Der Wahlkampf kommt in die heisse Schlussphase. In rund zehn Tagen flattern den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern die Wahlunterlagen ins Haus, noch einmal müssen die Parteizentralen alle Kräfte mobilisieren, um die eigene Anhängerschaft an die Urne zu locken. Besonders im Fokus: Die Wahlkampfleiter und die Parteipräsidenten. Ihnen obliegt die Verantwortung, diesen Schlussspurt zu steuern.
Etwas anders präsentiert sich die Situation bei der FDP: Nach dem Unfall vom vergangenen Donnerstag verzichtet Parteichef Philipp Müller auf sämtliche Auftritte vor Publikum – und dies bis zu den Wahlen. «Einzig der Parteipräsidenten-Auftritt in der ‹Arena› von Anfang Oktober ist noch offen, da entscheiden wir kurzfristig. Ansonsten ziehe ich mich jetzt aus der Öffentlichkeit zurück», sagte Müller gestern in einem Interview mit der «Nordwestschweiz».
Damit stellt sich die Frage, wer bei den Freisinnigen nebst Wahlkampfleiter und Generalsekretär Samuel Lanz das Zepter bis zum 18. Oktober schwingt. Wohl auch um diese Frage zu klären, zog sich die Parteispitze gestern Nachmittag im Bundeshaus zu einer Sitzung zurück.
Resultat: Die FDP macht weiter wie bisher. Der Wahlkampf findet primär in den Kantonen statt, dort gelte es nun, präsent zu sein. Einen Interims-Präsidenten auf nationaler Ebene gibt es nicht. Die Partei habe fünf Vizepräsidenten, die in die Bresche springen könnten, sagen mehrere FDP-Fraktionsmitglieder.
In der Westschweiz sind dies die Nationalräte Isabelle Moret (VD) und Christian Lüscher (GE), die schon heute oft anstelle Müllers in der französischsprachigen Schweiz auftreten. Im Tessin fällt diese Rolle Vizepräsidentin Carla Speziali, der Stadtpräsidentin von Locarno, und Ignazio Cassis, Nationalrat und Vizefraktionschef, zu. In der Deutschschweiz stehen mit dem Berner Nationalrat Christian Wasserfallen und dem in der Öffentlichkeit etwas weniger bekannten Schwyzer Anwalt Vincenzo Pedrazzini ebenfalls zwei Persönlichkeiten bereit.
Die meisten von der «Nordwestschweiz» kontaktierten Politiker in der Wandelhalle gehen nicht davon aus, dass der Rückzug Müllers der Partei schaden werde. Im Schweizer Politsystem sei nicht alles auf den Parteipräsidenten ausgerichtet. Es sei zudem richtig, ein fatales Ereignis wie einen schweren Unfall zuerst in Ruhe zu verarbeiten, bevor man wieder in den politischen Nahkampf steige.