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Verhandlungen zum bilateralen Weg: Schweiz profitiert von EU-Zeitdruck

Keine offizielle Timeline: Bundespräsidentin Viola Amherd, links, und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eröffnen am 18. März 2024 in Brüssel die Verhandlungen.
Keine offizielle Timeline: Bundespräsidentin Viola Amherd, links, und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eröffnen am 18. März 2024 in Brüssel die Verhandlungen.Bild: Virginia Mayo / AP

Chefunterhändler sieht die Schweiz gegenüber der EU im Vorteil – kommt's zum Abschluss?

Die EU-Diplomaten stünden in den Verhandlungen mit der Schweiz unter grösserem Zeitdruck als er, sagt Berns Chefunterhändler Patric Franzen. Das wolle er «zu unseren Gunsten nutzen». Bereits kursiert ein Datum für die offizielle Bekanntgabe der Einigung.
18.10.2024, 11:5618.10.2024, 15:24
Stefan Bühler, Francesco Benini / ch media
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Seit dem 18. März verhandeln Bern und Brüssel über die Fortsetzung des bilateralen Wegs. Nach 130 Verhandlungsrunden in 14 Bereichen gebe es in allen Dossiers «noch drei, vier offene Fragen». Das sagte der Chefunterhändler der Schweiz, Patric Franzen, am Donnerstag in Bern.

Der stellvertretende Staatssekretär hielt an einer Konferenz des Verbands Swiss Medtech ein Referat über die Verhandlungen. Franzen legte einmal mehr dar, dass der Handel mit der EU täglich eine Milliarde Franken ausmache und allein die Handelsbilanz mit den Nachbarstaaten mehr als doppelt so gross sei wie mit den USA – deshalb sei der bilaterale Weg so bedeutend. Wichtige Argumente, aber nicht neu.

Doch dann gewährte Franzen einen Blick hinter die Kulissen: «Wir haben keine offizielle Timeline, Qualität ist uns wichtiger als Zeit», sagte er im Referat in englischer Sprache. Die EU möchte die Verhandlungen materiell bis Ende Jahr abschliessen. «Wir werden sehen, ob das möglich ist.» Die EU-Unterhändler stünden eher unter grösserem Zeitdruck. «Taktisch ist das für uns ein Vorteil, wir wollen den Zeitdruck der EU zu unseren Gunsten nutzen», so Franzen.

Offenbar ist das in Bern eine verbreitete Ansicht. So erklärte auch Justizminister Beat Jans am Mittwoch in einem Referat in Zürich, für den Bundesrat gelte Qualität vor Tempo: Es sei sehr wichtig, eine gute Lösung mit der EU zu finden.

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Patric Franzen, Stellvertretender Staatssekretär im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA)Bild: keystone

Doch stimmt es, stehen die Brüsseler Diplomaten unter Zeitdruck? Dafür spricht unter anderem, dass die Verhandlungen mit der Schweiz ein Projekt der alten EU-Kommission sind, die voraussichtlich Ende November abgelöst wird. In Brüssel zeichnen sich zudem neue Verhandlungen mit Grossbritannien ab, die Ressourcen binden werden. Allerdings gilt auch für Bern: Bleibt eine Einigung aus, bleibt Unsicherheit. Etwa für die Zukunft der Forschungszusammenarbeit oder wichtige Exportbranchen.

Einer, der die Verhandlungen mit grösster Skepsis verfolgt, ist SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi. Seine Partei lehnt jede institutionelle Anbindung an Brüssel grundsätzlich ab. Er amtet derzeit als Präsident der Efta/EU-Delegation des Parlaments.

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Einer, der die Verhandlungen mit grösster Skepsis verfolgt, ist SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi.Bild: keystone

In dieser Funktion weilte er diese Woche in Brüssel. Bei seinen Gesprächen gewann Aeschi den Eindruck, «dass die Verhandlungen viel weiter fortgeschritten sind, als ich das in der Schweiz höre». Der Optimismus in Brüssel, noch dieses Jahr die Verhandlungen abschliessen zu können, sei gross.

Mit den Verhandlungen vertraute Personen bestätigten, dass auch die Schweiz die Verhandlungen noch dieses Jahr abschliessen wolle, sagt Aeschi. Er habe gehört, Amherd werde um den 18. Dezember nach Brüssel reisen, um den Abschluss der Verhandlungen bekannt zu geben.

Dazu sagt Amherds Sprecher auf Anfrage: «Die Bundespräsidentin hat um den 18. Dezember keine Reise nach Brüssel geplant.»

Schweiz streitet weiter über Zuwanderungsbremse

Derweil dreht sich die Debatte in der Schweiz um eine Zuwanderungs-Schutzklausel weiter. So erklärte Bundesrat Jans in Zürich: «Es wird auf Hochtouren verhandelt.» Er suggerierte damit, dass die Schweiz der EU vielleicht doch eine Beschränkung der Personenfreizügigkeit abringen kann. Zur Äusserung von EU-Kommissar Maros Šefčovičs, eine Schutzklausel, die Bern einseitig anrufe, komme nicht infrage, sagte Jans, Šefčovič gehe es wohl auch darum, den EU-Staaten zu zeigen: Wir verhandeln hart, und das Ergebnis wird gut.

SVP-Fraktionschef Aeschi sagt derweil: «Eine einseitige Schutzklausel hätte gar keine Wirkung, da gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts das EU-Personenfreizügigkeitsabkommen Vorrang vor unserer Verfassung und unseren Gesetzen hat.» Nur mit der Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!» werde die Zuwanderung in die Schweiz nachhaltig begrenzt.

FDP-Präsident Thierry Burkart zeigt sich gelassen: Die Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel seien in einer intensiven Phase. «In dieser Situation sind scharfe Positionsbezüge der Gegenseite völlig normal.» Er erwarte vom Bundesrat, «dass er weiterhin hart verhandelt – mit dem Ziel eines Schutzkonzepts, das im Interesse der Schweizer Bevölkerung liegt.» (aargauerzeitung.ch)

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116 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Old and fragile
18.10.2024 12:36registriert Juli 2024
Selbstüberschätzung ist bei den Verhandlungen wohl fehl am Platz. Wenn sich da der Chefunterhändler bloss nicht irrt. Wir mögen ja geografisch im 'Herzen Europas' liegen. Aber der Nabel der Welt sind wir nun mal nicht.
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Nett sein ist keine Schwäche
18.10.2024 12:44registriert August 2024
Die Personenfreizügigkeit ist nicht der Treiber für mehr Migranten in der Schweiz.
Es sind die tiefen Steuern der SVP und FDP, welche internationale Unternehmen anlocken. Diese Unternehmen kommen dann wegen der tieferen Steuern in die Schweiz und zwar nicht alleine, sondern mit ihren Angestellten und mit der Zeit werden immer mehr aus dem Ausland geholt.
Die Auswüchse davon sieht man bestens im Kanton Zug.
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Ktwo
18.10.2024 12:53registriert Februar 2024
Aber wenn laut Bundesgericht die Freizügigkeit der EU über den Gesetzen der Schweiz steht, wie Aeschi sagt, was nützt denn die 10-Mio-Schweiz Initiative?
Versteh ich nicht.

Ausserdem denke ich böse als Verschwörungstheorie, dass die Schweiz da sowieso einknicken wird. Die zwei, drei Punkte nämlich, die "nur" noch verhandelt werden müssen, sind ja gerade die Knackpunkte.

Und wieso es die EU eiliger haben sollte als die Schweiz? Wunschdenken, nichts weiter.
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