Viel mehr Fälle als in den letzten beiden Jahren – neue Corona-Welle erfasst die Schweiz
Die Hausärzte haben viel zu tun. 101 wöchentliche Konsultationen pro 100'000 Einwohner und Einwohnerinnen meldet das Sentinella-System des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Zum Vergleich: im Vorjahr waren es zur selben Zeit nur 69, vor zwei Jahren sogar nur 59 Konsultationen.
Gemeldet werden Arztbesuche von Patientinnen und Patienten wegen akuter respiratorischer Infektion. Also von Menschen, die wegen akuter Atemwegserkrankungen mit Husten, Halsschmerzen, Kurzatmigkeit oder Schnupfen und mit infektiösem Ursprung zur Ärztin kommen.
Corona wird wieder deutlich häufiger diagnostiziert
So liegen doch viele flach im Land und denken dabei wohl an eine späte Sommergrippe. Aber Christoph A. Fux, Chefarzt Infektiologie am Kantonsspital Aarau, sagt:
Davon sieht man auch Anzeichen im Abwasser der Schweizer Kläranlagen. In acht ARAs ist Last der Coronaviren noch stabil, im st.gallischen Altenrhein und Neuenburg steigen sie an, im bernischen Laupen sehr stark.
«Betroffen sind insbesondere über 80 Jahre alte Menschen, welche schon länger nicht mehr geimpft worden sind und keine Covid-Erkrankung mehr durchgemacht haben», sagt der Infektiologe Fux. Da Sars-CoV-2 dauernd mutiert und sich das Virus verändert, müsse das Immunsystem regelmässig für die neuen Virusvarianten trainiert werden. Das geschehe mit einem aktualisierten Impfstoff – oder mit einer Infektion, sagt Fux. Der neue Covid-Impfstoff wird in den nächsten ein bis zwei Wochen verfügbar sein. Schweizweit sind im Abwasser XFG-Stämme mit über 80 Prozent dominant. «Wir gehen davon aus, dass der neue Impfstoff diese Variante gut abdeckt», sagt Fux.
Corona ist erst am Aufkommen. Hauptsächlich seien die Menschen von Rhinoviren geplagt. Die seien zwar fast immer harmlos. «Sie können die Lunge aber vorschädigen, sodass Bakterien dann ein leichteres Spiel haben, um eine Lungenentzündung zu provozieren», sagt Fux. Diese Vorschädigung der Lunge, insbesondere auch durch Influenza-Viren, sei der Grund, warum auch bakterielle Lungenentzündungen im Winter häufiger seien.
Auch gegen Pneumokokken impfen
«Als Vorsorge für den Winter sollten alle Personen über 65 Jahren deshalb nicht nur jährlich gegen Influenza und Covid-19, sondern auch einmalig gegen Pneumokokken – und sobald von der Krankenkasse übernommen auch RSV – geimpft werden», sagt der Aarauer Chef-Infektiologe.
Getestet werden die Patienten und Patientinnen aber nicht mehr routinemässig auf Corona. «Wir testen aktuell nur noch Risikopersonen, das sind Menschen mit schwerem Immundefekt, Lungenschädigung oder sehr hohem Alter», erklärt Fux. Das gilt auch für das Ostschweizer Kinderspital: «Es werden nicht alle Kinder getestet, Tests für respiratorische Viren, auch für Sars-CoV-2, werden gezielt und nach klinischem Entscheid eingesetzt», sagt die Infektiologin Anita Niederer-Loher.
Gemäss Christoph Fux testet das Kinderspital Aarau häufiger für die Infektionskrankheit RSV, die für Babys gefährlich ist. «Da wir hierfür einen Kombinationstest verwenden, werden mit dieser Untersuchung auch Influenza und Sars-CoV-2 erfasst», sagt Fux. Kinder werden äusserst selten mit antiviralen Medikamenten gegen Influenza oder Covid-19 behandelt.
Für das Spital Aarau gilt:
Das könnte somit mit dem Herbstanfang schon bald der Fall sein.
Respiratorische Erkrankungen, also Atemwegserkrankungen, plagen zur Zeit einen grossen Teil der Erkrankten. Magen-Darm-Probleme sind dagegen selten. «Noroviren mit Brechdurchfall finden sich über das ganze Jahr verteilt, eine Häufung sehen wir aktuell nicht. Auch die mit sommerlichen Grilladen und winterlichen Fondue Chinoise verbundenen Campylobacter-Infektionen sind aktuell selten», sagt der Infektiologe Fux vom Kantonsspital Aarau. (aargauerzeitung.ch)