Wie geht’s?
Laura Zimmermann: Gut! Seit einer Woche sitze ich im Home Office im Tessin.
Die Operation Libero kommuniziert also auch via Videokonferenz …
Ganz genau. Die Umstellung war aber gar nicht so gross, das haben wir auch schon vor Corona gemacht, einige Mitglieder schalten sich ja auch regelmässig aus der Westschweiz dazu.
Seit den Wahlen 2019 hat man von den Liberos kaum mehr was gehört. Hat die Coronakrise die Bewegung lahmgelegt?
Noch Anfang Jahr wären wir eigentlich bereit für den Abstimmungskampf gewesen. Doch dann hat die Pandemie unseren gesamten Terminkalender durcheinandergewirbelt. Wir wollten kein politisches Kapital aus der Krise schlagen. Wir haben uns tatsächlich zurückgehalten.
Am Sonntag folgte die erste Schlagzeile des Jahres: Die Gründerin und Ihre Co-Präsidentin Flavia Kleiner bricht nach sechs Jahren zu neuen Ufern aus. Übernehmen Sie jetzt das Zepter?
Ich habe weiterhin Lust, mich für die Operation Libero zu engagieren, und werde auch weiterhin Co-Präsidentin bleiben. Es widerstrebt aber dem Aufbau unserer Organisation, jemanden alleine an der Spitze zu haben. Libero ist und bleibt eine Teamleistung. Wer mich im Co-Präsidium unterstützen wird, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt kommunizieren.
Auf Twitter wünschen Sie Ihrer Co-Präsidentin Flavia Kleiner alles Gute und sprechen von einer neuen Ära.
Ich habe das zweideutig gemeint: Einerseits nahm ich Bezug auf die Aussage von Flavia, dass nun die Blocher-Ära vorbei sei. Andererseits folgt nun auch die Ära, wo die Operation Libero sozusagen aus der Gründungszeit in eine neue Phase übertritt.
War die Zeit dazu reif?
Die letzten Jahre waren für alle sehr prägend. Das Team hat sich verändert, wir haben viele Schlachten bestritten, die uns extrem zusammengeschweisst haben. Unser Baby ist jetzt aber grösser geworden. Jetzt dürfen wir nicht stehen bleiben. Veränderungen bringen immer auch etwas Gutes mit sich.
Sie haben bei den Wahlen im Oktober einen herben Dämpfer erlitten. Von 38 empfohlenen Kandidaten schafften es knapp zehn in den Nationalrat. Das ist weniger als ein Drittel. Ist die Idee, den politisch institutionellen Weg zu beschreiten, gefloppt?
Es war nie der Anspruch, alle 38 KandidatInnen reinzubringen, sondern neue Mehrheiten zu ermöglichen. Aber ich bin einverstanden, dass unser Wahlprojekt nicht nur super lief. Wir haben das Ergebnis intensiv diskutiert und unsere Schlüsse daraus gezogen. Der Antritt an den Wahlen war ein Versuch wert. Nun müssen wir uns überlegen in welche Richtung es in Zukunft gehen soll: Wir wollen mit unserem Handeln grösstmöglichen Impact – und gehen deshalb offen an die Frage heran, wie wir zukünftig diesem eigenen Anspruch gerecht werden können.
Mit dem Wahl-Flop wird es wohl auch schwierig werden, politisch gestaltend einzugreifen. Wird es bei der bekannten Abwehrschlacht bleiben?
Das Parlament wurde mit den letzten Wahlen jünger und weiblicher, das sind doch gute Voraussetzungen! Wir mussten uns in den letzten Jahren tatsächlich auf die Abwehrschlachten konzentrieren. Der Name Libero rührt auch daher: Wie im Fussball übernahmen wir die defensive Spielerposition. Doch es ist langsam an der Zeit, dass wir nun den entscheidenden Pass selbst spielen und proaktiv werden. Wir haben den Anspruch, das Chancenland Schweiz aktiv mitzugestalten. Wie wir das genau angehen, wird derzeit intensiv diskutiert.
Ihre Defensivkünste werden bereits im September wieder auf die Probe gestellt. Der Kampf gegen die Begrenzungs-Initiative der SVP steht bevor.
Wir befinden uns nun endlich wieder in den Startlöchern. Der Abstimmungskampf wird enorm wichtig werden. Die Begrenzungs-Initiative ist die böse Zwillingsschwester der Masseneinwanderungs-Initiative (MEI). Da schliesst sich sozusagen ein Kreis, weil die Operation Libero ja aus Frust nach der Annahme der MEI gegründet wurde.
Es scheint fast so, als juckt es Sie unter den Fingern.
Das tut es tatsächlich (lacht). Ich freue mich darauf, endlich wieder diskutieren zu können. Es ist höchste Zeit, wieder politische Debatten zu führen. Auch wenn sie anders sein werden als noch vor Corona.
Die Coronakrise hat Europa und die EU auf eine harte Probe gestellt. Jeder wurstelt für sich. In Frankreich frohlockte Marine Le Pen, dass das erste Opfer des Coronavirus die EU sei. Lohnt es sich überhaupt noch, für ein solches Konstrukt zu kämpfen?
Logisch sagt das Marine Le Pen und der gesamte Chor der europäischen Nationalisten stimmt mit ein. Natürlich muss man die EU auch kritisch beäugen. Das war schon immer ein Teil unserer Europapolitik. Bei aller Imperfektion: Die EU steht weiterhin als Garant für Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit. Wir müssen dringend damit beginnen, grundsätzlich anders über die EU zu sprechen.
Mit Libero tschutten heute allerhöchstens noch die Senioren.
Alle Abstimmungen bei denen sie sich eingemischt haben, war eine breite Allianz der gleichen Meinung und hat den Unterschied gemacht. Ich verstehe den Nutzen dieses Vereins echt nicht.