Aus dem innersten Machtzirkel der grössten Partei kamen am Wochenende höchst widersprüchliche Zeichen. Ausgerechnet die Blochers sind sich in der für die Partei so zentralen Frage nicht einig, wie die Zuwanderung begrenzt werden soll.
Blocher-Tochter und SVP-Wirtschaftspolitik-Chefin Magdalena Martullo-Blocher streckte im Interview mit der «Schweiz am Sonntag» die Hand aus zum bürgerlichen Kompromiss. Sie will die Masseneinwanderungs-Initiative (MEI) möglichst ohne Kontingente umsetzen.
Die SVP sei für eine wirtschaftsverträgliche Lösung, sagt sie. Und: «Wir wollen keine Zahlen festschreiben, wollen aber eine Umsetzung, die zu weniger Einwanderung führt.» Kontingente bräuchte es für Extremsituationen, falls der Inländervorrang nicht funktionieren sollte und die Einwanderung aus dem Ruder laufen würde, so die Bündner Nationalrätin.
FDP-Chefin Petra Gössi
hatte unlängst in der NZZ gefordert,
die SVP müsse auf Kontingente und
Höchstzahlen verzichten. Sonst fände
man mit der EU nie eine Lösung und
die Rechtsunsicherheit bleibe bestehen.
Nichts davon wissen will SVP-Übervater Christoph Blocher. An Kontingenten führt für ihn kein Weg vorbei, wie er gegenüber der «SonntagsZeitung» sagte. Auf die Frage, ob es denn bei der Erfüllung seiner Bedingungen noch Kontingente brauche, sagte Blocher: «Alle Massnahmen sind auf ihre Wirkung zu untersuchen. Wir sehen nicht, wie das ohne jährliche Kontingente erreicht werden kann.» Die Verfassung schreibe sowohl Inländer-Vorrang, Kontingente und Höchstzahlen vor, um die Zuwanderung zu senken. «Daran halten wir fest.»
Was gilt nun, Herr Rösti? Der neue Parteichef wiegelt ab: «An der Haltung der SVP hat sich nichts geändert: Es gilt, den Volksauftrag, der einen Inländervorrang, Kontingente und Höchstzahlen vorsieht, umzusetzen.» Im Zuwanderungsartikel stehe aber auch, dass das gesamtwirtschaftliche Interesse berücksichtigt werden müsse. «Frau Martullo-Blocher habe als Unternehmerin diesen Punkt einfach besonders betont», so Albert Röstis Lesart.
Ob mit oder ohne Schutzklausel, für den SVP-Chef ist nicht das Mittel entscheidend, sondern das Ziel und das sei eine klare Reduktion der Zuwanderung. Eine fixe Zahl will Rösti nicht nennen. In einem Interview mit der «Nordwestschweiz» nannte er unlängst einen Bereich zwischen 20 000 und 40 000 Personen pro Jahr. Diese Angaben gälten noch immer, bestätigt er.
Mit der FDP und der CVP bestehe Einigkeit punkto Inländer-Vorrang und «dass wir keine zusätzlichen flankierenden Massnahmen wollen». Über Kontingente und Höchstzahlen liefen derzeit Verhandlungen. Einen Durchbruch gebe es noch nicht. Doch die Diskussionen gingen «in Richtung Höchstzahlen und Kontingente».
Was immer das auch heisst, in einem Punkt legt sich der SVP-Chef fest: Er werde die im Parlament ausgehandelte Lösung genau anschauen. «Die Kriterien einer allfälligen Schutzklausel werde ich auf die letzten drei Jahre berechnen. Ich will sehen, dass sie zu einer deutlichen Reduktion geführt hätten.»
Bestimmter äussert sich SVP-Nationalrat und Vizepräsident der Aktion für eine unabhängige Schweiz (Auns) Luzi Stamm: «Die Einwanderung muss für uns ab dem Jahr 2017 berechenbar sein, und sie darf nicht höher sein als 80 000 Personen pro Jahr.»
Damit meine er die «Gesamteinwanderung», welche auch Asylsuchende beinhalte. Er sei «weit davon entfernt» einen Ansatz zu sehen, der dieses Ziel ohne Kontingente garantieren könne. Schlage der Bundesrat eine Schutzklausel vor, die erst ab 2019 oder gar 2020 greife, sei das «ein schlechter Witz». Dann werde die Auns «auf die Barrikaden gehen» und die Lösung mit einem Referendum bekämpfen.