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Wer Israel vom ESC ausschliessen will, zielt auf die falsche Bühne

Yuval Raphael, Israel's Eurovision 2025 representative and survivor of the Oct. 7 attacks at the Nova music festival, speaks to the media after premiering the song "A New Day Will Rise,&quot ...
Ihr Ausschluss vom ESC wird von einigen gefordert: die israelische Künstlerin Yuval Raphael.Bild: keystone
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Wer Israel vom ESC ausschliessen will, zielt auf die falsche Bühne

Nemo fordert den Ausschluss Israels vom Eurovision Song Contest. Der richtige Ort für politischen Druck ist nicht direkt die Show- – sondern vor allem die Polit-Bühne.
09.05.2025, 18:0709.05.2025, 18:24
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Es klingt mutig, was ESC-Gewinner Nemo sagt: Israel soll raus aus dem Eurovision Song Contest. Weil es Menschenrechte verletzt. Weil es Gaza bombardiert. Weil es nicht zu einem Event passt, der Vielfalt und Frieden feiern will. Doch diese Forderung ist zwar nachvollziehbar – aber politisch verfehlt.

Denn wer Israel ausschliessen will, weil es ihm Kriegsverbrechen vorwirft, muss sich fragen: Wer benennt diese Verbrechen – und wer kann sie stoppen? Die Antwort ist einfach: nicht der ESC. Sondern Regierungen. Parlamente. Diplomatie. Strafgerichtshöfe.

Die Bühne des ESC hat Symbolkraft, ja. Sie war immer politisch – von queeren Statements bis zu antiautoritären Balladen. Aber sie ist keine Instanz, die Verantwortung trägt. Der ESC kann keine Staaten verurteilen, keine Blockade beenden, keine Haftbefehle ausstellen. Ihn zum Tribunal umzudeuten, entwertet das, was tatsächlich Macht hat: das Völkerrecht.

FILE - Nemo of Switzerland, who performed the song The Code, celebrates after winning the Grand Final of the Eurovision Song Contest in Malmo, Sweden, on May 12, 2024. (AP Photo/Martin Meissner, File) ...
Fordert den Ausschluss von Israel am ESC: Nemo.Bild: keystone

SP-Nationalrat Fabian Molina fordert aktuell, der Bundesrat solle Israels Kriegsverbrechen benennen – notfalls auch den Vorwurf des Genozids prüfen. Frankreich denkt laut über die Anerkennung eines Palästinenserstaates nach. Der Internationale Strafgerichtshof steht vor möglichen Haftbefehlen. Und die Schweiz? Schweigt.

Wer Menschenrechte ernst nimmt, schweigt nicht

Wenn Nemo seine Stimme erhebt – warum dann nicht dort, wo sie wirklich Druck erzeugen kann? Vor dem Bundeshaus. Vor dem Europäischen Parlament.

Weder die Opfer in Gaza noch die regierungskritischen Stimmen in Israel profitieren von Ausschlüssen. Der ESC war immer am stärksten, wenn er Widersprüche ausgehalten hat. Als russische Acts auftraten, während ihre Regierung Oppositionelle verfolgte. Als Israel gewann – und gleichzeitig in Tel Aviv gegen die Besatzung protestiert wurde.

Wer heute Israel ausschliessen will, müsste auch Aserbaidschan und andere Länder ausschliessen, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen und dokumentiert wurden. Und dann? Wäre von einem paneuropäischen Song Contest nicht viel mehr übrig als eine westliche Selbstbespiegelung mit moralischem Filter.

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184 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Brave
09.05.2025 19:02registriert September 2020
Ich habe für mich entschieden: ESC schaue ich nicht.
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Christoph Fuchs
09.05.2025 18:44registriert November 2022
Unser Nemo hüpft munter von einem Fettnäpfchen zum nächsten und bedient damit eine linke, entgleiste und uns alle ins Verderben schwemmende Geistes Haltung.
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Thomas Melone
09.05.2025 18:36registriert Mai 2014
Gemäss dieser Logik müsste man dann aber Russland auch wieder am ESC teilhaben lassen. Oder gibt es gute und schlechte Kriegsverbrecher?
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