Schweiz
Gesellschaft & Politik

Erbschaftssteuer: So reagieren die Parteien auf die Umfragen

«Überrascht uns nicht» – so reagiert die Juso auf die Erbschaftssteuer-Umfrage

Die Ergebnisse der watson-Umfrage sind deutlich: 67 Prozent der Befragten lehnen die Juso-Erbschaftssteuer-Initiative klar ab. Während die Überraschung über dieses Resultat bei den Parteien nicht gross ist, wird von beiden Seiten Kritik laut.
08.08.2024, 13:3908.08.2024, 14:11
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Juso nicht überrascht

Mirjam Hostetmann, Präsidentin der Juso, sagt zu den Umfrageergebnissen:

«Mich überrascht die deutliche Ablehnung nicht, schliesslich haben Reiche und Wirtschaftslobby gerade mehrere Wochen Angst und Schrecken verbreitet. Die Wegzugdrohungen und auch die Ungültigkeitsdebatte rund um die Initiative waren zutiefst undemokratisch und erschreckend.»
Mirjam Hostetmann wird von der Delegierte der Juso zur neuen Praesidentin gewaehlt, am Samstag, 29. Juni 2024, in Solothurn. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Mirjam Hostetmann ist seit dem 29. Juni 2024 Juso-Chefin.Bild: keystone

Ihre Initiative sei rechtens, so Hostetmann weiter, und alle Regelungen aus dem Initiativtext würden bereits in anderen Initiativen angewendet.

Weiter verweist sie auf die Tatsache, dass 92 Prozent der Betroffenen keine Firmenpatrons, sondern etwa Grossinvestorinnen- und Investoren seien, die geerbt hätten.

Hostetmann betont:

«Wir dürfen uns nicht von den Reichen trügen und in Geiselhaft nehmen lassen, alles, was sie interessiert, ist ihr eigener Profit.»

Bei den 15 - 34-Jährigen findet die Initiative Anklang. Hostetmann erklärt sich das damit, dass fast 50 Prozent der Gen Z in der Schweiz, die Klimakrise als ihre grösste Sorge nennt.

«Unsere Generation muss die Misere der bürgerlichen Politik in den kommenden Jahren austragen. Wir müssen länger arbeiten und gleichzeitig bleibt uns immer weniger Geld zum Leben. Gleichzeitig wurden Steuerprivilegien für Reiche und Unternehmen geschaffen und letztes Jahr auch noch die Credit Suisse gerettet.»

Mit der Erbschaftssteuerinitiative würden die erhobenen Steuern zum Schutz gegen die Klimakrise fliessen.

«Unsere Generation ist nicht bereit, auch noch die vollen Kosten für die Bekämpfung der Klimakrise zu bezahlen, und das zu recht.»

SP und Grüne lassen sich nicht beirren

In der watson-Umfrage fand die Initiative bei den SP-Wählenden (56 Prozent Ja, 17 Prozent eher ja) grosse Zustimmung. Innerhalb der Partei sind sich Politikerinnen und Politiker allerdings nicht einig. So sprach sich etwa SP-Ständerätin Franziska Roth gegen die Juso-Initiative aus. SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer, die mit SP-Co-Präsident Cédric Wermuth im Initiativkomitee sitzt, gab gegenüber dem Tagesanzeiger bekannt, an einem Gegenvorschlag arbeiten zu wollen.

Mattea Meyer, Nationalraetin, SP-ZH, und Co-Praesidentin der SP Schweiz, spricht waehrend einer Medienkonferenz des Initiativkomitees fuer eine 13. AHV-Rente am Dienstag, 9. Januar 2024 in Bern. Am 3. ...
SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer steht hinter der Initiative.Bild: keystone

Auf die Umfrageergebnisse ging die SP auf Anfrage nicht ein. Sie begrüsst es aber, dass das Thema Erbschaftssteuer und die immer grössere Vermögensungleichheit in der Schweiz breit diskutiert werde. Die Debatte um eine Erbschaftssteuer für den Klimaschutz sei wichtig. Sie schreibt weiter:

«Denn einerseits können wir so die immer grössere Ungleichheit angehen. Anderseits stellen wir sicher, dass sich auch die Superreichen und deren Erbinnen und Erben an der Energiewende beteiligen und wir die Klimakrise als grösste Herausforderung unserer Zeit angehen.»

Die Grünen bleiben ebenfalls standhaft. Nationalrätin Franziska Ryser schreibt gegenüber watson:

«Wir GRÜNE setzen uns seit Jahren für die Einführung einer Erbschaftssteuer ein, denn die Vermögen sind in der Schweiz extrem ungleich verteilt: Dem reichsten Prozent der Bevölkerung gehören heute fast die Hälfte des gesamten Vermögens in der Schweiz. Diese Ungleichheit hat handfeste soziale und ökologische Konsequenzen: Sie schwächt die Kaufkraft der Bevölkerung und die Sozialwerke. Und sie entzieht der öffentlichen Hand die Mittel, die für den Klimaschutz benötigt werden.»
Franziska Ryser, GP-SG, spricht ueber ihre Motion zur Beteiligung der Schweiz an der multinationalen Taskforce Repo zur Umsetzung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland, waehrend einer Sondersession ...
Die Grüne-Nationalrätin Franziska Ryser steht hinter der Initiative.Bild: keystone

Dass bereits heute zwei Drittel der Grünen Wähler*innen die Initiative befürworten, findet Ryser daher nicht überraschend. Einem Gegenvorschlag, der die soziale Ungleichheit verkleinert und den Spielraum für ökologische Reformen vergrössert, stünden die Grünen grundsätzlich positiv gegenüber, so Ryser weiter.

Scharfe Worte von Initiativ-Gegnern

Die Grünliberalen äussern sich, wie die Juso, wenig überrascht. Allerdings begrüssen sie die allgemeine hohe Ablehnung sowie die Ablehnung innerhalb der GLP-Wählenden (65 Prozent Nein, 12 Prozent Eher nein):

«Uns erstaunt es nicht, dass die GLP-Wählenden dieser radikalen Erbschaftssteuer eine klare Absage erteilen und dass dies auch eine deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger tut. Die Bevölkerung entscheidet mit Augenmass.»

Sie verweisen auf die noch zu finanzierende 13.-AHV-Rente und befürchten, dass gute Steuerzahler wegen der massiven Besteuerung von hohen Erbschaften abwanderten. Dass die Schweiz dadurch eher noch Steuereinnahmen verlöre, mache keinen Sinn.

«Eine so extreme Initiative macht es schwierig, überhaupt einen Gegenvorschlag zu bringen. Wenn schon ein Gegenvorschlag, dann müsste er eher eine moderate Besteuerung ganz hoher Vermögen vorsehen.»

Noch deutlicher abgelehnt wurde die Initiative von FDP-Wählenden. 91 Prozent stimmten in der watson-Umfrage klar dagegen. FDP-Nationalrat Marcel Dobler gibt der deutlichen Ablehnung eine Stimme. Gegenüber watson sagt er:

«Die Juso ist die Partei der Volkswirtschafts-Legasthenie. Wirtschaftliche Zusammenhänge sind ihr fremd zum maximalen Schaden der Schweiz. Eine verfassungswidrige Pseudo-Juso-, aber eigentlich SP-Initiative, für maximalen Schaden der Schweiz, gehört klar abgelehnt.»
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Marcel Dobler schlägt scharfe Töne an.Bild: keystone

Bis das Volk über die Initiative abstimmen kann, dauert es noch etwa zwei Jahre. Die Zeit will Juso-Chefin Mirjam Hostetmann nutzen, um aufzuzeigen, weshalb die Initiative dringend notwendig sei. Von der Ablehnung der Reichen lässt sie sich nicht verunsichern:

«Die Juso hat keine milliardenschwere Unterstützerinnen und Unterstützer, trotzdem werden wir den Reichen die Stirn bieten, das hat sich jetzt schon gezeigt.»
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199 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Captain Zwieback
08.08.2024 14:03registriert Februar 2023
Immer wenn in der Politik etwas abgelehnt wird oder nicht gut ankommt, sind angeblich die gegnerischen Parteien schuld. Es heißt dann, "Es wurde Panik verbreitet" oder "Es wurden Unwahrheiten verbreitet" oder "Die Lobby ist zu groß, um dagegen anzutreten."

Mir fehlt da irgendwie die Selbstreflexion.

Es klingt immer so, als ob das Volk belogen oder betrogen wurde und es nicht einmal merkt. Also indirekt, dass Volk ist nicht in der Lage zu erkennen was gut ist, denn nur was wir sagen ist richtig. (Gilt übrigens für alle Parteien).. :D
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Casimir R.
08.08.2024 14:15registriert Januar 2016
Als SPler macht mich die JUSO-initiative nur hässig. Sie wird krachend scheitern und damit ist das wichtige thema dann wieder min. 10 jahre vom tisch. Statt sich zu überlegen wie man es machen könnte (z.b. relative statt absolute grenze) lieber provozieren. Am ende helfen sie damit den bürgerlichen. Danke für nichts!
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Bikemate
08.08.2024 15:18registriert Mai 2021
Wenn eine Beziehung zu Bruch geht, ist der Partner Schuld, alle Autofahrer sind sch, ausser ich. Wenn eine Initiative von mir abgelehnt wird sind die Gegner schuld.
Habe ich es in etwa getroffen wie Frau Hostetmann tickt?
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