Schweiz
Interview

Nach Nein zum Seeuferweg: Initiantin macht Regierung schwere Vorwürfe

Julia Gerber Rüegg
Initiantin der Uferinitiative: Julia Gerber Rüegg.Bild: watson
Interview

Nach Nein zur Uferinitiative: «Die Regierung hat falsche Zahlen in Umlauf gesetzt»

Die Zürcher Stimmbevölkerung sagt Nein zu einem durchgehenden Uferweg am Zürichsee. Initiantin Julia Gerber Rüegg ist enttäuscht und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Regierung.
03.03.2024, 14:1703.03.2024, 15:34
Folge mir
Mehr «Schweiz»

Frau Gerber Rüegg, es sieht nach einem deutlichen Nein zur Uferinitiative aus. Sind Sie enttäuscht?
Julia Gerber Rüegg:
Es ärgert mich schon, dass wir nicht besser abschneiden. Eine Mehrheit zu finden, war ambitiös, aber trotzdem haben wir viel erreicht. Fast 40 Prozent der Zürcher Stimmbevölkerung sagt ja zur Initiative. Damit ist ein hohes öffentliches Interesse am Zugang zum Ufer und zur Aufwertung der Biodiversität am Zürichsee nachgewiesen.

Glauben Sie, dass vor allem die Kosten für den vielfach genannten «teuersten Spaziergang der Welt» für eine Ablehnung gesorgt haben?
Das Resultat kam zustande, weil die Regierung falsche Zahlen in Umlauf gesetzt hat.

Wie meinen Sie das?
Die Regierung insinuierte, dass wenn man dieser Verfassungsinitiative zustimmt, man einem Kredit von einer halben Milliarde Franken zustimmt. Daran sind zwei Sachen falsch.

«Unsere Volkswirtschaftsdirektorin ist eine Hardcore-Gegnerin des Seeuferwegs.»
Julia Gerber Rüegg

Welche?
Eine Verfassungsinitiative per se löst keinen Kredit aus, sondern die dazugehörenden Gesetze. Das wäre ein Prozess, bei dem man die Finanzierung erst noch bespricht. Es ist falsch, zu verbreiten, dass durch eine Verfassungsinitiative ein solcher Betrag zustande kommt. Und der zweite Punkt: Der Bau des Seeuferwegs hätte maximal 100 Millionen Franken gekostet. Die restlichen 400 bis 500 Millionen Franken, welche die Regierung rechnete, wären angenommene Entschädigungsforderungen von privaten Villenbesitzern am See. Mit diesen veröffentlichten Zahlen ist das nichts anderes als eine von der Volkswirtschaftsdirektorin verkündete, staatliche Profitgarantie. Man kann deshalb sagen, dass die Regierung ihre Pflicht nicht wahrgenommen hat, die Bevölkerung sachlich und neutral zu informieren.

Bereits jetzt hat die Regierung ein Budget von sechs Millionen Franken pro Jahr für die Aufwertung der Uferwege. Viel Geld, das aber oft nicht ausgereizt wurde. Muss sich nun daran etwas ändern?
Dieses Budget wurde nicht ausgereizt, weil es keinen politischen Willen dafür gibt. Unsere Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh ist eine Hardcore-Gegnerin des Seeuferwegs. Sie wäre verantwortlich für die Aufwertung des Seeufers, aber sie macht nichts. Das Budget zerfiel deshalb jedes Jahr und das werden wir noch ändern.

Ist der Seeuferweg nun für alle Zeiten vom Tisch?
Wir verlieren zwar diese Abstimmung, aber der Kampf für einen durchgehenden Seeuferweg geht weiter. Wir wissen, dass fast 40 Prozent der Stimmbevölkerung den Zugang zum Seeufer wollen. Das heisst, dass der Druck stärker werden wird, damit die Erholungsräume am Zürichsee für alle da sein werden.

Das sagt SVP-Kantonsrat Domenik Ledergerber zum Nein beim Seeuferweg:

Video: watson/kilian marti
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
54 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
tole011
03.03.2024 14:36registriert Oktober 2023
Wieso sollten die Entschädigungskosten denn nicht zu den Kosten dazu gerechnet werden? Enteignungen müssen halt entschädigt werden, das ergibt sich aus der Eigentumsgarantie. Kantonales Recht vermag daran nichts zu ändern.
13221
Melden
Zum Kommentar
avatar
kaderschaufel
03.03.2024 14:41registriert Juni 2015
Sehe überhaupt nichts falsches an den Zahlen der Regierung. Das mit dem Kredit ist vielleicht technisch nicht ganz korrekt, aber faktisch ja schon, wenn man den Uferweg tatsächlich bauen will, dann wird der Kanton Zürich eine halbe Milliarde ärmer. Und natürlich muss man die Entschädigungen für die jetzigen Grundstücksbesitzer mit einrechnen.
8821
Melden
Zum Kommentar
avatar
cucumberworld
03.03.2024 15:49registriert September 2019
Was für eine schlechte Verliererin. Die Bevölkerung hat sich klar und deutlich gegen diese unnötige und extrem teure Initiative ausgesprochen. Wir leben zum Glück nicht in einer Bananenrepublik, wo man einfach so enteignen kann.
8120
Melden
Zum Kommentar
54
«Ein Wunder, dass nichts passiert ist» – Servette-Fans sorgen für Pyro-Eklat in Winterthur
Nach dem Schlusspfiff des Cuphalbfinals zwischen Winterthur und Servette kommt es zum Eklat: Servette-Fans stürmen auf den Platz, mindestens zwei davon mit Pyros in der Hand, welche sie Richtung Winterthurer Tribüne schmissen.

Servette zieht gegen Winterthur in den Cupfinal ein. Doch zu reden gibt nach der Partie nicht das Sportliche, sondern die Nebengeräusche, welche mit Fussball nichts zu tun hatten: Einige Servette-Fans können mit den Emotionen, die nach dem ersten Cupfinaleinzug seit 23 Jahren eigentlich positiv sein sollten, nicht umgehen. Nach Abpfiff stürmen sie auf den Platz auf der Winterthurer Schützenwiese, provozieren das Heimpublikum, das soeben das bittere Ausscheiden hinnehmen musste.

Zur Story