Schweiz
Gesellschaft & Politik

Gotthardpass soll ganzes Jahr offen bleiben: Urner Politiker skeptisch

Das ganze Jahr über den Gotthardpass fahren? Urner Politiker reagieren skeptisch

SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner fordert, dass die Gotthardpassstrasse das ganze Jahr geöffnet wird. Fast 60 Parlamentarier und Parlamentarierinnen haben seinen Vorstoss mitunterzeichnet.
24.03.2025, 07:4624.03.2025, 07:46
Kari Kälin / ch media
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Der Schnee türmt sich, und es herrscht Lawinengefahr: Von Oktober und in der Regel bis Mitte Mai ist die Gotthardpasstrasse gesperrt. Um diese Nord-Süd-Verbindung ganzjährig zu öffnen, müssten gemäss Schätzungen des Bundesamtes für Strassen mindestens 300 Millionen Franken investiert werden – für den Bau verschiedener Schutzgalerien und Tunnel. Der Bundesrat hat diese Idee vor einem Jahr in einem Bericht verworfen. Die Begründung in Kurzform: Nützt wenig, aber kostet viel.

Die Passhoehe des Gotthardpass fotografiert waehrend der Wiedereroeffnung der Gotthard Passstrasse nach der Wintersperre am Mittwoch, 29. Mai 2024. (KEYSTONE/Ti-Press/Alessandro Crinari)
Auf der Passhöhe liegt jeweils noch viel Schnee, wenn der Gotthardpass im Frühling für den Verkehr freigegeben wird.Bild: keystone

Doch jetzt macht das Parlament Druck, den Pass das ganze Jahr befahrbar zu machen. Der Aargauer SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner hat in der abgelaufenen Session eine entsprechende Motion eingereicht. Nicht weniger als 57 Nationalrätinnen und Nationalräte, die meisten aus SVP und FDP, haben den Vorstoss mitunterzeichnet. Auch der Tessiner SP-Nationalrat Bruno Storni unterstützt das Anliegen – vor allem, damit man im Frühling den Pass schneller benutzen könne. An Ostern sei das Stauproblem wirklich gross, sagte er gegenüber der «SonntagsZeitung».

Benjamin Giezendanner, SVP-AG, stellt eine Frage, an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 4. Maerz 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Der Aargauer SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner.Bild: keystone

Immer mehr Staustunden

Giezendanner erachtet die Investitionskosten als verhältnismässig gering. Auch könne man eine wichtige Redundanz zum Gotthard-Strassentunnel schaffen und andere Alpenübergänge entlasten, argumentiert er. Zur Erinnerung: Im September 2023 musste der Strassentunnel wegen eines Risses an der Zwischendecke etwa eine Woche lang gesperrt werden. Das Tessin war stark von der Deutschschweiz abgeschnitten. Die Sperre fiel ausgerechnet in jene Zeit, in der keine Züge durch den Gotthard-Basistunnel fahren konnten. Ein entgleister Güterzug hatte den Tunnel massiv beschädigt.

Die Staustunden am Gotthard haben in den letzten Jahren permanent zugenommen. Geduld ist nicht mehr bloss an Ostern und anderen Feiertagen gefragt, vielmehr stehen die Autos an den meisten Wochenenden von Mitte März bis Mitte Oktober Schlange. Verantwortlich dafür ist primär der Freizeit- und Ferienverkehr.

Während Giezendanners Vorstoss bei vielen Tessiner Politikern Zustimmung findet, reagieren Urner Volksvertreter skeptisch. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass man mit einer ganzjährigen Befahrbarkeit der Gotthardpassstrasse unsere Kantonsstrassen entlasten kann», sagte Mitte-Nationalrat Simon Stadler der «SonntagsZeitung».

«Diese Idee wäre schlecht für den Kanton Uri», sagt FDP-Ständerat Josef Dittli. Solange der Pass geschlossen sei, gebe es kein Problem. Der Grund: Die Autobahneinfahrten in den Dörfern sind bei Stau gesperrt, sodass es für den Durchgangsverkehr keinen Sinn macht, auf die Kantonsstrasse auszuweichen. Dieses Problem gebe es aber im Sommer, solange der Pass geöffnet sei. «Wäre der Pass nun auch über den Winter geöffnet, bestünde das Risiko verstopfter Kantonsstrassen das ganze Jahr, besonders an Ostern», sagt Dittli. Er befürchtet zudem, dass der Kanton Uri an Winterwochenenden erst recht von einem Verkehrschaos geplagt würde – weil neben den Wintersportlern auch noch die Gotthard-Überquerer durch die Schöllenen nach Andermatt fahren würden. (aargauerzeitung.ch)

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120 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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En Espresso bitte
24.03.2025 07:57registriert Januar 2019
Welches persönliche Interesse könnte denn Giezendanner als Transportunternehmer mit dem Vorstoss haben? 🤔

Ein Lobbyist in eigener Sache.
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La Sendvičovač
24.03.2025 08:08registriert Juli 2020
Der Osterstau als Argument verhebt nicht, das passiert 1x jährlich und 90% der Betroffenen nehmen das wissentlich und freiwillig in Kauf :)
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Fred_64
24.03.2025 08:07registriert Dezember 2021
Benjamin Giezendanner, der Sohn von einem der Gründer der Autopartei, möchte mit 60 rechten Parlamentarier für 300 Mio. den Gotthard ausbauen.
Dies sei ein kleiner Betrag für den Nutzen, welche ein offener Pass bringen würde.
Leider vermisse ich noch die jährlichen Räumungs-, Unterhalts-, und Verkehrsleitungskosten, welche sicher mehrere Mio. ausmachen werden.
Aber schlussendlich würden einfach noch mehr Leute ins Tessin fahren, somit einfach eine Verschiebung vom Stau an andere Orte.
Sonst könnten doch diese 60 Parlamentarier einfach mal Schneeschaufeln gehen, würde einen klaren Blick geben
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