Sie sind die neue Geissel an Halloween: «Killer-Clowns». Jedes Jahr werden sie kurz vor dem Volksbrauch zum Thema. «Düstere Clowns verbreiten Angst und Schrecken», schreibt «20 Minuten» im Oktober. Kurz vor Halloween spricht die Stadtpolizei Zürich gegenüber «Radio Zürisee» von drei Sichtungen solcher «Horror-Clowns».
Nun soll in Essen in Deutschland ein Jugendlicher von einem Horror-Clown niedergestochen worden sein, wie die «Bild» schreibt. Im Artikel wird dieser Tweet gezeigt:
Halloween-Schock am Rande des #ZombieWalk in #Essen: Horror-Clown geht mit Messer auf Teenager (16) los - schwer verletzt. Täter flüchtig.
— Katrin Weuster (@KatrinW_BILD) 31. Oktober 2016
Die Fakten: Ein Jugendlicher geriet am «Zombiewalk» mit einem 30-Jährigen in eine Auseinandersetzung, der sein Gesicht geschminkt hatte. Der Jugendliche wurde dabei leicht verletzt und schwebt nicht in Lebensgefahr. Die Polizei Essen hat dazu nicht einmal eine Medienmitteilung herausgegeben. Trotzdem greifen viele Medien, auch in der Schweiz, den Artikel auf.
Das Medienphänomen der «Killer-Clowns» hat seinen Anfang 2014 genommen. Damals waren mehrere Berichte auf den sozialen Medien über «Attacken» von Clowns auf unbeteiligte Passanten in den USA aufgetaucht. Als auch solche Meldungen auf französischen Facebook-Seiten auftauchten, waren die «Horror-Clowns» der Schweiz schon bedrohlich nahe.
Es folgte der 29. Oktober 2014: Erste Horror-Clowns wurden in der Westschweiz gesichtet. Die Schweiz verfällt einer «Massenpsychose». Mehrere Zeitungen verfassen in kurzer Zeit Artikel dazu:
Sogar die «NZZ» schrieb von «aggressiven Clowns», die ihr Unwesen treiben.
Was war passiert? In den USA hatten ein paar Jugendliche Freude daran, als Clowns verkleidet Passanten zu erschrecken und zu filmen. Der Trend schwappte nach Europa über, in Frankreich begannen ein paar Jugendliche diese Videos nachzuahmen. In einigen wenigen Fällen kam es dabei zu körperlichen Übergriffen. In Montpellier zum Beispiel hatte ein Clown einen 35-jährigen Passanten brutal zusammengeschlagen. Solche Zwischenfälle blieben aber stets die Ausnahme.
Unterdessen formten sich in Frankreich und auch in der Schweiz aber Facebook-Gruppen, in denen zur gewaltsamen Gegenwehr gegen solche Clowns aufgerufen wird. Auch auf Youtube tauchten unzählige Killer-Clowns-Videos auf, die meisten unglaublich schlecht gefaked.
Die Situation drohte zu eskalieren und die Nacht der Schrecken, Halloween, stand erst noch bevor. Und dann?
Es passierte nichts.
Die «NZZ» schreibt am 2. November 2014 von «einer Nacht voller Unfug». In Yverdon-les-Bains sollen «ein paar wenige verkleidete Clowns ihr Unwesen» getrieben haben. Das wars, die Show ist aus.
Dasselbe passierte auch im Jahr 2015 und in abgemilderter Form dieses Jahr. «Eher ruhige Halloween-Nacht in der Schweiz», lautet das Fazit der Polizeimeldungen am Dienstag nach Halloween. Der «Verkleidungstrend Horror-Clown» sei zwar auch dieses Jahr wiedergekehrt, doch von einer Ausnahmesituation keine Spur.
«Horror-Clowns» sind seit Stephen Kings verfilmten Roman «It» ein beliebtes Sujet für Kinofilme. Demnächst soll eine Neuverfilmung erscheinen. Auch 2013, 2014 und 2016 erschienen drei Filme der Reihe «The Purge» in den Schweizer Kinos, in denen Menschen mit Clowns-Masken auf den Strassen Amerikas «Säuberungen» betreiben.
Nun aber haben die Leute langsam genug davon. So fordert der Erfinder der «Horror-Clowns», Stephen King, zu recht:
Hey, guys, time to cool the clown hysteria--most of em are good, cheer up the kiddies, make people laugh.
— Stephen King (@StephenKing) 3. Oktober 2016
Die Horror-Clowns werden wohl trotzdem nächstes Jahr wiederkehren. Doch hoffentlich nur noch als «Verkleidungstrend» oder auf der Kinoleinwand und nicht mehr als «nationale Massenpsychose».