Jennifer Cramblett und ihre Freundin Amanda Zinken aus Uniontown (OH) sind mit einer Schadenersatzklage gegen ihre Samenbank abgeblitzt. Diese hatte Spender Nr. 380 mit Spender Nr. 330 verwechselt und den beiden das falsche Sperma geschickt. Das Resultat: Ein Baby mit schwarzer Hautfarbe.
In England wäre eine solche Verwechslung weniger wahrscheinlich gewesen. Die nationale britische Samenbank leidet an Spermienarmut. Vor einem Jahr aufgegangen, sind bislang gerade einmal neun Männer in der Datenbank registriert. Viel zu wenig, um die Nachfrage sprichwörtlich zu decken, schrieb der «Guardian». Eine Erklärung dafür könnte eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2005 sein: Seither ist es Kindern anonymer Spender erlaubt, mit Erreichen der Volljährigkeit den Namen des Vaters zu erfahren.
Diese Regel gilt auch in der Schweiz. Hierzulande besteht aber kein Mangel an Sperma. Im Gegenteil: Vor der grössten Schweizer Samenbank stehen die Männer bildlich Schlange. «Wir haben eine Warteliste von Männern, die gerne ihren Samen spenden würden», sagt Brigitte Greutmann, Laborantin der OVA IVF Clinic in Zürich. Etwa hundert Namen stehen auf dieser Liste. Dies, obwohl es immer wieder Wechsel bei den Spendern gibt, schliesslich darf der männliche Samen nur fünf Jahre konserviert werden. Rund 40 Männer führt die Praxis aktuell, die meisten stammen aus der Deutschschweiz, einige wenige aus dem süddeutschen Raum.
Wer jetzt denkt, dass sich viele Männer so einen einfachen Zusatzverdienst ermöglichen, irrt. In der Schweiz gilt das Abgeben von Sperma als Organspende und darf nicht entlöhnt werden. Einzig eine Aufwandsentschädigung erhalten die Teilnehmer dafür, dass sie über mehrere Wochen zu rund zehn Terminen erscheinen. Wie hoch diese ist, will Greutmann nicht sagen. Auch sind die Kriterien für Spender streng und werden mit verschiedenen Abklärungen überprüft. «Von 10 potenziellen Spendern können wir nur einen gebrauchen», sagt Thierry Suter. Er leitet eine Samenbank im Tessin.
Deren Datenbank beinhaltet aber längst nicht nur Tessiner Spermien. Aufgrund mangelnder Spender stehen auch ausländische Samen im Angebot, einige davon aus Italien, andere aus den USA. «Manche Spender müssen wir auch aufgrund des zu grossen Aufwands ablehnen, beispielsweise wenn sich jemand aus Rom meldet», sagt Suter. Den Grossteil der Samen stellen aber immer noch die Tessiner selbst. «Wir mussten noch nie importieren», sagt Dorothea Wunder vom Centre de Procréation Médicalement Assistée et d'Endocrinologie Gynécologique in Lausanne. Dennoch sind die Welschen offenbar nicht gleich spendefreudig wie die Deutschschweizer: «Angebot und Nachfrage halten sich meist mehr oder weniger die Waage», sagt Wunder.
Warum in der Schweiz die Spendebereitschaft grundsätzlich hoch ist, dafür finden Experten keine Erklärung. Allerdings liegt der Vergleich mit der Blutspende nahe. «Wenn wir den Vergleich mit dem Ausland ziehen, stehen wir mit der Bereitschaft, Blut zu spenden, in der Schweiz sehr gut da», sagt Rudolf Schwabe, Direktor Blutspende des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK). Dies sei jedoch nicht konstant, es gäbe immer wieder Schwankungen.
Eine Auswahl anhand eines Bilderbuchs, wie man dies aus amerikanischen Serien und Filmen kennt, findet in der Schweiz sowieso nicht statt: Werdenden Eltern wird ein Mann zugeteilt. «Dabei ist vor allem das äussere Erscheinungsbild wichtig, also ob beispielsweise Haar- und Augenfarbe des Spenders zu jenen der Eltern passen», sagt Greutmann. Maximal acht Kinder kann ein Spender per In-Vitro-Fertilisation zeugen, dann wird er aussortiert. Ein Fall wie Bertold Wiesner ist also nicht möglich: Dem deutschen Biologen, der selbst eine Fruchtbarkeitsklinik in London leitete, wird nachgesagt, zwischen 1940 und 1960 sein Erbmaterial bei rund 600 Frauen eingesetzt zu haben.
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