371 Personen möchten mit der Sarco-Todeskapsel in der Schweiz sterben. Das schreibt The Last Resort, die Organisation hinter der Suizidkapsel, in einem aktuellen Update auf ihrer Website. Derzeit würden keine neuen Anträge angenommen, heisst es auf der Website. Das Aufnahmeverfahren bleibe so lange geschlossen, wie die Untersuchungen in der Schweiz andauern.
Die Organisation von Willet stellt sich in der ersten ausführlichen Stellungnahme nach dem Tod einer 64-jährigen Amerikanerin weiterhin auf den Standpunkt, dass beim Sarco-Einsatz keine Gesetze verletzt worden seien und alles rechtmässig gewesen sei. Dabei betonen sie vor allem, dass keine selbstsüchtigen Motive verfolgt wurden. Es seien keine Gebühren erhoben worden und niemand habe durch den Tod einen persönlichen Vorteil erhalten.
Wiederholt wurden gegenüber der Organisation Zweifel in diesem Punkt laut. Auch jene Frau, die früher im Sommer mit Sarco aus dem Leben scheiden wollte, betonte in einem Brief, dass sie wiederholt finanziell ausgenutzt worden sei. Sie schied schliesslich mit einer anderen Organisation in der Schweiz aus dem Leben. Wie bürokratisch der Tod auch bei Sarco abläuft, zeigt der Schluss der Mitteilung: Das Sterben sei kostenlos «mit Ausnahme von 18 Franken, das sind die Kosten für den benötigten Stickstoff».
So klar wie The Last Resort sehen die Behörden die Rechtslage offensichtlich nicht. Unmittelbar nach dem ersten Einsatz von Sarco wurden mehrere Personen verhaftet. Darunter auch Florian Willet, der Präsident von The Last Resort. Er befindet sich immer noch in Untersuchungshaft, wie die Schaffhauser Staatsanwaltschaft auf Anfrage von CH Media bestätigt. Gegen ihn wurde ein Verfahren «wegen Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord» eröffnet. Die anderen Verhafteten befinden sich mittlerweile wieder auf freiem Fuss.
Im Sarco-Fall haben die Behörden offensichtlich noch mehr Klärungsbedarf. In den Niederlanden wurde in der Organisation des Sarco-Erfinders Philip Nitschke auf Ersuchen der Schweizer Behörden eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Im Statement von The Last Resort heisst es, dass Nitschke für «eine Befragung in der Schweiz verfügbar» wäre. Das gelte auch für Fiona Stewart, die Geschäfts- und Lebenspartnerin von Nitschke. Die beiden gelten als die treibenden Kräfte hinter Sarco.
Bei der Schaffhauser Staatsanwaltschaft gibt es derzeit keine weiteren Auskünfte über das laufende Verfahren. Auch ob Nitschke und Stewart bereits vernommen wurden, kommentieren die Ermittler nicht.
Sicher ist: Die Bemühungen aus der Politik, den rechtlichen Rahmen für Sarco zu konkretisieren, laufen. Die Zürcher SVP-Nationalrätin Nina Fehr-Düsel hat ihre Ankündigung wahr gemacht und fordert den Bundesrat auf, zu prüfen, wie ein Verbot der Suizidkapsel umgesetzt werden könnte. Und Patrick Hässig (GLP/ZH) will wissen, welche rechtlichen Anpassungen nötig wären, damit Sterbewillige «nicht in die Illegalität gedrängt» werden.
Der Bundesrat hat seine Haltung eigentlich bereits klargemacht: In der Fragestunde betonte Elisabeth Baume-Schneider, dass Sarco nicht rechtskonform sei. Praktisch zeitgleich mit der bundesrätlichen Antwort kam die Suizidkapsel zum ersten Mal zum Einsatz. Das sei «reiner Zufall» gewesen, sieht sich The Last Resort in seiner Mitteilung bemüssigt zu betonen. Die Organisation sieht sich auch wegen ihres Drangs nach Öffentlichkeit in der Kritik: Bei der Sarco-Premiere war eine Pressefotografin aus den Niederlanden mit dabei.