Es ist ziemlich genau ein Jahr her, da schossen die Energiepreise durch die Decke. Putins Überfall auf die Ukraine war damals wenig mehr als die ungute Ahnung von Wenigen. Erst im Nachhinein sollte sich herausstellen, dass es vielleicht die ersten Vorboten eines aufziehenden Krieges waren: Spannungen zwischen der EU und Russland sowie Meldungen über ausfallende Atomkraftwerke liessen die Energiepreise vor Weihnachten 2021 auf das Zehnfache ansteigen. Für den Energiekonzern Alpiq wurde die Luft so dünn, dass er beim Bund Alarm schlagen musste: Es drohte ein Liquiditätsengpass.
Aktuell erlebt die Schweiz das genaue Gegenteil. Wer den Monitor des Bundesamts für Energie (BFE) verfolgt, sieht die Preise für Strom und Gas purzeln. Am Spotmarkt wird der Strom jeweils für den Folgetag gehandelt. Zuletzt kostete die Megawattstunde 26 Euro, was dem diesjährigen Tiefpunkt entspricht. Noch Mitte Dezember hatten die Preise bei deutlich über 400 Euro gelegen, was schon einer Entspannung gegenüber Ende August bedeutete: Damals kostete die Megawattstunde bis zu 725 Euro.
Damit hatten wohl die wenigsten gerechnet. Aber was ist der Grund für diese Entwicklung? Markus Flatt ist Co-Autor des Buchs «Energiewirtschaft Schweiz» und berät verschiedene Strom-Konzerne in der Schweiz. Er sagt: «Der Hauptgrund für die stark sinkenden Preise ist das Wetter.» Föhnwinde sorgen dafür, dass weniger Strom zur Wärmeerzeugung gebraucht wird. Ausserdem treiben sie vor allem im Norden Europas die Turbinen von Kraftwerken an. «Im Moment kann Europa damit auch Gas sparen, das ansonsten zum Heizen und zur Stromerzeugung benutzt wird», sagt Flatt. Es machten sogar Mitteilungen die Runde, dass einzelne Gasspeicher wieder befüllt werden – mitten im Winter.
Von den gesunkenen Energiepreisen dürfen die privaten Verbraucher kaum profitieren. Privathaushalte sind an die Tarife der Energiekonzerne gebunden, und diese mussten sich vor allem dann eindecken, als die Preise an der Decke klebten. Auch die allerwenigsten Firmen kaufen ihre Energie so kurzfristig. Nur wer sehr wagemutig war, kann sich jetzt die Hände reiben.
Aus der Sicht von Europas Unabhängigkeit vor russischen Erpressungen und angesichts einer befürchteten Energie-Mangellage sind es aber dennoch gute Nachrichten. In der aktuellen Lagebeurteilung des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung heisst es: «Trotz der erweiterten Pipeline-Transporteinschränkungen ist die aktuelle Versorgungssicherheit in Nordeuropa stabil.» Dies sei vor allem auf die gesteigerten Flüssiggas-Importe und die Erhöhung der norwegischen Produktion zu Gunsten der europäischen Versorgung zurückzuführen. «Der Russland-Krieg hat somit derzeit keine direkten Auswirkungen auf die Versorgung der Schweiz.»
Überhaupt ist die Schweiz gemäss Flatt eine Profiteurin des aktuellen Ausnahmewetters. «Im Vorteil ist, wer bei der Stromproduktion flexibel auf den Markt reagieren kann», sagt er, und meint etwa Pumpspeicherkraftwerke. Diese könnten derzeit mit günstigem Strom ihre Speicher befüllen, um so für schwierigere Zeiten wieder vorzusorgen.
Die grossen Schweizer Seen lassen generell mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Auch hier gibt es Rekorde zu vermelden: Aktuell sind sie zehn Prozent besser gefüllt als im langjährigen Median, besser auch als im niederschlagsreichen Spitzenjahr 2019. Aktuell beträgt der Überschuss gegenüber dem langjährigen Median etwa 1000 Gigawattstunden Strom: So viel, wie in der Schweiz etwa 250’000 Haushalte pro Jahr verbrauchen. (aargauerzeitung.ch)
Daran kann man doch nichts künstlich konstruiertes erkennen.
Geht ja nur um die Grundversorgung.