Ich verabscheue euch wegen eurer Vorsätze zutiefst*
Es ist ja so: Je älter ich werde, desto kleiner wird die Gruppe Menschen, mit denen ich Silvester verbringe. Finde ich hervorragend.
Je ausgewählter die Menschen an diesem letzten Abend des Jahres (ja, ich kann dann husch pathetisch werden), desto lieber sind sie mir. Mehr Nähe. Bessere Gespräche. Ausgelassenere Home-Sause. Kein Vergleich zu den Sturm-und-Drang-Jahren in trümmligen Partylokationen mit zu vielen nervtötenden Zeitgenossen.
Doch etwas bleibt, und sei der Rahmen noch so überschaubar. Die Diskussion über die Vorsätze fürs neue Jahr.
Ein Stimmungskiller.
Ich werde dann jeweilen unhöflich wortkarg. Weil: Kann nicht mitreden. Ehrlicher: Will nicht.
Warum? Diese Gespräche langweilen mich.
Das reicht nicht als Begründung? Wartet, lasst mich Luft holen.
Die Vorsätze wiederholen sich
Ihr wollt weniger Fleisch essen? Fein, nur zu. Doch wolltet ihr das nicht schon letztes Jahr? Und das Jahr davor?
Die Vorsätze verpuffen in Nullkommanichts
Ihr wollt weniger Alkohol trinken? Kann kaum schaden. Doch wenn ihr nach dem Dry January – eine unsägliche Erfindung, indes das wäre mal ein «Wein doch», Emily, kommst du zurück? – einfach umso mehr reinbechert, wozu dann der Vorsatz?
Die Vorsätze sind unnötig
Ihr wollt mehr Sport machen? Und habt, damit ihr es auch wirklich in die Tat umsetzt, ein Fitness-Abo gelöst? Gratuliere. Aber ihr mögt Sport doch gar nicht.
(Der Vollständigkeit halber: Ich hatte es auch schon versucht mit Vorsätzen. Die Umsetzung klappte nicht. Wohl, weil ich die Vorsätze nicht wirklich umsetzen wollte. Also liess ich es. Lasse ich es. Werde es sein lassen.)
Fasst Vorsätze, hochgeschätzte Mitmenschen. Setzt sie in die Tat um. Oder auch nicht. Mir egal. Nur beelendet mich nicht mit vorhersehbaren Gesprächen darüber.
Lasst uns uns stattdessen gemeinsam darauf einigen:
Hallo, 2024! Es wird hoffentlich bestimmt fein mit dir.
* Somit zum wahren Grund dieses Kommentars: Ich habe heute schon den ganzen Tag diesen Ohrwurm von Tocotronic im Kopf: «Ich verabscheue Euch wegen Eurer Kleinkunst zutiefst». Ist ja auch eine seltsame Zeit, so zwischen den Jahren im fast leeren Büro. Ich suchte nach einer Möglichkeit, den Song aus dem Kopf zu bringen. Habe ihn deshalb in einen Titel verbannt. Wenn auch zugegeben leicht abgewandelt.
Nun habt ihr ihn. Ätsch.