Schweiz
Interview

Bundesratswahlen: SP Roger Nordmann über seine Kandidatur

Nationalrat Roger Nordmann, SP-VD, gibt seine Bundesratskandidatur fuer die Nachfolge des abtretenden Alain Berset bekannt, am Mittwoch, 4. Oktober 2023, in Bern. Am 13. Dezember waehlt die Vereinigte ...
Sieht seine Herkunft als Chance: «Ich bin ein gesamtschweizerischer Romand», sagt Bundesratskandidat Roger Nordmann.Bild: KEYSTONE
Interview

«In der Schweiz gibt es einen Hang, Probleme zu tabuisieren»

Auch Roger Nordmann will Bundesrat werden. Und das als Romand. Warum der ehemalige SP-Fraktionschef darin kein Problem sieht, sagt er im Interview.
04.10.2023, 17:3004.10.2023, 19:30
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Herr Nordmann, sind Sie furchtlos?
Roger Nordmann:
Wieso meinen Sie?

Sie haben Erfahrung mit Niederlagen. Sie wollten schon zwei Mal Ständerat werden, das CS-PUK-Präsidium ging statt an Sie an Isabelle Chassot. Und jetzt im Bundesrats-Rennen sind Ihre Chancen ungewiss.
Zur Demokratie gehört, dass es mehr Kandidaten gibt als Posten. Sonst kann die Demokratie nicht funktionieren. Natürlich gibt es Argumente gegen mich – aber auch für mich.

Stichwort Romandie
... ich weiss, dass meine Herkunft ein Problem sein könnte. Doch ich sehe sie als Chance: Ich bin ein gesamtschweizerischer Romand. Ich bin mit der ganzen Schweiz verbunden, spreche Deutsch, Schweizerdeutsch, Italienisch. Und ich politisiere für das ganze Land. Zudem: Niederlagen gehören in der Politik dazu. Nur in einer Diktatur gibt es für Politiker keine Niederlage. Zum Glück ist das nicht unser System.

Was qualifiziert Sie als Bundesrat?
Ich bringe Erfahrung und Zuverlässigkeit im Polit-Betrieb mit. Durch meine acht Jahre als Fraktionspräsident kennt man mich und weiss, wofür ich stehe. Ich suche nach Gemeinsamkeiten mit anderen politischen Kräften. Mir ist es wichtig, Brücken zu bauen und Lösungen zu erarbeiten.

Wie schätzen Sie Ihre Wahlchancen ein?
Es liegt nicht an mir, Chancen zu berechnen. Ich stelle mich zur Verfügung, und das sehr gerne. Die Leute kennen mich und können entscheiden, ob sie mich wollen. Zuerst in der Fraktion, danach allenfalls in der Bundesversammlung.

Romain Pilloud, Praesident SP-VD, Nationalrat Roger Nordmann, SP-VD und Thanh-My Tran-Nhu, Vizepraesidentin SP-VD, von links, geben die Bundesratskandidatur fuer die Nachfolge des abtretenden Alain Be ...
«Eine positive Grundhaltung ist die Voraussetzung, um im konkreten Dossier Erfolge zu erzielen», sagt Bundesratskandidat Roger Nordmann.Bild: KEYSTONE

In der Medienkonferenz vorhin sagten Sie, Sie stehen für Beschleunigung. In Dossiers wie der Europa-Politik herrscht Stillstand. Wie würden Sie als Bundesrat für Beschleunigung sorgen?
Ganz wichtig ist mir, Probleme zu benennen. Danach gilt es, die dringlichen Aspekte – zusammen mit Andersdenkenden – herauszuarbeiten. Erst dann können Handlungspläne gemacht werden. In der Schweiz gibt es einen Hang, Probleme zu tabuisieren. Weil das komfortabel ist. Doch das geht nicht. Nehmen wir das Beispiel Winterstromversorgung. Als ich 2019 in meinem Buch darüber geschrieben habe, dass es ein Riesenproblem bei der Winterstromversorgung gibt, hat das viele überrascht. Ein Problem klar und deutlich zu benennen, hilft, das Problem lösen zu können.

«Ein Problem klar und deutlich zu benennen, hilft, das Problem lösen zu können.»

Wie würden Sie konkret beim EU-Dossier für Beschleunigung sorgen?
Der Grunddiskurs zu Europa muss geändert werden. Europa wird heute oft negativ wahrgenommen. Ich aber bin überzeugt: Für die Schweiz ist es eine Chance, dass die europäischen Länder eng zusammenarbeiten. Sei es bei der Impfstoff-Beschaffung. Oder, um gemeinsam der Ukraine zu helfen. Es kostet uns doch nicht viel anzuerkennen, dass das Europa heute viel besser ist als früher, als wir uns gegenseitig bekriegten. Das heisst nicht, dass die Schweiz EU-Mitglied wird – das wäre völlig unrealistisch. Es geht uns gut, weil wir gute Beziehungen zu Europa haben. Und damit es uns weiterhin gut geht, müssen wir diese Beziehungen pflegen. Eine positive Grundhaltung ist die Voraussetzung, um im konkreten Dossier Erfolge zu erzielen.

Gerade aus der SP Waadt kam mit Gewerkschaftsbund-Präsident Pierre-Yves Maillard grosser Widerstand beim Rahmenabkommen.
Man hätte wie bei den Bilateralen I 1999 die Gesetzesentwürfe in die Vernehmlassung schicken sollen. So wäre transparent für alle ersichtlich gewesen, wie der Bundesrat gedenkt vorzugehen, etwa beim Lohnschutz. Die Umsetzung kann man diskutieren, das Abkommen indes kann man nicht mehr ändern, weil es fertig verhandelt ist. Die Schweizer Gesetze kann man anpassen – so, wie das 1999 passiert ist. Und zur Entstehung der flankierenden Massnahmen geführt hat. Zum Glück hat der Bundesrat das nun auch verstanden. Er hat dem SECO ja nun den Auftrag gegeben, eine Umsetzungsgesetzgebung zu erarbeiten.

Sie sind der fünfte Mann im Rennen um Alain Bersets Nachfolge. Sie haben bereits einmal gegen eine Frau, Ada Marra, verloren: im Ständerats-Rennen. Ist es in der SP manchmal schwierig, ein Mann zu sein?
Überhaupt nicht. Ich bin und lebe glücklich. Und wurde ja auch zum Fraktionspräsidenten gewählt. Da wir eine Partei der Gleichstellung sind, wollen wir, dass die Frauen vorwärtsmachen. Mehr Konkurrenten und hoffentlich auch noch Konkurrentinnen beleben das Geschäft.

In manchen Medien war zu lesen, Ihre Kandidatur sei eine Verzweiflungstat. Ist das so?
Sehe ich verzweifelt aus? Im Gegenteil, ich habe Lust zu gestalten. Deshalb kandidiere ich.

«Sehe ich verzweifelt aus? Im Gegenteil, ich habe Lust zu gestalten. Deshalb kandidiere ich.»

Wie geht es weiter, falls Sie nicht aufs Ticket kommen oder nicht gewählt würden?
Ich würde mich voll für die CS-PUK einsetzen. Das ist spannend und mir auch sehr wichtig. Leider kann ich darüber nicht mehr sagen, weil es geheim ist.

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quelle: keystone / peter klaunzer
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38 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sandlerkönig Eberhard
04.10.2023 18:16registriert Juli 2020
«In der Schweiz gibt es einen Hang, Probleme zu tabuisieren»

Das wird mehr als nur kompensiert durch den Hang, Probleme zu schaffen, die keine wären.
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wintergrün
04.10.2023 18:45registriert Dezember 2017
Guter Mann - den hätte ich gerne als Bundesrat.
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Fairness
04.10.2023 18:34registriert Dezember 2018
Für mich ist er absolut fähig ein guter Bundesrat zu sein. Er ist mit Sicherheit keine Schlafmütze und wie Beat Jans der Beste, der sich zur Wahl stellt.
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