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Wegen Panzer-Deal: Ex-Ruag-Mitarbeiter im Visier der deutschen Justiz

Wegen Panzer-Deal: Ex-Ruag-Mitarbeiter im Visier der deutschen Ermittlungen

Die deutsche Staatsanwaltschaft führt ein Strafverfahren gegen einen ehemaligen Ruag-Mitarbeiter. Es geht um einen Deal mit Ruag-Panzern, die derzeit in Italien lagern. Täglich kommen neue Details ans Licht.
23.08.2023, 09:2823.08.2023, 13:24
Kari Kälin / ch media
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Wegen des Ukraine-Kriegs sind die Panzer des Typs Leopard 1 wieder gefragt.Bild: Getty Images Europe

Die Ruag steckt in Dauerturbulenzen. Nach dem unrühmlichen Abgang von CEO Brigitte Beck ist der bundeseigene Rüstungskonzern schon wieder in den Schlagzeilen. Es geht um Altlasten mit Alteisen, das wegen des Ukraine-Krieges plötzlich das Interesse von Käufern geweckt hat. In Italien lagert die Ruag 96 Panzer des Typs Leopard A1. Im Jahr 2016 erwarb die Ruag Holding AG die Geräte von der italienischen Armee zu einem Stückpreis von 45'000 Franken. Der Konzern wurde unterdessen aufgespaltet. Die Ruag International bewirtschaftet die Märkte in der Luft- und Raumfahrt, die Ruag MRO ist der Rüstungskonzern, der alle sicherheitsrelevanten Leistungen für das Verteidigungsdepartement erbringt. Der Bund ist Eigner der Betriebe.

Die Ruag MRO hat die 96 Panzer übernommen. Mit dem Ukraine-Krieg avancieren die ausgemusterten Kriegsgeräte plötzlich zu einem Objekt der Begierde. Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall wollte die Panzer abkaufen, aufmöbeln und dann an die Ukraine weiter liefern. Der Bundesrat vereitelte aber das Geschäft, weil es nicht mit der Neutralität kompatibel ist. Brisant: Die Ruag hatte mit Rheinmetall im Februar dieses Jahres bereits einen Kaufvertrag abgeschlossen – allerdings unter dem Vorbehalt der bundesrätlichen Zustimmung, die nicht eintraf. Das ist nicht die einzige Panne bei diesem geplatzten Deal.

Gemäss Recherchen von CH Media wusste der Ruag-Verwaltungsrat zwar, dass eine andere deutsche Firma Anspruch auf 25 der 96 Panzer erheben könnte. Auch Rheinmetall war darüber im Bild. Erst vor wenigen Tagen aber erfuhr der Verwaltungsrat, dass das deutsche Unternehmen tatsächlich die 25 Panzer für sich beansprucht. Die Ruag hat nun eine externe Anwaltskanzlei damit beauftragt. Sie soll sämtliche Unstimmigkeiten abklären im Zusammenhang mit den 96 Panzern, vor allem auch die Geschichte mit dem deutschen Eigentümer, der den Kauf 2019 vereinbarte, aber bis jetzt nicht vollzogen hat.

Die Panzer sind auch Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens, das eine Staatsanwaltschaft in Deutschland seit eineinhalb Jahren führt. Die Ruag teilte dies am Montag mit, ohne Details preiszugeben. Auch auf Anfrage von CH Media verrät sie nicht, um was es bei dem Verfahren geht, welche Delikte im Raum stehen und welche Rolle dabei der Vertrag mit den 25 Panzern spielt. Silvan Gruber, Chef Kommunikation, bestätigt, dass es im Gesamtkontext zu den 96 Panzern stehe. Es gelte die Unschuldsvermutung. Die Ruag werde dann informieren, wenn die Ergebnisse des Verfahrens vorlägen.

Ergänzendes Gesuch um Rechtshilfe ist hängig

Gemäss Recherchen von CH Media richtet sich das Ermittlungsverfahren gegen einen ehemaligen Ruag-Mitarbeiter. Fest steht auch, dass die Schweizer Bundesanwaltschaft Deutschland in dieser Angelegenheit bereits einmal Rechtshilfe geleistet hat und ein ergänzendes Gesuch hängig ist.

Dass sich plötzlich ein neuer Eigentümer meldet, wirft Fragen auf. Hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) den Verkauf von 25 Panzern 2019 bewilligt? Unter welchen Bedingungen? Das Seco konnte dieses Fragen bis am Dienstagabend nicht beantworten.

In den Fokus gerät zusehends auch Verwaltungsratspräsident Nicolas Perrin. Der nicht vollzogene Panzerdeal wurde besiegelt, noch bevor er sein Amt im Jahr 2020 antrat. Von aussen macht es den Eindruck, als ob der ehemalige Chef von SBB Cargo selber überrascht wird von immer neuen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit den 96 Panzern. Nimmt der Verwaltungsrat seine Aufsicht ungenügend wahr? Solche Fragen will Verteidigungsministerin Viola Amherd jetzt in einer externen Untersuchung klären lassen. Geprüft werden soll auch, ob die Zusammenarbeit zwischen Verwaltungsrat und dem Bund als Eigner verbessert werden könnte.

Dass Optimierungsbedarf besteht, ist kaum von der Hand zu weisen. Der Verwaltungsrat der Ruag traf sich am Sonntag zu einer Sondersitzung. Danach setzte Perrin Amherd über die in Auftrag gegebene Untersuchung ins Bild. Laut VBS-Sprecher Renato Kalbermatten kam dabei das Ermittlungsverfahren gegen den Ex-Mitarbeiter nicht zur Sprache.

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hierundjetzt
23.08.2023 10:11registriert Mai 2015
Alsooo wir haben damals über das KMG abgestimmt, darum gibts keine Lieferung.

Soweit so schlecht wenn Krieg in Europa herrscht

Das aber die RUAG die 96 Panzer Rheinmetall verkaufen wollte (obwohl das SECO wegem KMG nein sagte), Holland (!) Mio für die Aufwerung der CH-Panzer Rheinmetall bezahlen wollte und der Ministerräsident Rutte dafür bei BR Amherd vorstellig wurde… sind nun extrem peinliche Dimensionen

Zusammengefasst: nicht nur helfen wir den Ukrainern nicht wir sabotieren auch noch aktiv die Hilfe.

Kann man sich nicht ausdenken 😡
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