Pfingsten ist für Christen eines der wichtigsten Feste im Kirchenjahr. An diesem Tag, so lehrt es die Bibel, ist der Heilige Geist auf die Jünger herabgekommen. Viele Gläubige hoffen und beten dafür, dass der Heilige Geist die Köpfe von Kriegstreibern auf Frieden umprogrammiert. Hanspeter Wasmer, Bischofsvikar des Bistums Basel, formuliert es in der aktuellen Ausgabe des «Luzerner Kirchenschiff» so: «Würden alle auf diese kreative und lebensbejahende Kraft hören, gäbe es wohl weder Kriege noch Machtkämpfe. Das Pfingstfest lädt uns ein, auf diesen Heiligen Geist zu hören.»
Ob Wladimir Putin ein offenes Ohr für derartige Signale hat, darf bezweifelt werden - zumal Patriarch Kirill, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Putins Feldzug gegen die Ukraine durch alle Böden verteidigt. Doch wie positionieren sich die Kirchen in der Schweiz zum Ukraine-Krieg? Was tun sie für den Frieden?
Die Antwort lautet zuerst einmal: Beten, beten, beten. Sowohl in evangelisch-reformierten als auch katholischen Kirche falten Gläubige regelmässig die Hände zu Gunsten des Friedens. Kirchen haben zudem zahlreiche Initiativen lanciert, um Kriegsopfer in der Ukraine, aber auch in die Schweiz Geflüchtete zu unterstützen. Am Mittwoch, 9. März, läuteten im ganzen Land die Kirchenglocken, um Putins Angriffskrieg zu verurteilen.
Abseits von pazifistischen Appellen und akustischen Solidaritätsbekundungen stellt sich jedoch auch für die Kirchen die profane Frage, um die in der Politik eine heftige Kontroverse entbrannt ist: Und, wie hältst du es mit den Waffenlieferungen? Die Frage stürzt die Kirche in ein Dilemma, denn die Gewaltlosigkeit von Jesus gehört zu ihrer DNA. Papst Franziskus umschiffte das heikle Thema in einem Interview mit dem «Corriere della sera» so: «Ich bin zu weit weg, um beurteilen zu können, ob Waffenlieferungen für die Ukraine richtig sind oder nicht.» Der Papst erntete vor allem Kritik dafür, dass er das «Bellen der Nato an der Pforte Russlands» als möglichen Kriegsgrund bezeichnete und damit die Erzählung des Kremls übernahm.
Quasi in Opposition zum Papst hat die deutsche Bischofskonferenz in der Waffenfrage deutlich Stellung bezogen: «Rüstungslieferungen, die dazu dienen, dass das angegriffene Land sein völkerrechtlich verbrieftes und auch von der kirchlichen Friedensethik bejahtes Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen kann, halten wir für grundsätzlich legitim.» Bei den Schweizer Bischöfen ist Charles Morerod für Friedensfragen zuständig. Der Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg vertritt eine andere Haltung als seine deutschen Amtskollegen.
So lehnt er Waffenlieferungen für die Ukraine mit Verweis auf die Neutralität klar ab: «Wir unterstützen die Schweizer Tradition, keine Waffen zu liefern an Ländern, die sich im Krieg befinden.»
Die Bischöfe wünschen sich, dass die Schweiz indirekt versucht, den Krieg zu bremsen, etwa als Friedensvermittlerin. Die bischöfliche Kommission Justitia et Pax sprach sich schon Ende Februar dafür aus, dass sich die Schweiz den EU-Sanktionen «vorbehaltlos» anschliesst - vor allem im Hinblick auf die «bedeutende Rolle» des Schweizer Finanz- und Rohstoffhandelsplatzes.
Der Rat der Gemeinschaft der evangelischen Kirchen in Europa hält derweil fest, er lehne militärische Aggressionen als ungeeignetes und inakzeptables Mittel zur Konfliktlösung strikt ab. Er schreibt auch: «Wir stimmen mit der Charta der Vereinten Nationen überein, dass die Ukraine das legitime Recht auf Selbstverteidigung hat.»
Rita Famos ist Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS) und hat an der Stellungnahme der europäischen Dachorganisation mitgearbeitet.
Über die Frage der Waffenlieferungen habe sich der EKS-Rat nicht ausgetauscht. Die oberste Schweizer Protestantin begrüsst die Debatte, die in der Schweizer Politik über das Thema entbrannt ist. Sie sagt auch:
Es müsse nach bestem Wissen und Gewissen diejenige Entscheidung getroffen werden, die eine Beendigung des grossen Leidens der ukrainischen Bevölkerung und der Gefährdung des Weltfriedens begünstige. Nach Ansicht von Famos kann das auch bedeuten, dass die Schweiz Deutschland und Dänemark grünes Licht gibt, in der Schweiz beschaffte Munition für die Flugabwehrkanonen-Panzer Gepard und in der Schweiz gekaufte Radschützenpanzer an die Ukraine weiterzugeben.
Gar nicht schwer mit einem Positionsbezug tut sich derweil ukrainische Bischof Bohdan Dzyurakh ein. In einem Interview mit CH Media sagte er: «Die Waffen an die Ukraine dienen dazu, den Krieg zu stoppen.» (aargauerzeitung.ch)