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Schweiz: Die Feuerwerk-Branche kommt immer mehr unter Beschuss

Erlischt die Tradition Feuerwerk? Die Branche kommt immer mehr unter Beschuss

Viele Kantone, Gemeinden und Private wollen dieses Jahr nichts wissen von 1.-August-Böllern. Feuerwerker vermuten, dass die Trockenheit zum Teil nur vorgeschoben ist. Das Gewerbe steht auch in feuchteren und kühleren Jahren unter Druck.
31.07.2022, 05:55
Pascal Ritter / ch media
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Eigentlich wäre der 1. August einer der schönste Tage im Jahr für Riccarda Darnuzer. Die ausgebildete Pyrotechnikerin aus Unterengstringen im Kanton Zürich brennt für Feuerwerk. Am liebsten sieht sie die farbigen Glitzer am Himmel in Kombination mit Musik. Der Moment, wenn die Funken genau im Takt einer Ballade sprühen, ist für sie der schönste.

Blick auf das Feuerwerk "Fire on the rocks" am Himmel ueber dem Rheinfall, anlaesslich des Nationalfeiertags, am Dienstag, 31. Juli 2018, in Neuhausen am Rheinfall. (KEYSTONE/Melanie Duchene ...
Feuerwerk ist nach wie vor beliebt,steht aber in der Kritik: Lichterzauber über dem Rheinfall bei Neuhausen am Dienstag, 31. Juli 2018.Bild: KEYSTONE

Eigentlich sind Feuerwerke nach wie vor beliebt. Silvester- oder Seenachtsfeuerwerke ziehen Tausende Besucher an. Und der Verbrauch schwankt jährlich zwischen 1200 und 2300 Tonnen zwar relativ stark, ein tendenzieller Rückgang ist aus der Statistik aber nicht herauszulesen. Im letzten Jahr wurden in der Schweiz rund 1500 Tonnen Feuerwerk abgebrannt.

Eigentlich hätten die Feuerwerksfreunde, deren Vizepräsidentin Darnuzer ist, sechs Mal einen Auftritt gehabt am 1. August-Wochenende. Doch fünf davon wurden wieder abgesagt. Wälder und Wiesen seien so trocken, dass sie sich bei einem Feuerwerk zu entzünden drohen, sagen die Behörden.

Landauf, landab wurden 1.-August-Feuerwerke abgesagt. Kantone wie der Aargau haben ein absolutes Feuerverbot erlassen, Zürich und andere überlassen es den Gemeinden, ob sie Feuerwerk ganz verbieten wollen. Feuerwerke in oder in der Nähe des Waldes ist praktisch überall verboten.

Riccarda Darnuzer aus Unterengstringen brennt für Feuerwerk. Nicht für jedes Verbot hat sie Verständnis.
Riccarda Darnuzer aus Unterengstringen brennt für Feuerwerk. Nicht für jedes Verbot hat sie Verständnis.Bild: severin bigler / ch media

Ein Flickenteppich an Verboten, fast wie zu Corona-Zeiten

Der Flickenteppich an Verboten führt zu skurrilen Situationen. Das Schützenhaus, wo Riccarda Darnuzer gerade dabei ist, einen Feuerwerksverkaufsstand einzurichten, liegt an der Grenze von drei Gemeinden. In Schlieren und Dietikon sind Feuerwerke verboten. In Unterengstringen und im daran angrenzen Weiningen sind Raketen, Vulkan und Böller mit Abstand zum Wald erlaubt. Auch in der nahe gelegenen Stadt Zürich, darf auf festem Untergrund Feuerwerk gezündet werden. Die Feuerwerksfreunde, welche den Stand ab Samstag betreiben, wollen ihre Kunden auf die Verbote hinweisen. Sie warten aber noch mit dem Ausdrucken der Tabelle. Vielleicht kommt ja noch ein weiteres Verbot hinzu. Darnuzer sagt:

«Ich finde es schade, dass es dieses Jahr kaum Feuerwerk geben wird. Es ist eine schöne Tradition, die wir gerne weiter pflegen würden.»

Und sie verweist auf die Möglichkeit, dass ausgebildete Pyrotechniker trotz eines allgemeinem Verbots ein Feuerwerk unter Auflagen und mit einem Schutzkonzept abbrennen dürften. Nur selten machten Gemeinden aber von der Ausnahmeregelung gebrauch.

Im Gespräch mit Personen aus der Feuerwerksbranche fällt der diplomatische Ton auf. Nicht nur Darnuzer, sondern auch Hanspeter Krieg, der ihn Bern den Feuerwerksladen «Knallfred» betreib oder Alain Stucki, der in Wil in dritter Generation mit Feuerwerk handelt, distanzieren sich von vorzeitigem oder illegalen Geböllere oder betonen, immer darauf hinzuweisen, dass die Überreste von Feuerwerk korrekt entsorgt werden sollten.

Für das Verbot von Feuerwerk im Wald und in Waldesnähe bringen alle befragten grosses Verständnis auf. Geht es um das allgemeine Verbot, werden die Voten deutlicher. «Es kann doch nicht sein, dass man in einigen Kantonen zwar im Garten ein Feuer, aber kein bengalisches Zündhölzli oder eine Tischbombe zünden kann», sagt Stucki aus Wil. Ihn stören die rigorosen Verbote. Er erinnert an den Sommer 2018, als es das letzte Mal grossflächige Verbote wegen Trockenheit hab. Damals seien die Wiesen braun gewesen, heute seien sie noch grün. Er überlegt sich nun gegen das Verbot in der Stadt Wil, wo sein Betrieb beheimatet ist, rechtlich vorzugehen. Der Kanton St. Gallen erlaubt Feuerwerke fern vom Wald, die Gemeinden dürfen aber strenger sein.

Auch der Berner Knallfred-Besitzer Krieg ist nicht einverstanden, mit den allgemeinen Verboten. Er hat den Laden im Jahr 2018 übernommen. Corona hat seinem Geschäft zu schaffen gemacht. Mit dem 1. August erlischt nun ein weiterer Hoffnungsschimmer. Er vermutet, dass nicht nur die Trockenheit, sondern auch der Zeitgeist eine Rolle spielt bei den Verboten. Feuerwerk kommt zunehmenden von Umwelt- und Tierschützern unter Druck.

Meteorologisch gibt es gute Argumente für ein Verbot. Gemäss Wetterdaten, welche Meteo Schweiz auf Anfrage zusammengetragen hat, ist die Situation im historischen Vergleich extrem. Er dürfte im Flachland auf der Alpennordseite der viertwärmste Juli seit Messbeginn werden. Und nur in sieben Jahren fiel weniger Regen im Juli als dieses Jahr. Auch die Vormonate waren sehr trocken. Zudem können Brände schon ausbrechen, bevor die Trockenheit augenfällig ist.

Niederschlag 01.05.2022 – 29.07.2022, Verhältnis zur Norm (%) (Ref. 1991 – 2020)

Die Grafik zeigt, dass zwischen Mai und Ende Juli in der Schweiz sehr wenig Regen gefallen ist.
Die Grafik zeigt, dass zwischen Mai und Ende Juli in der Schweiz sehr wenig Regen gefallen ist.bild: meteo schweiz

Doch es stimmt, dass auch in feuchteren und kälteren Jahren das Feuerwerken unter Druck ist. Das grösste Volksfest der Schweiz, das «Züri Fäscht», dürfte künftig ohne Feuerwerk stattfinden. Die tonangebenden grünen und sozialdemokratischen Parteien wollen, dass es 2024 zum letzten Mal knallt und funkelt über dem Seebecken. «Der Lärm verschreckt Mensch und Tier, es wird Feinstaub produziert und Seewasser verschmutzt», begründete der grüne Lokalpolitiker Balz Bürgisser das Ansinnen gegenüber der «NZZ». Auch dass die Stiftung My Climate vorrechnete, Feuerwerk mache nur 0.2 Prozent der Emissionen des Volksfestes aus, stimmt die Grünen nicht um. Es gehe auch um die Signalwirkung.

Die Stadt Bern verbannte im letzten Sommer das Feuerwerk definitiv aus den Gassen der Altstadt. Damit Bern lebenswert bleibe, müsse die historische Altstadt vor Feuerwerk geschützt werden, heisst es. Migros verzichtet dieses Jahr ganz auf den Verkauf von Feuerwerk, Coop in gewissen Regionen.

Die Initiative bestimmt schon jetzt die Stimmung

Die grösste Gefahr droht der Tradition Feuerwerk aber von Roman Huber und seinen Mitstreitern, welche für die Volksinitiative «für eine Einschränkung von Feuerwerk» Unterschriften sammeln. Die «Einschränkung» hat es in sich. Alles, was knallt, soll verboten werden. Allerdings könnten Kantone Anlässen von überregionaler Bedeutung eine Ausnahmebewilligung erteilen. Feuerwerk von Gemeinden wären also noch möglich.

Die Initiative wirkt schon, bevor sie zustande gekommen ist. Riccarda Darnuzer von den Feuerwerksfreunden sagt, seit der Lancierung der Initiative sei die Stimmung vergiftet. «Früher konnte man auch mit Hündelern noch normal über Feuerwerk diskutieren, nun verhärten sich die Positionen», bedauert sie. Die Feuerwerkkritik sei im Mainstream angekommen und viele Politiker würden sich diesem Mainstream beugen. Sie seien weniger bereit, Feuerwerk zu ermöglichen.

Darnuzer verkauft nun noch bis am Montagnachmittag Feuerwerk in Unterengstringen. Dann wird sie mit ihren Feuerwerksfreunden einen sicheren Platz suchen in einer Gemeinde, die Feuerwerk erlaubt. Dort werden sie ein paar Raketen abschiessen. Nicht wie sonst mit digitalem Zünder, Software und Musikbegleitung, sondern mit Zündholz und Zündschnur. Es könnte trotz allem ein schöner Tag werden. (aargauerzeitung.ch)

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Knut Knallmann
31.07.2022 06:18registriert Oktober 2015
Die grossen und geplanten Feuerwerke finde ich persönlich ehrlich gesagt cool, auch wenn sie bezüglich Lärmbelastung und Luftverschmutzung alles andere als unproblematisch sind. Viel mehr Mühe hab ich mit dem sinnlosen Rumgeknalle überall in den Strassen. Nicht nur liegt danach überall Müll rum, die Böller werden häufig auch ohne Rücksicht auf die Uhrzeit oder Anwohner abgelassen.
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Spitzbueb
31.07.2022 06:15registriert Dezember 2020
Es ist weitestgehend sinnbefreit was von Privaten abgefeuert wird nach dem Motto: meine Rakete ist lauter. Da tun mir die Tiere leid. Ein professionelles Feuerwerk der Gemeinde kommt allen zugute, ist schöner und macht mehr Sinn.
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Auster N
31.07.2022 06:10registriert Januar 2022
Diese debile Knallerei ist seit mehr als 60 Jahren äusserst fragwürdig und eine totale Schweinerei für die Umwelt. Das gleiche gilt auch für Silvester. Dieser Blödsinn muss endlich aus unseren Leben verschwinden. Für immer. Warum? Waldbrand, Fingerverlust, Hausbrand und der Dreck (Luft und Boden). Reicht das.
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