Etwas zu beschaffen, das auf dem Markt geächtet ist und kaum jemand kaufen will, tönt auf den ersten Blick nicht nach einem erfolgversprechenden Geschäftsmodell. Bei Gold aus Putins Russland spielt es für gewisse Schweizer Händler oder Raffinerien aber offenbar keine Rolle, dass russische Edelmetalle auf der schwarzen Liste stehen. Wie Zahlen des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit zeigen, kamen im Monat Mai 3 Tonnen russisches Gold im Wert von 194.2 Millionen Franken ins Land.
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Seit Februar waren die russischen Goldimporte, die sich im Jahr 2021 auf fast 1 Milliarde Franken belaufen hatten, auf null eingebrochen. Der Grund für den Importkollaps: Die wichtigste Handelsorganisation, die London Bullion Market Association, anerkennt Putins Edelmetalle nicht mehr länger an. Das heisst: Sie können in der Schweiz und praktisch weltweit nicht mehr gehandelt werden. Kommt hinzu, dass sich kaum ein Händler oder Schmelzer vorwerfen lassen will, Putins Krieg zu finanzieren.
Die rechtliche Situation in der Schweiz ist eindeutig. Zwar sind Goldimporte aus Russland trotz Sanktionen legal. Rechtlich ist ein Importverbot mit den derzeitigen Gesetzen nicht umsetzbar. Aber: «Jegliche Form des Handels eines betroffenen russischen Schmelzproduktes in der Schweiz, ob durch eine juristische oder natürliche Person, gilt als Inverkehrbringen eines Schmelzprodukts, das nicht der Edelmetallkontrollgesetzgebung entspricht», erklärte das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit bereits im Mai.
So sind die Regeln. Doch diese hindern offensichtlich nicht alle daran, sich mit dem Edelmetall eines mutmasslichen Kriegsverbrechers einzudecken.
Einen Hinweis darauf, dass es sich bei den Abnehmern wohl um eine oder mehrere Raffinerien handelt, geben die Tarifnummern des Zolls. So sind die gesamten drei russischen Tonnen Gold, die im Mai ins Land kamen, als «Gold in Rohform, zu anderen als zu monetären Zwecken» deklariert.
Die Schweiz ist ein gewichtiger Akteur im Goldmarkt, vier der wichtigsten Raffinerien sind in der Schweiz angesiedelt. Gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg betonen die vier Schwergewichte - MKS Pamp, Metalor Technologies, Argor-Heraeus and Valcambi - jedoch, sie hätten kein russisches Gold importiert.
Schmilzt eine Schweizer Raffinerie dieses russische Gold nun ein und verkauft es weiter, macht sie sich strafbar - sofern das Gold nach dem 7. März hergestellt wurde und damit nicht mehr handelbar ist. Wer vorsätzlich gegen den entsprechenden Artikel des Edelmetallkontrollgesetzes verstösst, landet im Gefängnis oder kassiert eine Busse von bis zu 100'000 Franken.
Damit stellt sich die Frage, worauf die Importeure des geächteten russischen Goldes spekulieren. Vermutlich darauf, dass Handelsbeschränkungen für russisches Edelmetall bald fallen und dann Putin-Gold wieder gefragt sein wird.
Die betroffenen Einfuhren - also die drei Tonnen russisches Gold - werde man überprüfen, erklärt eine Sprecherin des Bundesamts für Zoll auf Anfrage. «Sofern es sich um handelbares Bankengold handelt, gibt es keinen Grund für eine Intervention. In diesem Fall wäre das Schweizer Finanzinstitut verpflichtet, zu prüfen, ob politisch exponierte Personen beteiligt sind.» Gehe es aber um nicht handelbares Gold, würde ein Inverkehrbringen in der Schweiz strafrechtlich verfolgt. «Bei einer Annahme und Verarbeitung durch eine Raffinerie wird die Edelmetallkontrolle die Einhaltung der Sorgfaltspflichten prüfen.»
Neben dubiosen Importen aus Russland gibt es noch einen weiteren Kanal, den Rohstoffexperten derzeit genau beobachten: den Handelsplatz in Dubai. Er gilt als Drehscheibe für Gold aus fragwürdigen Quellen. Der Verdacht: Über die Vereinigten Arabischen Emirate gelangt russisches Gold weiterhin in die Schweiz.
Die Statistik befeuert diese Vermutungen. Im März lieferten die Emirate 36 Tonnen Gold im Wert von über 2 Milliarden Franken in die Schweiz - so viel wie seit sechs Jahren nicht. «Der Bund und die Raffinerien stehen in der Pflicht, alles dafür zu tun, dass die Schweiz kein Schlupfloch für russisches Gold aus Dubai wird», forderte Rohstoffexperte Marc Ummel von Swissaid damals gegenüber CH Media.
Ein Blick auf die neuesten Zahlen zeigt: Auch im April gelangten 20 Tonnen Gold aus den Emiraten in die Schweiz. Im Mai dann nur noch 1.1 Tonnen.
Zum Verdacht, russisches Gold werde über Dubai in die Schweiz geliefert, erklärte der Bund damals, das sei blosse Spekulation und es gebe dafür keine Anhaltspunkte. Der Bund kontrolliere Handelswaren und somit auch Rohgold im grenzüberschreitenden Verkehr risikobasiert. «Und das Zentralamt für Edelmetallkontrolle beaufsichtigt die Einhaltung der Sorgfaltspflichten der Raffinerien periodisch.» (aargauerzeitung.ch)
Das würde erst anfangen zu interessieren, wenn die Öffentlichkeit davon Wind bekommen würde.
Aber sonst wird da sicherlich schön weiter gemauschelt, geht ja schliesslich um Moneten.