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Du willst nur das Beste? Voilà:
Die Enthornung eines
Kalbs ist keine schöne Angelegenheit. Die Hörner werden den
Jungtieren mit einer Art Lötkolben regelrecht ausgebrannt, um das
Wachstum zu verhindern. So schildert es ein Kollege. «Gehörnte» Kühe sind auf Schweizer Weiden ein zunehmend
seltener Anblick, zum Leidwesen vieler Naturfreunde. Die
meisten Bauern aber schwören auf die Entfernung der Hörner, damit
sich ihre wertvollen Tiere nicht verletzen.
Ein Bergbauer aus
dem Berner Jura wollte dieser Entwicklung nicht mehr tatenlos
zusehen. Vor vier Jahren lancierte Armin Capaul seine
Hornkuh-Initiative, die finanzielle Unterstützung für Halterinnen
und Halter von Kühen und Ziegen mit Hörnern verlangt. Der gebürtige
Bündner stiess mit seinem Anliegen auf einige Sympathie. Selbst «Spiegel TV» widmete Capaul einen Beitrag. Wirklich ernst aber
nahm ihn kaum jemand. Und doch hat es geklappt: Am 23. März sollen
die mehr als 100'000 beglaubigten Unterschriften der
Bundeskanzlei übergeben werden.
Wie konnte ein Bauer, der auf einem abgelegenen Hof im Jura lebt, eine
solche Kiste stemmen? Weit grössere Organisationen sind mit
Volksinitiativen auf die Nase gefallen. Unvergessen bleibt etwa das
Debakel der FDP mit ihrer Bürokratiestopp-Initiative, als selbst ein
verzweifelter Schlusseffort nicht ausreichte, um die notwendigen
Unterschriften zu beschaffen.
Armin Capaul scheint
dies mit seinen Hornviechern gelungen zu sein. Allerdings kämpfte er
nicht alleine. Im Hintergrund war der im Berner Oberland beheimatete
Verein Alpenparlament aktiv. «Ich habe mich bei Capaul gemeldet
und meine Unterstützung angeboten», sagt Zentralsekretär Roland
Schöni auf Anfrage. «Als ich feststellen musste, dass er ganz
allein war, erklärte ich mich spontan bereit, die gesamte
Administration zu übernehmen.»
Mit dem Sammeln von
Unterschriften hat der Verein Erfahrung. Er war bereits vor
drei Jahren beim Referendum gegen die Erhöhung des Preises für die Autobahnvignette
in gleicher Funktion tätig. Während die SVP-Nationalräte Nadja
Pieren und Walter Wobmann im Vordergrund weibelten, wurde der Papierkram vom Alpenparlament erledigt. In drei Monaten kamen mehr
als 100'000 Unterschriften zusammen, das Doppelte der benötigen
Anzahl.
Am Ende war der
Erfolg total, das Volk lehnte die 100-Franken-Vignette ab. Nun hat das
Alpenparlament bei der Hornkuh-Initiative seine Schlagkraft erneut unter
Beweis gestellt. Als Motiv nennt Schöni neben der «Würde des Tieres»
die Gesundheit: «Es besteht ein Zusammenhang zwischen der
Enthornung und der Zunahme von Milchallergien.» Der Grund sei, dass
die Milch von hornlosen Kühen nicht kristallisiere. Entsprechende
Befunde würden vom Bauernverband «unterdrückt».
Wissenschaftlich
bewiesen ist dieser Zusammenhang nicht. Vertreten wird er vorab von
den Demeter-Bauern, die sich auf die anthroposophische Gedankenwelt
von Rudolf Steiner berufen. In esoterischen Kreisen erfreut sich
die Theorie einiger Beliebtheit. Auch die
Website des Alpenparlaments bietet einen Mix aus
Verschwörungstheorien und esoterischem Gedankengut. Die Chemtrails
sind ebenso vertreten wie die «CO2 Lüge».
Politisch hat der
Verein eine klar rechte Schlagseite. Davon zeugen Beiträge, die Angela Merkels «Willkommenskultur» attackieren.
Islamfeindliche und antisemitische Töne fehlen dabei nicht. Der
jüngste Beitrag stammt vom rechtsextremen US-Radiomoderator und
Holocaust-Leugner Hal Turner. Er behauptet, der Bürgerkrieg in
Syrien werde innerhalb von 18 Tagen in den Dritten Weltkrieg münden.
Datiert ist der Beitrag vom 11. Februar, und von einem Weltkrieg ist
nichts zu sehen. Die Lage in Syrien hat sich zuletzt im Gegenteil entspannt.
Man solle «den
Beitrag bitte mit entsprechender Skepsis lesen», schreibt die
Alpenparlament-«Redaktion». Die beschriebene Gefahr sei real,
müsse aber nicht so eintreffen. Zentralsekretär Roland Schöni und
Alpenparlament-Gründer Martin Frischknecht waren einst bei den
Schweizer Demokraten aktiv. Frischknecht ist ein Impfgegner
und Kritiker der Schulmedizin. Auf der Website vertreibt er ein «Therapiegerät», das alle möglichen Krankheiten heilen soll.
Der Sektenkenner und watson-Blogger Hugo Stamm bezeichnet die Szene, in der sich die Alpenparlamentarier tummeln, als «Rechtsesoteriker». Schöni reagiert gelassen. Er könne mit der Bezeichnung Verschwörungstheoretiker leben: «Das ist für uns kein Problem.» Politisch hat er bereits ein neues Eisen im Feuer. Auf der Website findet man Unterschriftenbögen für die kantonalbernische Initiative «Lehrpläne vors Volk».
Über die
Hornkuh-Initiative dürfte am Ende das Schweizer Stimmvolk befinden.
Inhaltlich ist sie durch und durch Mainstream-kompatibel. Ein Verbot der
qualvollen Enthornung wird nicht gefordert, da dies einen grossen
Teil der Landwirte gegen das Volksbegehren mobilisiert hätte. Gegen
mehr Geld von Staat aber hat ein Schweizer Bauer kaum je etwas einzuwenden gehabt.