Frau Gerber Rüegg, es sieht nach einem deutlichen Nein zur Uferinitiative aus. Sind Sie enttäuscht?
Julia Gerber Rüegg: Es ärgert mich schon, dass wir nicht besser abschneiden. Eine Mehrheit zu finden, war ambitiös, aber trotzdem haben wir viel erreicht. Fast 40 Prozent der Zürcher Stimmbevölkerung sagt ja zur Initiative. Damit ist ein hohes öffentliches Interesse am Zugang zum Ufer und zur Aufwertung der Biodiversität am Zürichsee nachgewiesen.
Glauben Sie, dass vor allem die Kosten für den vielfach genannten «teuersten Spaziergang der Welt» für eine Ablehnung gesorgt haben?
Das Resultat kam zustande, weil die Regierung falsche Zahlen in Umlauf gesetzt hat.
Wie meinen Sie das?
Die Regierung insinuierte, dass wenn man dieser Verfassungsinitiative zustimmt, man einem Kredit von einer halben Milliarde Franken zustimmt. Daran sind zwei Sachen falsch.
Welche?
Eine Verfassungsinitiative per se löst keinen Kredit aus, sondern die dazugehörenden Gesetze. Das wäre ein Prozess, bei dem man die Finanzierung erst noch bespricht. Es ist falsch, zu verbreiten, dass durch eine Verfassungsinitiative ein solcher Betrag zustande kommt. Und der zweite Punkt: Der Bau des Seeuferwegs hätte maximal 100 Millionen Franken gekostet. Die restlichen 400 bis 500 Millionen Franken, welche die Regierung rechnete, wären angenommene Entschädigungsforderungen von privaten Villenbesitzern am See. Mit diesen veröffentlichten Zahlen ist das nichts anderes als eine von der Volkswirtschaftsdirektorin verkündete, staatliche Profitgarantie. Man kann deshalb sagen, dass die Regierung ihre Pflicht nicht wahrgenommen hat, die Bevölkerung sachlich und neutral zu informieren.
Bereits jetzt hat die Regierung ein Budget von sechs Millionen Franken pro Jahr für die Aufwertung der Uferwege. Viel Geld, das aber oft nicht ausgereizt wurde. Muss sich nun daran etwas ändern?
Dieses Budget wurde nicht ausgereizt, weil es keinen politischen Willen dafür gibt. Unsere Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh ist eine Hardcore-Gegnerin des Seeuferwegs. Sie wäre verantwortlich für die Aufwertung des Seeufers, aber sie macht nichts. Das Budget zerfiel deshalb jedes Jahr und das werden wir noch ändern.
Ist der Seeuferweg nun für alle Zeiten vom Tisch?
Wir verlieren zwar diese Abstimmung, aber der Kampf für einen durchgehenden Seeuferweg geht weiter. Wir wissen, dass fast 40 Prozent der Stimmbevölkerung den Zugang zum Seeufer wollen. Das heisst, dass der Druck stärker werden wird, damit die Erholungsräume am Zürichsee für alle da sein werden.