Für den US-Präsidenten Trump soll der 2. April zum Befreiungstag werden. Er will Strafzölle erheben. Auf ausländische Autos 25 Prozent, das ist seit Freitag klar. Auch weitere Produkte werden neu beim Import in die USA mit Zöllen belegt – welche Güter und zu welchem Tarif ist unklar. Pokerspieler Trump legt die Karten einzeln auf den Tisch. Und je nach Laune mischt er sie neu. Es ist die reine Machtpolitik.
Ebenfalls für den 2. April will der Bundesrat eine Klausur abhalten zu den Folgen der US-Handelspolitik unter Trump. Laut dem «Blick» sind dazu als Experten der ehemalige Nationalbankpräsident und Blackrock-Manager Philipp Hildebrand sowie der ehemalige Schweizer US-Botschafter Martin Dahinden eingeladen.
Spötter meinen nun, die Klausur komme etwas gar spät. Bloss: Erst am Mittwoch dürfte man das ganze Ausmass der von Trump beschlossenen Zölle kennen. Zielt er vor allem auf die Industrie? Das wäre für die Schweiz zwar ungemütlich – aber weniger gravierend als ein Angriff auf die Pharmaunternehmen. «Wir wissen nicht, was kommt», sagt eine mit dem Dossier vertraute Quelle. Immerhin: Hier dürfte 2. April Abhilfe schaffen.
Unvorbereitet trifft der drohende Ernstfall im Handelskrieg den Bundesrat gleichwohl nicht. Zwei Aussprachen zum Thema hat er bereits geführt. Und aus Interviews, Reden und öffentlich einsehbaren Dokumenten lässt sich eine Strategie erkennen, wie die Landesregierung die Schweiz durch die Turbulenzen führen und von Schaden bewahren will – wobei letzteres angesichts der drohenden Umwälzungen kaum möglich sein wird.
Denn Ungemach droht nicht nur aus Übersee: Schlägt die EU mit eigenen Zöllen gegen Trumps Angriff zurück und ergreift sie Massnahmen, um die Folgen des Wirtschaftskriegs abzuwehren, läuft die Schweiz Gefahr, zwischen die Fronten zu geraten. Die Strategie des Bundesrats in aller Kürze: Washington mit Wirtschaftszahlen milde stimmen – und bei der EU schonende Behandlung einfordern.
Was die USA betrifft, ist die grösste Schwierigkeit für den Bundesrat, überhaupt von Trumps Truppe wahrgenommen zu werden. Dass es Staatssekretärin Helene Budliger Artieda gelang, mehrere Treffen mit Handelsbeamten in Washington zu organisieren, gilt da schon als Erfolg. Und es gilt als eine Chance, dass Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin Ende April zum Frühlingstreffen der Weltbank in die USA reisen – vielleicht lässt sich sogar ein Treffen mit einem Regierungsvertreter organisieren? Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Was die Bundespräsidentin oder der Wirtschaftsminister den Amerikanern zu sagen hätten, ist längst bekannt. Parmelin und Budliger wiederholten die Argumente in Interviews fast im Wortlaut: Investments aus der Schweiz schaffen in den USA 400'000 Jobs mit sehr hohen Löhnen von durchschnittlich 130'000 Dollar im Jahr. «Die Schweiz steht der US-Wirtschaft weit offen für Güter, Dienstleistungen und Investments», so steht es auch in einem öffentlich einsehbaren Brief des Staatssekretariats für Wirtschaft an die US-Wirtschaftsbehörde.
Warum, so ein weiterer Punkt, die Schweiz mit Strafzöllen belegen, wenn doch dank der Abschaffung der Industriezölle 99 Prozent der US-Exporte zollfrei in die Schweiz eingeführt werden können? Und überhaupt: «Die Schweiz wird sich nicht an einem Handelskrieg beteiligen», wie Staatssekretärin Budliger im Interview mit CH Media erklärte.
Das ist auch eine Botschaft an die andere Seite, an die EU. Denn diese wird voraussichtlich mit Gegenmassnahmen auf den amerikanischen Angriff reagieren. Und wohl mit eigenen Zöllen versuchen, die europäische Wirtschaft vor Billigimporten aus Drittstaaten zu schützen. Wobei sich die Frage stellt: Gilt dann die Schweiz für Brüssel als Drittstaat?
Das ist ihr schon in der ersten Amtszeit Trumps passiert, beim damaligen Streit um Aluminium- und Metallzölle. Diesmal soll sich das nicht wiederholen.
In einer Mischung aus Bitte und Drohung weisen Regierungsvertreter verschiedener Departemente auf die neuen bilateralen Verträge hin, die noch in eine Volksabstimmung überstehen müssen. «Wir weisen Brüssel auch darauf hin, dass Strafzölle, die auch die Schweiz treffen, im Hinblick auf die neuen bilateralen Verträge kontraproduktiv wären», sagte etwa Staatssekretärin Budliger.
Brüssel habe dies verstanden, heisst es in Bern. Doch gibt es auch Stimmen, wonach die EU mit einem harten Kurs der Schweiz zeigen könnte, wie wichtig ein vertraglich abgesichertes Verhältnis sei – was die Schweiz ja bisher nicht gewollt habe. Entschieden sei noch gar nichts. (aargauerzeitung.ch)
Vielleicht sollte man dem BR mal auf einer Karte zeigen, wo die CH liegt…
Alle, ausser scheint’s unser Bundesrat, haben längst begriffen, dass rationale Argumente („400‘000 Jobs“) Trump bestenfalls nicht beeindrucken, schlimmstenfalls sogar provozieren.
Dann entscheidet man sich auch noch, der EU zu „drohen“. In der Tat sehr schlau, wenn man die internationale Lage anschaut. Sich lieber den USA anbiedern, als endlich mal das Verhältnis zum wichtigste Handelspartner befrieden… Man möchte weinen bei so wenig Strategie.