Wäre das die Kompromisslösung, der Mittelweg? Keine Schweizer Waffen an die Ukraine, aber dafür eine Schweizer Ausbildung für ukrainische Soldaten. An welcher Waffe? Natürlich auf dem Leopard 2. Derjenige Vorzeigepanzer, der für seine enorme Effizienz bekannt ist und dessen Mutterland, Deutschland, sich nun zu dessen Lieferung nach Kiew bereit erklärt hat.
Während des Kalten Krieges kaufte die Schweiz Hunderte Leopard 2 von Deutschland, von denen die meisten ab 1987 in Lizenz in Thun im Berner Oberland hergestellt wurden. Damals war das bevorzugte Szenario für einen Landkonflikt mit den Streitkräften des Warschauer Paktes, die damals bis zur österreichischen Grenze standen, eine Panzerschlacht.
Die Schweiz besorgte sich also 385 Leopard 2, von denen heute 134 in die Truppe integriert und 96 weitere «eingemottet» sind. Die Entscheidung, die Anzahl der in der Schweizer Armee eingesetzten Leopard 2 zu reduzieren, wurde 1998 getroffen, als Adolf Ogi Verteidigungsminister war.
Thun hat sich seither als eine der europäischen Hauptstädte für die Ausbildung an gepanzerten Waffen etabliert. Seinen guten Ruf hat es seinen hochmodernen Simulatoren zu verdanken.
Warum sollte das Ausbildungszentrum also nicht auch ukrainische Soldaten aufnehmen? Letztes Jahr wurden zum Beispiel polnische Soldaten – ihr Land besitzt Leopard 2 – im Zentrum der mechanisierten Streitkräfte in Thun ausgebildet. Die polnische Armee ist ein Stammgast in der oberländischen Stadt. Sie entsendet seit 2016 Männer dorthin und wird 2023 weitere entsenden. So ist es geplant. Auch Österreicher, Belgier und Norweger profitieren von den Hightech-Einrichtungen des Thuner Ausbildungszentrums.
Aber was ist mit den Ukrainern? Der Experte Julien Grand, Oberstleutnant im Generalstab und stellvertretender Chefredaktor der Revue Militaire Suisse, gibt eine Antwort auf diese Frage:
In diesem Bereich, so der Offizier, verhalte es sich mit der Kampfausbildung wie mit der Lieferung von Waffen:
Unabhängig vom Krieg in der Ukraine erinnert Julien Grand daran, dass die Ausbildung ausländischer Soldaten in Thun im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden (PfP) stattfinde – ein Vorzimmer der NATO, dem die Schweiz seit 1996 angehört. Ihre erste Teilnahme an der PfP geht auf eine Zeit nach dem Kalten Krieg zurück, die von der Bereitschaft der bislang nach innen gerichteten Schweiz geprägt war, mit europäischen Armeen zusammenzuarbeiten. «Man darf nicht vergessen, dass die Kooperationsprogramme innerhalb der PfP in der Regel auf bilateraler Basis und in jedem Fall unverbindlich durchgeführt werden», so der Verteidigungsexperte.
Da sich die Ukraine einerseits im Krieg befindet und andererseits nicht Mitglied der Partnerschaft für den Frieden ist, verringert dies ihre Chancen, in Thun empfangen zu werden. Und die Ukraine habe keinen Antrag gestellt, so das Verteidigungsministerium (VBS).
Die Schweiz läuft Gefahr, zu einem Leopard-Grab zu werden – begraben von der Neutralität. Sie hat viele der Panzer in ihrem Besitz, aber kann nichts damit anfangen. Es bahnt sich ein Hütchenspiel an, das darin bestehen würde, die Ware von Hut A über Hut B zu Hut C zu transferieren. Auf Anfrage von watson präzisiert das VBS:
Das Verteidigungsministerium bezieht sich hier auf die 96 Exemplare, die die Schweizer Armee derzeit nicht nutzt. Das VBS fügt hinzu:
Eine Motion, die letzte Woche von der Aargauer FDP-Nationalrätin Maja Riniker in der Sicherheitspolitischen Kommission eingereicht wurde, fordert den Bundesrat auf, den Verkauf eines Teils der derzeit eingelagerten Leopard 2 an Länder zu genehmigen, wenn deren Panzerbestände nach Lieferungen an Kiew abnehmen würden. Die Nationalrätin denkt dabei an Deutschland und Polen. Sie stellt eine Bedingung: Die an das Ausland abgegebenen Schweizer Panzer dürften nicht wieder in die Ukraine zurückgeschickt werden.
Was bedeutet die «Abschaltung von grossen Systemen»? Der Experte Alexandre Vautravers, Oberst im Generalstab, Chefredaktor der Schweizerischen Militärzeitschrift und ehemaliger Kommandant eines Panzerbataillons, erläutert die Hintergründe:
Anfang 2011 gab das VBS den Verkauf von zwölf seiner Leopard-2-Panzer nach Kanada bekannt, während 42 weitere an das deutsche Unternehmen Rheinmetall Landsysteme verkauft wurden. «Die zwölf Panzer, die nach Kanada gingen, waren ursprünglich von der Schweiz direkt von Deutschland gekauft worden, waren also nicht umgerüstet worden. Einige von ihnen hatten dem Bataillon gehört, das ich befehligte», erinnert sich Alexandre Vautravers.
Die Schweiz als «Bank» für Leopard 2, die nichts nützt, wenn die Ukraine und ihre Verbündeten im Krieg sie dringend brauchen würden? Ein Argument, das wir wahrscheinlich noch öfter hören werden. Die Offiziersgesellschaft der Panzertruppen (OG Panzer) protestiert bereits jetzt dagegen. Sie wehrt sich gegen die von Nationalrätin Maja Riniker in ihrer Motion vorgeschlagene Abgabe von Leopard-Panzern. Laut ihrem Präsidenten Erich Muff, der von «Blick» zitiert wird, braucht die «neutrale Schweiz» alle ihre gepanzerten Fähigkeiten. «Wenn es etwas gibt, das der Krieg in der Ukraine ungeschminkt zeigt», sagt er, «dann ist es, dass man sich nur auf seine eigenen Streitkräfte verlassen kann».
ja dann gute Nacht... Wenn wir am Ende effektiv unsere Panzer einsetzen müssen, dann ist sowieso halb Europa gefallen und dann bringts aus meiner Sicht auch nicht mehr viel...
Klar, die CH-Modelle sind nicht dermassen modern, wie die 14 «2A6», welche DE nun in die UA liefert – aber eine grosse Anzahl UND Geschwindigkeit sind nun entscheidend.
DE kann dann sofort weitere «2A6» in die UA senden und die alten CH-Leos modernisieren.
Auf alle Fälle funktioniert die Ausrede, dass nicht mehr Leos entsendet werden können, weil die BW sonst "zu wenig" hätte, nicht.
Neutralitätsrechtlich alles kein Problem, wenn keine CH-Leos in die UA geliefert werden.