Die Schweiz bildet in Europa das Schlusslicht in Bezug auf die Unterstützung junger Eltern. Sie kennt keine gesetzliche bezahlte Elternzeit. Die Eidgenössische Koordinationskommission für Familienfragen (EKFF) empfiehlt nun eine Elternzeit von 38 Wochen.
Die EKFF hat ein Forschungsbüro damit beauftragt, die zwischen 2010 und 2017 veröffentlichte Literatur zu den Auswirkungen einer Elternzeit und eines Mutter- oder Vaterschaftsurlaubs zu analysieren und einen Vergleich zwischen verschiedenen OECD-Ländern zu erstellen.
Den Ergebnissen der am Montag veröffentlichten Analyse zufolge bietet eine Elternzeit nicht nur Vorteile für Eltern und Kind, sondern auch für Gesellschaft und Wirtschaft. Alle Länder, die eine Elternzeit eingeführt haben, hätten diese auch beibehalten.
Das Schlusslicht in Bezug auf die Unterstützung junger Eltern bilde die Schweiz, die keine gesetzliche bezahlte Elternzeit kennt. Die EKFF äussert sich in einer Medienmitteilung überzeugt, dass die Einführung einer Elternzeit, die zwischen beiden Elternteilen aufgeteilt werden kann, sich positiv auf die Familien und die Gesellschaft auswirken würde.
Anhand der jüngst veröffentlichten Literatur hat die EKFF ihren Modellvorschlag aus dem Jahr 2010 überprüft und «mit Genugtuung» festgestellt, dass das 38-Wochen-Modell seine Gültigkeit behalten habe. Sie empfiehlt, acht Wochen der Elternzeit den Vätern vorzubehalten, da diese Zeit die Vater-Kind-Beziehung langfristig positiv beeinflusse.
Mit der Elternzeit könnte die Erwerbsquote der Frauen erhöht werden, was dem Fachkräftemangel entgegenwirken würde, argumentiert die EKFF. Ausserdem könnten Mütter, die dies wollen, ihren Beschäftigungsgrad erhöhen.
Eine Studie aus dem Jahr 2010 schätzt die Kosten des EKFF-Modells auf 1 bis 1.5 Milliarden Franken. Mit einer Erhöhung der Erwerbsquote der Frauen um 1 Prozent und den dadurch generierten Steuereinnahmen wären die Kosten einer vollständig bezahlten Elternzeit von 18 bis 20 Wochen bereits gedeckt, schreibt die Kommission.
Der EKFF gehören 15 Mitglieder aus familienpolitischen Organisationen, Instituten der Familienforschung und Fachleute aus dem Sozial-, Rechts- und Gesundheitsbereich an.
Im Juni 2017 war die Volksinitiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub - zum Nutzen der ganzen Familie» eingereicht worden. Urheber sind die Organisationen Travail.Suisse, männer.ch, Alliance F und Pro Familia Schweiz. Sie verlangt vier Wochen Vaterschaftsurlaub, was der Bundesrat als zu teuer erachtet.
Die FDP-Liberale Fraktion hat ein eigenes Konzept für einen möglichen indirekten Gegenvorschlag zu der Initiative beschlossen. Kernpunkt: Neu 16 Wochen Elternurlaub statt wie bisher 14 Wochen Mutterschaftsurlaub. Von den 16 Wochen für die Eltern wären acht fix für die Mutter und weitere acht könnten flexibel und einvernehmlich auf beide Eltern verteilt werden (bei Nichteinigung 14 Wochen für die Mutter, zwei für den Vater).
Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates schliesst einen eigenen Gegenvorschlag nicht aus. Am (morgigen) Dienstag berät sie weiter über die Volksinitiative. (sda)