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Tarnkappen-Bomber im Anflug – was macht jetzt der Bundesrat?

FILE - In this Sept. 19, 2019 file photo, an F-35 fighter jet arrives at the Vermont Air National Guard base in South Burlington, Vt., United States. Israeli Defense Minister Benny Gantz is headed to  ...
Der F-35 hat offenbar die Schnauze vorn.Bild: keystone

Tarnkappen-Bomber im Anflug: Der Bundesrat steht vor einem heiklen Entscheid

Laut Medienberichten gewann der hochgezüchtete US-Jet F-35 die Evaluation so klar, dass Verteidigungsministerin Viola Amherd ihn als neuen Schweizer Kampfjet vorschlagen muss.
22.06.2021, 05:3922.06.2021, 07:36
Henry Habegger / ch media
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Die Hinweise verdichteten sich seit Ende letzter Woche. «Es ist offenbar der F-35», sagte eine Quelle am Donnerstag. «Die Spatzen pfeifen es von den Dächern».

Ein anderer Beobachter hatte erfahren, dass einer der Jets die Evaluation durch das Bundesamt für Rüstung Armasuisse ganz klar für sich entschieden hatte. Auch diese Aussage deutete auf den einstrahligen US-Jet F-35 hin. Er ist der einzige Jet der neusten Generation, während die drei anderen, die zweimotorigen Rafale (Dassault), Super Hornet (Boeing) und Eurofighter (Airbus), älterer Bauart sind.

Diese vier Kampfjets sind in der engeren Auswahl:

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Diese vier Kampfjets sind in der engeren Auswahl
Eurofighter (Airbus, Deutschland),
quelle: epa/epa / clemens bilan
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F-35 soll das beste Preis-Leistungsverhältnis haben

Am Montag nun berichteten die NZZ und die «Rundschau» des Schweizer Fernsehens übereinstimmend: Der F-35, ein Tarnkappen-Bomber, habe die Schweizer Ausmarchung klar gewonnen, sowohl technisch wie auch finanziell. Verteidigungsministerin Viola Amherd (Die Mitte) bleibe somit faktisch nichts anderes übrig, als dem Bundesrat den umstrittenen Super-Jet zum Kauf zu beantragen. Das Geschäft soll am Mittwoch im Bundesrat behandelt werden, allenfalls fällt der Entscheid aber erst eine Woche später. Laut NZZ ist das Dossier jedenfalls bereits seit letztem Freitag bei Amherds Regierungskollegen – was auch die jetzigen Indiskretionen erkläre.

Amherd selbst gilt tendenziell als Anhängerin einer europäischen Lösung (Rafale oder Eurofighter). Aber in der Regierung und unter bürgerlichen Sicherheitspolitikern gab es von Anfang an auch Anhänger der US-Jets. Mit eine Rolle spielt die Debatte um die Europapolitik der Schweiz und ihr Verhältnis zu den USA. So liebäugelt der Bundesrat mit einem Handelsabkommen mit den Amerikanern. Der Gesamtbundesrat kann sich über das Resultat der Evaluation hinwegsetzen und ein anderes Flugzeugen wählen. Das letzte Wort über das Rüstungsprogramm hat das Bundesparlament.

Zwar modern, aber pannenanfällig und teuer im Unterhalt

Laut NZZ gibt es Widerstand aus dem Aussendepartement EDA von Bundesrat Ignazio Cassis (FDP) gegen den US-Jet. Das EDA wolle einen Europäer, um die EU nach dem Abbruch der institutionellen Verhandlungen milde zu stimmen. Auch das Finanzdepartement von Ueli Maurer (SVP) stelle sich quer. Dies im Sinne des ehemaligen Armeechefs André Blattmann, der in einem Papier an bürgerliche Persönlichkeiten einen «Kompromiss» verlange: Statt 30 bis 40 solle die Schweiz nur 20 Jets kaufen. Sonst fehle der Armee das Geld für wichtigere Investitionen.

Der F-35 ist das modernste Flugzeug im Rennen, aber er steht ausgerechnet bei den US-Streitkräften massiv in der Kritik, weil er pannenanfällig und teuer im Unterhalt sei. Das Triebwerk zeige sehr frühe Verschleisserscheinungen. Der hoch entwickelte Jet gilt gemäss Beobachtern andererseits für die Schweiz mit ihren Luftpolizeieinsätzen mit einem Triebwerk als untermotorisiert. Für Luftpolizeieinsätze sei es wichtig, möglichst schnell «oben» zu sein, und da schneide der Tarnkappen-Jet schlecht ab.

Wasser auf die Mühle von linker Volksinitiative

Entscheiden sich Bundesrat und Parlament wirklich für den F-35, dann ist das ein gefundenes Fressen für die Kampfjet-Kritiker von SP, Grünen und Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA). Sie wollen eine Volksinitiative lancieren, wenn die Wahl auf einen US-Jet fällt. Der fliegende Super-Computer F-35, bei dem die Datensicherheit nicht gewährt sei und die CIA immer mitfliege, eignet sich vortrefflich für einen Abstimmungskampf.

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quelle: keystone / christian brun
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179 Kommentare
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p4trick
22.06.2021 05:53registriert März 2017
Also verstehe ich das richtig die Schweiz braucht Jets um A) mit den USA ein Freihandelsabkommen zu erreichen oder B) die EU milde zu stimmen.
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Special K
22.06.2021 07:28registriert August 2016
Wofür brauchen wir die Dinger nochmal? Ich meine, das WEF ist weg, also…

Aber Spass beiseite, für die Sicherung des Luftraums über der Schweiz wäre eine Zusammenarbeit mit den umliegenden Ländern wichtig. Wäre da ein europäisches Modell nicht naheliegender?
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Zeit_Genosse
22.06.2021 08:26registriert Februar 2014
Woher habt ihr den mit dem „Bomber“?

Selbst ein kurzer check auf Wikipedia hätte genügt um zu sehen, dass es ein „Mehrzweckkampfflugzeug“ mit Tarneigenschaften ist.

„stealth multirole combat aircraft“

Etwas genauer hilft in der emotionalisierten Debatte schon.
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