Erwin Beyeler, Bundesanwalt von 2007 bis 2011, war eine Art Reisemuffel. Er solle mehr Auslandreisen absolvieren und internationale Kontakte pflegen, wurde ihm bisweilen vorgehalten.
Derartige Vorwürfe muss sich Beyelers Nachfolger Michael Lauber (51) nicht anhören. Er ist oft und gerne auf Dienstreise. Und während sich Beyeler kein einziges Mal mit dem Bundesratsjet transportieren liess, greift Lauber gerne auf dieses prestigeträchtige und exklusive Luftverkehrsmittel zurück.
Sechs Mal war der weltgewandte Wahl-Zürcher bisher mit dem Bundesratsjet auf sogenannter Auslandmission. Im Schlepptau jeweils eine Delegation von bis zu fünf Personen. Das geht aus einer Liste hervor, die die Bundesanwaltschaft auf Anfrage der «Nordwestschweiz» herausgab.
Zwischen 2013 und 2016 begab sich Lauber auf diese Weise drei Mal nach Kairo (Ägypten). Es ging jeweils um Gespräche im Zusammenhang mit dem «Arabischen Frühling» und der Geldwäscherei-Problematik, wie den jeweiligen Pressemitteilungen der Bundesanwaltschaft zu entnehmen ist.
Im September 2013 flog Lauber im Bundesratsjet ins ferne Astana, Kasachstan. Zu einem «Treffen mit dem Generalstaatsanwalt von Kasachstan im Kontext von Strafverfahren der Bundesanwaltschaft, in denen grundsätzliche Fragen der Rechtshilfe besprochen wurden», so die Bundesanwaltschaft. Mit dabei bei der Reise zum Regime eine vierköpfige Delegation.
Im August 2014 gings per Bundesjet sogar ins ferne russische Irkutsk, wohl etwa neun Flugstunden entfernt. «Anlässlich einer internationalen Konferenz zum Thema Geldwäscherei bilaterale Treffen mit mehreren an der Konferenz teilnehmenden Generalstaatsanwälten», so die Bundesanwaltschaft. Eine weitere Reise führte im Oktober 2015 nach Tunis. «Stärkung der Geldwäschereiverfahren», lautete der Titel einer Pressemitteilung.
Das macht, Rückflüge mitgerechnet, insgesamt über 50 Flugstunden im Bundesratsjet. Was den Bund etwa eine halbe Million Franken gekostet haben dürfte.
Erstaunlich ist da unter anderem: Zumindest im Fall der Reise nach Irkutsk flog Lauber mit dem Bundesratsjet, die restlichen Mitglieder der Delegation aber mit einem Linienflugzeug. Das jedenfalls gab die Bundesanwaltschaft gegenüber der «NZZ am Sonntag» an. Damit aber fielen natürlich weitere Kosten an. Wo sich die Bundesanwaltschaft doch über angeblich zu knappe Finanzen beklagt.
Warum benutzt Lauber überhaupt den Bundesratsjet? Die Bundesanwaltschaft: «Bei Dienstreisen des Bundesanwalts ins Ausland wird das Transportmittel, Linienflug oder Nutzung des Lufttransportdienstes des Bundes, abhängig von der jeweiligen Einschätzung der Sicherheitslage gewählt. Der Bundesanwalt hält sich immer nur so lang wie unbedingt nötig im Ausland auf, und er fliegt nur dann im Bundesratsjet, wenn es die Sicherheit verlangt.»
Nur: Was ist unter «Sicherheitsgründe» genau zu verstehen? Von der «Nordwestschweiz» befragte Insider rätseln, was damit gemeint sein soll. «Dann könnte Lauber ja nicht ohne Bodyguard durch die Stadt laufen», sagt einer. Alle halten den Verweis auf Sicherheitsbedenken für eine schiere Ausrede.
Die Bundesanwaltschaft verspricht, diese Frage bis Ende Woche zu beantworten.
Ein Mitarbeiter eines früheren Bundesanwalts erinnert sich: Ein einziges Mal habe man auf den Bundesratsjet zurückgegriffen. Aber nicht, um den Bundesanwalt zu transportieren. Sondern um Pietro Grasso, den Leiter der italienischen Antimafia-Staatsanwaltschaften, in Rom abholen zu lassen. Grassos Name stand auf der Todesliste der Mafia. Er hatte nach der Ermordung von Mafia-Jäger Giovanni Falcone dessen Aufgaben übernommen.
Ganz so schlimm wird es um unseren Bundesanwalt nicht stehen.
Die Bundesfliegerflotte, die auch Helikopter umfasst, kommt bei Lauber indes nur beim Auslandverkehr zum Zug. «Innerhalb der Schweiz reist der Bundesanwalt aus grundsätzlichen Überlegungen (Arbeitsmöglichkeiten) wenn immer möglich mit dem Zug», so die Bundesanwaltschaft. Wenn nicht, könne er für dienstliche Reisen den Fahrdienst des Bundes in Anspruch nehmen. Und: «Helikopterflüge hat es bisher keine gegeben.» (aargauerzeitung.ch)