Die Glarner Staatsanwaltschaft hat sich in den vergangenen Wochen mit einem Hate-Speech-Fall der übelsten Sorte befassen müssen, der nationale Tragweite hat: Eine Frau im Pensionsalter verschickte jahrelang Beleidigungen, Gewaltandrohungen und sogar Todeswünsche via Mail, SMS und WhatsApp.
Mitte Oktober kassierte sie dafür einen Strafbefehl, der watson vorliegt. Ihre verbalen Schläge haben zahlreiche Politiker, Behörden und Journalisten abbekommen. Angriffe zielte sie auch gegen Bundesrätinnen, Nationalräte und Mitarbeitende bei watson.
Sie wurden von der Glarnerin durch konkrete Drohungen «mehrfach in Schrecken oder Angst versetzt» und mit zahlreichen Beschimpfungen in ihrer Ehre angegriffen. Die schiere Menge an Nachrichten von ihrem Handy und E-Mailaccount aus führten sogar dazu, dass die Staatsanwaltschaft einen «Missbrauch einer Fernmeldeanlage» (Telefon und Handy) gegeben sah, mit dem die Glarnerin andere aus «Bosheit oder Mutwillen» beunruhigen oder belästigen wollte.
Es ist vermutlich einer der ersten Fälle dieser Art, der sich die Glarner Staatsanwaltschaft annehmen musste. Die Ermittlungen ausgelöst hatten der amtierende Mitte-Regierungsrat Lukas Engelberger aus dem Kanton Basel-Stadt sowie ein Journalist von watson.
Der Gesundheitsvorsteher Engelberger ist seit 2020 auch Präsident der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz. In dieser Funktion trat er regelmässig während der Coronapandemie auf. Es verging keine Woche, in der er nicht vor laufender Kamera oder einem Mikrofon auftrat.
Der Glarnerin war seine Haltung zur Coronaimpfung ein Dorn im Auge, worauf sie ihn in E-Mails als «Massenmörder» bezeichnete. Sie wünsche ihm «die Destination Lake of Fire – und zwar bald».
Die Wutbürgerin forderte Engelberger sogar dazu auf, Anzeige gegen sie zu erstatten. Denn sie war sich sicher, dass es «keinen Kuhfladen» interessieren werde. Ähnlich agierte sie beim Journalist, der sie angezeigt hat.
Die Schimpftiraden gegen ihn passierten teilweise mitten in der Nacht. In einer Combox-Nachricht bezeichnete sie ihn als «Massenmördertranny, Abschaum der Menschheit, Arschloch und Drecksiech» der «bald verschwinden werde».
Auch per WhatsApp terrorisierte sie den Journalisten und gab ihm «die Garantie, dass er vom Antlitz der Erde verschwinden und einen tödlichen Schuss erhalten werde».
Mit der These, dass eine Strafanzeige gegen sie keine Chance hätte, lag die Frau falsch. Die beiden Strafanzeige führten zu Ermittlungen durch die Kantonspolizei Glarus, welche die Beschuldigte zu einer Einvernahme einlud.
Da diese auf keine der Kontaktaufnahmen reagierte, erteilte die Staatsanwaltschaft Glarus einen sogenannten «Vorführbefehl». Im Januar 2022 kam es schliesslich zu einem unfreiwilligen Besuch der Polizei bei ihr Zuhause.
Die Glarnerin weigerte sich aber, die Uniformierten in ihre Wohnung zu lassen. Die Polizei versuchte deshalb, über den Balkon zu ihr zu kommen, worauf die Frau ein Messer zückte.
Sie richtete laut Strafbefehl ein 33 Zentimeter langes Messer auf die Polizisten. Diese reagierte nach einem Wortgefecht und Warnungen mit dem Elektrotaser-Einsatz.
Die Glarner Staatsanwaltschaft hat die Frau nun im Oktober in mehreren Punkten schuldig gesprochen: mehrfache Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, mehrfache Beschimpfung und Drohung sowie der Missbrauch einer Fernmeldeanlage. Der Strafbefehl ist noch nicht rechtskräftig.
Sie wird zur Zahlung einer Busse in Höhe von 4250 Franken verpflichtet und der 1000 Franken hohen Verfahrenskosten verpflichtet. Weigert sie sich dies zu zahlen, wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Tagen fällig. Hinzu kommt eine bedingte Geldstrafe von 160 Tagessätzen von je 100 Franken mit zweijähriger Probezeit – wobei ihr der eine Tag in Polizeihaft nach der Verhaftung angerechnet wird. Falls sie in dieser Zeit kein neues Verbrechen oder Vergehen begeht, muss sie die Geldstrafe nicht bezahlen.
* Namen der Redaktion bekannt
Bedenkliche Entwicklung.
-> Sie war sich also ihrer strafbaren Handlung bewusst, also nicht einfach eine Durchgeknallte!
So gesehen eher ein mildes Urteil. Aber trotzdem ein Zeichen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist.
Hoffe dies bleibt kein Einzelfall sondern das solche Fälle vermehrt konsequent vor Gericht gezogen werden.