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Dank neuer Freiheiten: Psychologen rechnen kräftig ab

Mehrere tausend Personen haben am Samstag, 16. August 2025, in Bern fuer eine funktionierende psychotherapeutische Versorgung demonstriert. Sie machten auf lange Wartefristen, fehlende Therapieplaetze ...
Mehrere tausend Personen haben am vergangenen Samstag in Bern für eine bessere psychotherapeutische Versorgung und höhere Löhne für Psychologen demonstriert – obwohl die Kosten schon massiv gestiegen sind.Bild: keystone

Dank neuer Freiheiten: Psychologen rechnen kräftig ab

Seit die Psychotherapie beim Psychologen nicht mehr vom Arzt delegiert werden muss, sind die Kosten auf 922 Millionen Franken gestiegen, 394 Millionen Franken mehr als vier Jahre zuvor.
20.08.2025, 06:1120.08.2025, 06:11
Anna Wanner / ch media
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Seit drei Jahren geniessen Psychologen eine neue Freiheit: Sie können die Psychotherapie selber über die Krankenkasse abrechnen. Bis im Juli 2022 war das nur unter ärztlicher Aufsicht möglich.

Das neue Anordnungsmodell wirkte sich schnell auf die Kosten aus. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) stellte schon vor einem Jahr ein grosses Kostenwachstum von 175 bis 200 Millionen Franken zwischen 2022 und 2023 fest. Diese Zahl bestätigt der neue Bericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan). Demnach wuchsen die Kosten der psychologischen Psychotherapie von 528 Millionen Franken 2021 auf 922 Millionen Franken 2024. Das entspricht einem Plus von rund 400 Millionen Franken in vier Jahren oder 20 Prozent pro Jahr.

Das neue Modell sollte den Zugang zu Psychotherapien erleichtern und das Problem der Unterversorgung beheben. So war mit einem Kostenwachstum zu rechnen – aber wohl kaum in dieser Grössenordnung. Das zeigt vor allem auch der Vergleich mit übrigen Leistungserbringern der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung, wo das Wachstum 2,6 Prozent pro Jahr ausmachte. Was ist also passiert?

Der Bericht nennt drei Effekte, welche die Kostensteigerung so stark befeuert haben:

  • 129 Millionen Franken (33 Prozent) entfallen auf die Tarifänderung: Durch den Modellwechsel waren neue Tarife für die psychologische Psychotherapie gefragt. Seither gilt ein provisorischer Tarif von 154.80 Franken pro Stunde – deutlich mehr als bis 2022.
  • 69 Millionen Franken (18 Prozent) erklären sich über den langfristigen Trend, dass mehr Therapien beansprucht werden.
  • 24 Millionen Franken (6 Prozent) sind auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen.

Damit verbleiben zusätzliche Kosten in der Höhe von 171 Millionen Franken, die nicht direkt erklärt werden können. Das BAG vermutet eine Verlagerung aus dem Selbstzahler- und Zusatzversicherungsbereich, tiefere finanzielle Hürden sowie eine Reduktion der Unterversorgung. Letzteres spiegelt sich auch in der Zunahme psychologischer Praxen von 3249 Ende 2022 auf 4834 Mitte 2024. (aargauerzeitung.ch)

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108 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ELMatador
20.08.2025 06:46registriert Februar 2020
Kann es nicht auch sein, dass ständiger Leistungsdruck, eine Pandemie, eine Wirtschaftskrise sowie die drohende grösste Rezession seit 100 Jahren Menschen psychisch zermürben?
Der Bedarf an Hilfe war schon immer da – heute ist es einfach weniger verpönt, sie auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig ist er real gestiegen, was die Zahlen gut erklärt.

PS: Für die Gesellschaft sind Psychologinnen und Psychologen günstiger, als wenn Menschen einen Burnout oder andere psychische Zusammenbrüche erleiden und dadurch zu Sozialfällen werden.
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Robi14
20.08.2025 06:50registriert Januar 2017
Die psychologische Psychotherapie muss zwar nicht mehr delegiert, jedoch immer noch von einem Arzt angeordnet werden, ähnlich einerr Physiotherapie. Eine Anordnung berechtigt für 15 therapeutische Sitzungen. Ganz so gross ist die "Ich rechne ab was ich will Freiheit nicht", wie der Text impliziert.
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PD Dr.med.
20.08.2025 07:27registriert November 2022
Verpasste Chance für einen wichtigen Artikel. Stattdessen: oberflächlich und wenig informativ. Undifferenziert ausschliesslich die Zunahme der Therapiekosten zu nennen. Die Folgekosten einer Unterversorgung dürfte um einiges höher liegen! Ich wünschte mir hier etwas mehr Recherche. So ist es nur Futter für Vertreter der SVP /FDP Ecke. Ich höre es schon: da kommt dann wieder das tolle Wort Eigenverantwortung…
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