Eine Syrerin, die bei ihrer Abschiebung 2014 eine Fehlgeburt erlitt, hat mit ihrem Mann und den drei Kindern ein Schadenersatz-Gesuch beim Finanzdepartement eingereicht. Heute Donnerstag findet vor dem Bundesverwaltungsgericht die öffentliche Parteiverhandlung statt.
Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) wies das Gesuch im Januar 2021 ab. Es begründete seinen Entscheid damit, dass die Grenzwächter damals zwar nicht korrekt gehandelt hätten. Ihr Verhalten sei jedoch nicht der Grund für den geltend gemachten Schaden. Es fehle somit die sogenannte Kausalität – eine Voraussetzung für den Anspruch auf einen Schadenersatz.
Auch die psychische Beeinträchtigung der Frau führt das EFD nicht auf das Verhalten der Grenzwächter zurück. Sie sei vielmehr durch das traumatisierende Ereignis der Totgeburt bedingt. Deshalb hat das EFD eine Genugtuung abgewiesen, wie aus dem vom Bundesverwaltungsgericht veröffentlichten Sachverhalt hervor geht.
Das Ehepaar hat gegen die abschlägige Verfügung des EFD beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingereicht. Ihrer Ansicht nach seien die psychischen Beeinträchtigungen eine Folge der Körperverletzung, die der Ehefrau unter traumatischen Umständen zugefügt wurde. Auch der Ehemann und die Kinder seien in Mitleidenschaft gezogen worden.
Einen Schaden sehen die Eheleute in den geringeren Unterstützungsleistungen. Statt wie vorgesehen in Deutschland hätten sie in Italien ein Asylgesuch stellen müssen.
Das Ehepaar und seine drei minderjährigen Kinder wurden am 4. Juli 2014 dem schweizerischen Grenzwachtkorps übergeben. Sie hatten versucht, mit dem Zug von Mailand nach Paris zu reisen. Die französischen Behörden verweigerten ihnen und weiteren Syrerinnen und Syrern jedoch die Weiterreise.
Die insgesamt 36 Personen wurden nach Brig VS gebracht, wo sie auf einen Zug zurück nach Italien warten mussten. Die Beschwerdeführerin war damals schwanger. In den Räumlichkeiten des Grenzwachtkorps wurde sie zunehmend von starken Schmerzen geplagt. Die Angestellten des Korps verweigerten der Frau jedoch medizinische Hilfe.
Die Frau konnte nicht mehr selbst in den Zug steigen, der sie zurück nach Domodossola (I) brachte. Sie musste getragen werden. Nach ihrer Ankunft in Italien wurde sie in ein Spital gebracht, wo sie eine Fehlgeburt erlitt. Ein Gutachten hielt fest, dass der Fötus bereits vor dem Aufenthalt in Brig tot war.
Der Vorgesetzte der drei involvierten Grenzwächter wurde 2018 wegen fahrlässiger und einfacher Körperverletzung und wegen Nichtbefolgens von Dienstvorschriften zu einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu 150 Franken verurteilt.
Die drei involvierten Untergebenen wurden Anfang 2021 per Strafbefehl wegen der gleichen Delikte zu bedingten Geldstrafen von jeweils 30 Tagessätzen verurteilt. (Fall A-691/2021) (bal/sda)