Geld in Stiftungen fliesse, welche die Hochschule nicht kontrolliere. Sie solle deshalb alle Verträge nochmals überprüfen.

Die EPFL weist die Kritik in einer Stellungnahme teilweise zurück. Da die Hochschule eben nicht die einzige Akteurin sei, könne sie dem Campus nicht eine Strategie verordnen. Die Auditoren würden die Regeln des teilweise privat finanzierten Campus nicht verstehen.

Hat die ETH ein Aufsichtsproblem?

Die Risiken in Genf, wie sie durch die EPFL eingehandelt wurden, verantwortet der ETH-Rat. Schon beim Kongresszentrum in Lausanne war es zu ähnlichen Problemen gekommen. Hat die ETH gegenüber der EPFL ein Aufsichtsproblem?

Der ETH-Rat sagt auf Anfrage, er verbessere seine Aufsicht stetig. Diese sei heute «State of the Art»; nichts deute auf Missstände hin. Die interne Revision wird es sich allerdings künftig vermutlich zweimal überlegen, ob sie allfälligen Hinweisen auf solche auch nachgehen soll.

Alles sauber? Der Campus Biotech in Genf.
Alles sauber? Der Campus Biotech in Genf.bild: keystone
So kam der Artikel zustande
Die Recherche stützt sich auf öffentlich zugängliche Dokumente. Urteile des Bundesverwaltungsgericht beschreiben den Arbeitskonflikt (A-5318/2020 und A-5345/2020). Darin sind die umstrittenen Berichte der KPMG und des internen Audits erwähnt. Diese Dokumente musste der ETH-Rat auf Anfrage gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip herausgegeben (hier und hier zum Download).
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Die ERMETH an der ETH Zürich
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quelle: museum für kommunikation, bern
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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Elpolloloco
12.02.2022 10:36registriert Dezember 2016
Danke für diesen Bericht. Mangelnde Transparenz und unkooperatives Verhalten mit Auditoren (euphemistisch ausgedrückt) ist wohl nur die Spitze des Eisbergs. Wenn schon Audit, dann doch bitte mit „danke für die wichtigen Resultate, wir setzen alles daran, die Erkenntnisse umzusetzen“… Oder halt so🤷‍♂️🤷‍♂️🤷‍♂️
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Gantii
12.02.2022 11:33registriert Februar 2015
da gehört der gesammte ETH-Rat entlassen. KPMG hat als externer Revisor offenbar ebenfalls tatsachen vertuscht und sollte strafrechtlich belangt werden.
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Salvatore_M
12.02.2022 12:53registriert Januar 2022
Wenn sich das Audit wirklich so zugetragen hat, dann ist dies außergewöhnlich. Das würde ja heißen, dass Wirtschaftsprüfer ihr Mandat deshalb verlieren können, weil sie «genau» gearbeitet haben!?!? Aber es ist ja gerade die Aufgabe eines Wirtschaftsprüfers, genau zu arbeiten. Wirtschaftsprüfer erkennen Chancen und Risiken in einer Organisation, aber das Zweitere will die EPFL offenbar nicht. Das ist nun wirklich schlecht für das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Institution EPFL.
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