
Am Montag wurde klar, dass die Mitte im März zwei Männer als Kandidaten für die Nachfolge von Viola Amherd empfiehlt.Bild: keystone
Die Mitte hat ihr Zweierticket für die Nachfolge von Viola Amherd präsentiert. Damit droht eine weitere Verschiebung der Geschlechterverhältnisse im Bundesrat zu Ungunsten der Frauen. Wirklich begeistert scheint niemand zu sein.
03.02.2025, 20:0704.02.2025, 09:16
Die Mitte hat ihr Zweierticket für die Nachfolge von Viola Amherd vorgestellt: Markus Ritter (SG) und Martin Pfister (ZG) sollen am 12. März der Bundesversammlung zur Wahl stehen. Beide Kandidaten sind männlich, Deutschweizer und erfahrene Politiker.
Sollten Ritter oder Pfister gewählt werden, würde sich das Geschlechterverhältnis im Bundesrat weiter zu Ungunsten der Frauen verschieben. Die Schweizer Bevölkerung würde dann durch fünf Männer und nur noch zwei Frauen repräsentiert.
Ist das Ticket eine gelungene Auswahl? Das sind die Reaktionen:
Inhaltsverzeichnis
Samira Marti, SPThierry Burkart, FDPKatja Christ, GLPAline Trede, GrüneElisabeth Schneider-Schneiter, MitteMaya Graf, GrüneJürg Grossen, GLPSibel Arslan, GrüneCédric Wermuth, SPThomas Matter, SVPMirjam Hostetmann, Juso Samira Marti, SP

Samira Marti ist Nationalrätin und Co-Präsidentin der SP-Fraktion.Bild: keystone
«Ich hätte von der Mitte eine Auswahl von Persönlichkeiten gewünscht, die sich unabhängig vom rechten Block von SVP und FDP positionieren. Mit den Herren Ritter und Pfister präsentieren sie nun aber ein Ticket mit zwei Männern vom rechten Rand ihrer Partei. Pfister ist einer der führenden Stimmen in der Zuger Regierung, die mit ihrer aggressiven Steuerpolitik dem ganzen Land schadet. Ritter stimmt als Landwirtschaftslobbyist konsequent gegen die soziale Schweiz. Damit rückt der Bundesrat noch weiter nach rechts. Ich befürchte, wir werden darum beim Schutz der Kaufkraft, bei der Gleichstellung und beim Klimaschutz in den nächsten Jahren noch weiter zurückzufallen.»
Samira Marti, Nationalrätin SP, Basel-Landschaft
Thierry Burkart, FDP

Thierry Burkart ist seit 2021 Präsident der FDP. Bild: keystone
«Die FDP erwartet von der Mitte-Partei für die anstehende Ersatzwahl eine Auswahl an valablen Kandidierenden. In diesem Sinne ist es gut, dass mit Regierungsrat Martin Pfister nun eine weitere Persönlichkeit aus den Reihen der Mitte-Partei offiziell ihr Interesse am Amt des Bundesrats bekundet hat. Sobald die Mitte ihr offizielles Ticket bekannt gibt, wird die FDP Hearings durchführen, um der Fraktion eine fundierte Beurteilung der Kandidierenden zu ermöglichen. Die massgebenden Beurteilungskriterien werden die fachlichen, politischen und persönlichen Qualifikationen der Kandidierenden sein.»
Thierry Burkart, Ständerat FDP, Aargau
Katja Christ, GLP

Katja Christ sitzt seit 2019 für die GLP im Nationalrat.Bild: keystone
«Mit Markus Ritter und Martin Pfister präsentiert uns die Mitte zwei profilierte Kandidaten. Natürlich ist der sinkende Frauenanteil im Bundesrat unerfreulich – die GLP setzt sich schliesslich konsequent für Gleichstellung ein. Aber fairerweise muss man sagen: Die Mitte hat in den letzten Jahren starke Frauen in den Bundesrat gebracht. Es kann nicht sein, dass eine Partei mit nur einem Sitz auf ewig allein für die Diversität im Bundesrat verantwortlich gemacht wird. Doch Vielfalt im Bundesrat bedeutet nicht nur Geschlechtervielfalt, sondern auch eine ausgewogene politische Vertretung der Wählerschaft – und auch hier ist die Balance aus dem Lot. Das politische Zentrum ist klar untervertreten. Insofern ist es nur folgerichtig, dass der frei werdende Bundesratssitz weiterhin bei der Mitte bleibt. Und beim nächsten Rücktritt sollten wir nicht nur über Geschlechtervertretung sprechen, auch das Ziel einer politischen Balance in unserer Landesregierung ist zentral.»
Katja Christ, Nationalrätin GLP, Basel-Stadt
Aline Trede, Grüne

Aline Trede ist Fraktionspräsidentin der Grünen und Mitglied der GeschäftsleitungBild: keystone
«Ich bin enttäuscht, dass keine Frau auf dem Ticket steht. Somit werden wir Frauen im Bundesrat stark unterrepräsentiert sein. Dabei hätte es in der Mitte viele fähige Kandidatinnen gegeben. Was das für die politische Ausrichtung bedeutet, ist schwierig zu sagen. Wir hoffen, dass die Mitte in der Klima- und Gesellschaftspolitik (insbesondere Atomkraft und Gleichstellung) einen fortschrittlichen Kurs beibehält.»
Aline Trede, Nationalrätin Grüne, Bern
Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitte

Elisabeth Schneider-Schneiter politisiert seit 2010 für die Mitte im Nationalrat.Bild: keystone
Die Nationalrätin aus dem Kanton Basel-Landschaft wurde lange als mögliche Kandidatin gehandelt. Am Montag gab sie dann «nach reiflicher Überlegung» ihren Verzicht bekannt.
Ganz zufrieden mit dem Ticket scheint sie allerdings auch nicht zu sein. In ihrem Verzicht schreibt sie:
«Natürlich fehlt auf diesem Ticket eine Frau. Umso mehr ist die Mitte gefordert, bei der Besetzung von Spitzenpositionen der Mitte künftig frühzeitig und nachhaltig Frauen zu berücksichtigen.»
Maya Graf, Grüne

Maya Graf zog 2001 in den Nationalrat ein und ist seit 2019 Ständerätin.Bild: keystone
Die Ständerätin Maya Graf nimmt in der Rolle als Co-Präsidentin des Frauendachverbands alliance F. wie folgt Stellung zur Auswahl:
«Es ist enttäuschend, dass uns nun ein reines Männerticket präsentiert wird. Alliance F hat ein Frauenticket gefordert. Nun werden die Frauen im Bundesrat wieder krass untervertreten sein. Noch vor 6 Jahren bei der Wahl von Bundesrätin Karin Keller-Sutter und Bundesrätin Viola Amherd haben sich alle Fraktionen zur Geschlechterkonkordanz bekannt. Bei einer nächsten Vakanz muss die angemessene Vertretung beider Geschlechter wieder erfolgen. Es ist nicht gut für unsere Demokratie, wenn die Hälfte der Bevölkerung in der Landesregierung nicht entsprechend repräsentiert ist. Die grossen Herausforderungen unserer Zeit können nur mit einer gewissen Breite und Vielfalt im Bundesrat erfolgreich gemeistert werden. Dass vielleicht bald mehr Bauern als Frauen im Bundesrat vertreten sind, ist absurd.»
Maya Graf, Ständerätin Grüne, Basel-Landschaft
Jürg Grossen, GLP

Jürg Grossen ist seit 2017 Präsident der GLP.Bild: imago
«Die Mitte präsentiert eine Auswahl. Das haben wir so erwartet. Wir entscheiden nach den Anhörungen.»
Sibel Arslan, Grüne

Sibel Arslan ist Vize-Präsidentin und Mitglied der Geschäftsleitung der GrünenBild: keystone
«Das präsentierte Ticket spiegelt die Vielfalt der Bevölkerung leider nicht wider. Weder Frauen noch grüne Anliegen sind in dieser Auswahl angemessen vertreten. Obwohl ich Markus Ritter als Mensch und Politiker schätze und Herrn Pfister nicht persönlich kenne, empfinde ich dieses Ticket nicht als eine ‹echte und ausgewogene› Auswahl. Der Bundesrat entfernt sich zunehmend von der Bevölkerung, während die Vierermehrheit unbeirrt eine rechtskonservative Politik verfolgt. Ich bezweifle, dass mit diesen beiden Kandidaten das Vertrauen in den Bundesrat wiederhergestellt werden kann. Umfragen und Abstimmungen des vergangenen Jahres zeigen deutlich, dass sich der Bundesrat in einer Vertrauenskrise befindet. Besonders enttäuschend ist, dass die Mitte, die seit 1891 im Bundesrat vertreten ist, es nicht geschafft hat, eine ausgewogene und überzeugende Auswahl an Kandidaten zu präsentieren.»
Sibel Arslan, Nationalrätin Grüne, Basel-Stadt
Cédric Wermuth, SP

Cédric Wermuth ist Co-Parteipräsident der SP.Bild: keystone
Im Namen der SP Schweiz nimmt ein Sprecher zum Zweierticket der Mitte wie folgt Stellung:
«Die SP erwartet von der Mitte ein ausgewogenes Ticket mit Kandidaturen, die sich unabhängig vom rechten Block von SVP und FDP positionieren. Das Ticket der Mitte mit Markus Ritter und Martin Pfister ist ein Ticket mit zwei Männern von rechten Rand ihrer Partei. Martin Pfister ist einer der führenden Stimmen in der Zuger Regierung, die mit ihrer aggressiven Steuerpolitik dem Mittelstand im eigenen Kanton und dem ganzen Land schadet.»
SP Schweiz
Thomas Matter, SVP

Thomas Matter ist Nationalrat und Vizepräsident der SVP. Bild: keystone
«Sollte die Mitte-Partei ein definitives Ticket präsentieren, werden wir dieses zu gegebener Zeit in der Fraktion besprechen und entsprechende Anhörungen durchführen. Anschliessend wird die Fraktion eine Entscheidung treffen. Für mich spielt es keine Rolle, wie viele Frauen und Männer im Bundesrat vertreten sind. Für mich ist die Qualität und die Leistung entscheidend.»
Thomas Matter, Nationalrat SVP, Zürich
Mirjam Hostetmann, Juso

Mirjam Hostetmann ist seit Sommer 2024 Präsidentin der Jungsozialisten.Bild: keystone
«Der Bundesrat besteht aus einer rechts-bürgerlichen Mehrheit, die es nicht geschafft hat, die Krisen dieser Zeit adäquat zu bekämpfen. Beide Kandidaten würden daran nichts ändern, im Gegenteil. Dank rechts-bürgerlichen Männern rasen wir ungebremst auf die Klimakrise zu, sind mit steigenden ökonomischen Ungleichheiten konfrontiert und haben keine Aussicht auf Geschlechtergerechtigkeit.»
Mirjam Hostetmann, Präsidentin JUSO und Vizepräsidentin SP
Das könnte dich auch noch interessieren:
Welche Mitte-Favoriten abgesagt haben – und welche nicht
1 / 14
Welche Mitte-Favoriten abgesagt haben – und welche nicht
Will kein Bundesrat sein: Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister verzichtet auf eine Kandidatur. Er wäre «kein glücklicher Bundesrat», sagte er in einem Interview. Zudem schätze er seinen «Gmögigkeitsfaktor», der für eine Wahl wichtig sei, als gering ein.
quelle: keystone / peter schneider
Markus Ritter im watson-Interview
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Der erste Abstimmungssonntag des Jahres 2025 ist in den Büchern. Am 9. Februar lehnte die Schweiz Bevölkerung die Umweltverantwortungsinitiative klar ab. Hier findest du alle Resultate zur nationalen Vorlage sowie den Vorlagen und Wahlen in den Kantonen.
Die Initiantinnen und Initianten haben sich zum Ziel gesetzt, dass die Schweizer Wirtschaft die Lebensräume im In- und Ausland nur noch so stark belasten darf, wie sich diese auch wieder erholen können. So soll die natürliche Lebensgrundlage langfristig erhalten bleiben. Die Initiative steckt für dieses Ziel einen Zeitraum von zehn Jahren ab. Mehr Informationen dazu findest du hier.
Zudem: Diese Representations-Diskussionen nerven langsam. Kantone, Sprachen, Geschlecht, Stadt, Land, Beruf. Entscheidend ist doch, dass die Person im Bundesrat funktioniert und bestenfalls kommunikativ ist.
Denke die Forderung nach einer Frau bei der Mitte ist fehl am Platz, oder soll ein Mitte-Mann weitere 20 Jahre warten für eine Chance in der BR zu kommen?
Ehrlicherweise würde ich als Parlamentarier einfach dennoch Geri Pfister wählen. Soll er halt nicht annehmen, wenn er die Wahl gewänne...