Der Nationalrat will 16- und 17-Jährigen das aktive Wahl- und Stimmrecht einräumen. Er am Montag beschlossen, die Arbeiten an diesem Projekt fortzusetzen. Seine staatspolitische Kommission muss nun eine Vorlage ausarbeiten, obwohl deren Mehrheit gegen das Stimmrechtsalter 16 ist.
Der Entscheid im Nationalrat fiel am Montag äussert knapp, mit 98 zu 93 Stimmen. Für die Senkung des Stimmrechtsalters von 18 auf 16 Jahre votierten die SP, die Grünen, die GLP und ein Teil der Mitte, gegen die Vorlage der andere Teil der Mitte sowie die FDP und SVP.
Für die vorberatende Staatspolitische Kommission (SPK-N) war jedoch vor allem entscheidend, dass sich die Kantone gegen die Vorlage ausgesprochen hatten. Dies zeigte die Vernehmlassung zu einer von der Kommission ausgearbeiteten Verfassungsänderung. Von 25 Kantonen hätten sich 15 dagegen ausgesprochen, 7 Kantone dafür und 3 hätten sich enthalten, berichtete Kommissionssprecher Kurt Fluri (FDP/SO). In mehreren Kantonen sei in den vergangen Jahren eine Senkung an der Urne zudem gescheitert, nur Glarus kenne das Stimmrechtsalter 16.
Das Geschäft geht zurück auf eine parlamentarische Initiative von Nationalrätin Sibel Arslan (Grüne/BS), die 16- und 17-Jährigen das aktive, nicht aber das passive Stimm- und Wahlrecht geben will. Das politische Engagement junger Menschen sei markant gestiegen, begründete Arslan ihren Vorstoss. Ausserdem seien sie häufig jene, die von politischen Entscheiden betroffen seien, etwa von einem Klima-Gesetz oder von der Ausgestaltung der Altersvorsorge.
Es sei daher wichtig, dass die Jungen mitbestimmen könnten, wie ihre Zukunft aussehe, sagte Irène Kälin (Grüne/AG), die sich im Namen der Kommissionsminderheit für die Initiative stark machte. Verlieren könne man ja nichts. Im Gegenteil, sagte SP-Fraktionssprecherin Nadine Masshardt (SP/BE), der Einbezug der Jungen sei für die Gesellschaft von grosser Bedeutung, Politische Reife sei nicht eine Frage des Alters, sondern des politischen Engagements.
Derzeit würden die Jungen aber von den Älteren überstimmt, betonte Corina Gredig (ZH) im Namen der GLP. Wegen der demografischen Entwicklung liege der Medianwert des Alters der Stimmberechtigten heute bei 57 Jahren. Das sei staatspolitisch bedenklich. Das Stimmrechtsalter 16 würde also der Alterung der Gesellschaft etwas entgegen setzen, ist die GLP überzeugt.
Die Gegnerinnen und Gegner der Senkung argumentierten, dass es nicht sinnvoll sei, eine Kategorie von Bürgerinnen und Bürgern zu schaffen, die zwar ihre Stimme abgeben, nicht aber in Ämter gewählt werden könnten. Ausserdem wäre die Festsetzung des Stimmrechtsalters bei 16 Jahren aus Sicht der FDP und SVP reine Willkür, wie Barbara Steinemann (ZH) und Andri Silberschmidt (FDP/ZH) sagten.
Gespalten war die Mitte. Es sei es nicht angebracht, zwischen dem politischen und dem zivilen Mündigkeitsalter zu unterscheiden, sagte Marianne Binder-Keller (AG). Marc Jost (EVP/BE), der sich für die Initiative einsetzte, entgegnete, 16-Jährige seien religiös und sexuell mündig, müssten unter Umständen Steuern bezahlen und müssten Entscheide mittragen. Abstimmen aber dürften sie nicht, das sei nicht richtig. (sda)