Der Streit um den Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen ist mit dem Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten auch in der Schweiz neu entfacht. Und er reisst Gräben durch Parteien.
Während Abtreibungsgegnerinnen wie die beiden SVP-Nationalrätinnen Yvette Estermann und Andrea Geissbühler Unterschriften für zwei Initiativen sammeln und damit die Zahl der Abtreibungen senken wollen, zeigen sich Parteikollegen skeptisch gegenüber zusätzlichen Einschränkungen bei Schwangerschaftsabbrüchen.
So sagt etwa SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi im «SonnTalk» von Tele Züri, er sei der Meinung, «dass die aktuell in der Schweiz geltende Fristenlösung gut funktioniert». Diese ermöglicht Frauen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche eine legale Abtreibung. Die Kosten werden von der Grundversicherung übernommen.
Ebenfalls vehement gegen die beiden Initiativen äussert sich die kürzlich neu gewählte Präsidentin der SVP Stadt Zürich, Camilla Lothe. Sie findet gar, dass Abtreibungen aus dem Strafgesetz gestrichen werden müssen. Es sei «nicht akzeptabel, dass Frauen für diese ganz persönliche, schwierige Entscheidung angeprangert» würden, so Lothe.
Von der Kritik aus der eigenen Partei lässt sich Yvette Estermann nicht beirren. Sie wundert sich auch nicht, dass Abtreibungen derart viele Emotionen wecken. Die Luzernerin ist überzeugt: «Jedes Leben, das gerettet werden kann, ist die ganzen Mühen, das Unterschriftensammeln wert.» Oder anders formuliert: Jede Frau, die von einer Abtreibung abgehalten werden kann, ist ein Erfolg. Dazu beitragen sollen die beiden im vergangenen Dezember lancierten Volksinitiativen.
Mit der «Einmal-darüber-schlafen-Initiative» soll im Gesetz festgeschrieben werden, dass Ärztinnen und Ärzte schwangeren Frauen vor einer Abtreibung mindestens einen Tag Bedenkzeit geben müssen.
Die zweite Initiative sieht vor, dass keine Abtreibungen erfolgen dürfen, wenn das Baby zum Zeitpunkt des Schwangerschaftsabbruchs ausserhalb des Mutterleibs überlebensfähig wäre. Sie richtet sich also gegen die Praxis der Spätabtreibungen, die in der Schweiz schon jetzt nur dann erlaubt sind, wenn die Gesundheit der Frau gefährdet ist. Die Unterschriften für die beiden Initiativen werden «aus Synergiegründen» gemeinsam gesammelt. Die Frist läuft noch bis Mitte Juni 2023.
So weit, so gut. Wären da nicht die Unklarheiten über die Urheber der Initiative. Denn weder Estermann - Co-Präsidentin der Spätabtreibung-Initiative - noch Andrea Geissbühler - Co-Präsidentin der Bedenkzeit-Initiative - waren an der Ausarbeitung der Initiativtexte beteiligt, wie sie auf Anfrage bestätigen. Beide Nationalrätinnen wurden von David Trachsel, Präsident der Jungen SVP Schweiz, mit der fixfertig ausgearbeiteten Initiative kontaktiert und für das Co-Präsidium angefragt.
Trachsel wiederum will auf Anfrage nicht sagen, wer die Initiative inhaltlich konzipiert hat. Da sei er zu keiner Auskunft verpflichtet. Tatsächlich dürfte die Idee zur Lancierung der beiden Volksinitiativen von einer Stiftung kommen, die für ihre radikal ablehnende Haltung gegenüber Abtreibungen bekannt ist. So führt die Spendenanschrift für die beiden Initiativen zum Verein Mamma, deren Präsident Dominik Müggler ein altbekannter Abtreibungsgegner ist.
Der Baselbieter hat bereits 2002 erfolglos gegen die Einführung der Fristenregelung gekämpft und sitzt auch jetzt wieder in beiden Initiativkomitees. Müggler bestätigt auf Anfrage, dass sein Verein «am Zustandekommen der Initiativen interessiert» sei und deshalb die Unterschriftensammlung unterstütze.
Der Verein lehnt Abtreibungen per se ab, wie seiner Website zu entnehmen ist. Dort heisst es etwa, eine Abtreibung sei eine «menschenunwürdige Handlung» und ein «Gräuel». Diese Haltung hat dem Verein in der Vergangenheit mehrfach Kritik eingebracht.
Im Kern dürfte es den Urhebern also vor allem darum gehen, ihre radikale Gesinnung zu vernebeln. Denn es würde den Abstimmungskampf der Befürworter sicherlich erschweren, wenn ihre Anliegen als Vorhaben radikaler Abtreibungsgegner daherkommen, die eigentlich die Fristenlösung abschaffen wollen. (aargauerzeitung.ch)
Egal aus welchen Gründen eine Frau ihr Kind abtreiben möchte, sie soll das legal und sicher tun können. Dafür bezahle ich auch gerne Krankenkassenprämien.
Als würden Frauen diesen Entscheid einfach so fällen; und selbst wenn - es ist verd....mal ihr Körper!
«Trachsel wiederum will auf Anfrage nicht sagen, wer die Initiative inhaltlich konzipiert hat.»
Was für ein Volksvertreter! Hoffentlich erhält er bei den nächsten Wahlen die Quittung, genau wie Estermann und Geissbühler. Sollen sie doch daheim im Privaten ihre mittelalterlichen Vorstellungen ausleben.