2022 flogen Schweizerinnen und Schweizer über 35’000 Mal mit Privatjets – und verursachten damit einen CO₂-Ausstoss von über 166'000 Tonnen. Die Schweiz rangiert mit diesen Zahlen auf Platz 6 aller europäischen Länder, das zeigt eine Auswertung der Umweltorganisation Greenpeace.
Greenpeace hält in einer Medienmitteilung fest: «Sie [die Privatjet-Flüge] verursachten 166’000 Tonnen CO₂. Das entspricht den durchschnittlichen CO₂-Emissionen von fast 38’000 Einwohner:innen pro Jahr. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von 83 Prozent.»
Privatjets stossen in nur drei Flugstunden zwischen drei und fünfzehn Tonnen CO₂ aus. Zum Vergleich: Der Schweizer Durchschnittsbürger sorgt in einem ganzen Jahr für einen CO₂-Ausstoss von rund fünfzehn Tonnen. Dies findet Nathan Solothurmann, Klimaexperte bei Greenpeace Schweiz, nicht korrekt: «Die Zunahme von Flügen mit Privatjets ist stossend und zutiefst ungerecht: Während sich viele Menschen um die Zukunft ihrer Kinder sorgen und versuchen, den Konsum und ihre Emissionen zu senken, kümmern die Erkenntnisse aus der Klimawissenschaft einige Superreiche nicht.»
Die SonntagsZeitung ist den Zahlen in einer umfänglichen Recherche auf den Grund gegangen und hat eruiert, welche Personen in der Schweiz mit ihren Privatjets wie viel CO₂ ausgestossen haben.
Der Jet der Roche-Erbin Gigi Oeri flog rund hundertmal die Strecke Basel – Ibiza. Dazu kamen 29 andere Reisen an verschiedene Destinationen. Ihr Jet, ein Falcon 2000LX, stiess im Jahr 2022 rund 600 Tonnen CO₂ aus.
Oeri würde die Flüge oft mit Einsätzen für ihre Stiftung kombinieren, schreibt die «SonntagsZeitung», was genau bei diesen Reisen erledigt werde, sei aber nicht klar. Doch aus spanischen Medienberichten gehe eine heisse Spur hervor, die «SonntagsZeitung» schreibt: «Demnach fliegt eine Stiftung von Gigi Oeri Strassenhunde aus Ibiza mit dem Privatjet zur Adoption in die Schweiz.»
Nick Hayek, der CEO von Swatch, und seine Familie fliegen ebenfalls fleissig mit dem Privatjet um die Welt. Die «SonntagsZeitung» schreibt, dass der Familienjet, die Embraer Phenom 300, 2022 149-mal abhob und damit rund 240 Tonnen CO₂ ausstiess.
Doch «um die Welt» ist bei der Familie Hayek wohl eher Zürich – Grenchen oder Genf – Grenchen, denn der Flugplatz Grenchen ist laut «SonntagsZeitung» besonders oft angesteuert worden. Das hat vor allem einen Grund: Von dort erreicht man den Hauptsitz der Swatch-Gruppe in Biel in rund 15 Minuten mit dem Auto.
Der Schweizer Luxusuhrenhersteller Rolex ist ebenfalls eine treibende Kraft für die CO₂-Bilanz der Schweiz – laut der «SonntagsZeitung» stiessen die beiden Firmenjets 2022 3000 Tonnen CO₂ aus.
Die zwei Firmenjets seien vorwiegend auf kurzen Strecken unterwegs. Die «SonntagsZeitung» schreibt: «So flogen die Rolex-Jets letztes Jahr regelmässig die Strecken Genf–Genua, Genf–Mailand, Genf–Zürich oder Genf–Paris, obwohl es zwischen diesen Städten schnelle Zugverbindungen gibt.»
Nicht nur Greenpeace ist entsetzt über die Zahlen – die Studie und der Artikel in der «SonntagsZeitung» stossen auch einigen linken Politikern sauer auf.
Der Co-Präsident der SP schreibt auf Twitter: «Wir müssen dringend mit dem Narrativ ‹Wir sind alle gleichsam Schuld an der Klimakrise› aufhören. Stimmt weder global, noch im Inland. Klimaschutz ist eine Klassenfrage.»
Wir müssen dringend mit diesem Narrativ "Wir sind alle gleichsam Schuld an der Klimakrise" aufhören. Stimmt weder global, noch im Inland. Klimaschutz ist eine Klassenfrage. Die effektivste Antwort? z.B. Erbschaftssteuern, wie sie @JusoSchweiz vorschlägt.https://t.co/wuQ3MZRovb
— Cédric Wermuth (er/ihm) (@cedricwermuth) May 14, 2023
Die Ergebnisse aus der Studie animierten den Juso-Präsidenten und Kantonsrat Nicola Siegrist, eine Anfrage im Zürcher Kantonsrat einzureichen – Betreff: «Klimazerstörung durch die Privatjets der Superreichen stoppen!»
Siegirist vertritt auch auf Twitter eine klare Haltung: «Ich will, dass der Zürcher Flughafen für diese Luxusflüge nicht mehr zur Verfügung steht. Anfrage eingereicht!»
Eine Studie zeigt, wie viel Superreiche in der Schweiz mit ihren #Privatjets herumfliegen. Kurz: zu viel. Die Reichsten zerstören unsere Zukunft für ihre Luxusreisen.
— Nicola Siegrist (@Nicola_Siegrist) May 15, 2023
Ich will, dass der Zürcher Flughafen für diese Luxusflüge nicht mehr zur Verfügung steht. Anfrage eingereicht! pic.twitter.com/FgyM81OEAs
(jub)
Immer wenn du glaubst absurder könne die Realsatire nicht werden…