Die Schweiz hat sich dazu entschieden, Streaminganbieter wie Netflix zur Kasse zu bitten. Das Ja zum neuen Film- und Seriengesetz ist ein Ja zur Kultur. Ein weltoffenes, neugieriges Ja. Ein Ja mit viel Zukunft. Für einmal ist die Kunst- oder Unterhaltungsfreiheit wichtiger als die Wirtschaftsfreiheit.
In Frankreich untersteht Netflix bereits einer Abgabe- und Investitionspflicht von 20 Prozent seines Umsatzes – und die Abo-Kosten sind nicht gestiegen. In Italien werden aktuell 17 Prozent investiert, Tendenz steigend, in Spanien 5 Prozent. In Deutschland fliessen so 2,5 Prozent in die Filmförderung.
Besonders Frankreich ist es gelungen, seinem eigenen Serienschaffen und Frankreich als Standort auf Netflix weltweit einen neuen Schub zu verleihen: «Marseille», «Lupin», «Emily in Paris» sind Publikumslieblinge. Spanien brilliert mit «Haus des Geldes» oder «Élite», Deutschland ist mit «Dark» und «Biohackers» erfolgreich, Österreich mit «Freud».
Und die Schweiz? Die beweist mit raren Einzelfällen, dass sie Potential für den internationalen Markt hat. Toll, dass dieses jetzt weiter angekurbelt wird! Michael Steiners «Wolkenbruch» etwa wurde auf Netflix bereits über zwölf Millionen Mal gestreamt. Von wegen Nischenproduktion!
Aber was bedeuten die zusätzlichen Gelder eigentlich? Ungefähr 18 Millionen Franken mehr werden jetzt ins schweizerische Film- und Serienschaffen fliessen. Der Grossteil davon wird vom Streaming-Giganten Netflix kommen. Im Netflix-Universum sind 18 Millionen nicht viel.
18 Millionen ergeben zum Beispiel ganz knapp eineinhalb Folgen «The Crown». Oder zweieinhalb Folgen «Bridgerton». Oder, so wird aktuell geschätzt, etwas mehr als eine halbe Folge «Stranger Things». Aber immerhin zehn Folgen «Tatort», wenn man das mal mehr auf unsere produktionstechnischen Gewohnheiten umrechnet. Oder zwei «Heidi»-Filme.
Wie auch immer: Mit 18 Millionen Franken können im aufwändigen Film- und Serienbusiness keine riesigen Sprünge gemacht werden. Da ist nun wirklich keine Schweizer Überschwemmung von Netflix zu befürchten. Es gilt das Geld also klug zu investieren. Und das wird spannend.
Netflix (das hier stellvertretend für alle anderen steht, die ebenfalls in die Pflicht genommen werden) könnte seinen Anteil an den 18 Millionen zum Beispiel integral in eine einzige Schweizer Produktion investieren – eine Miniserie sollte da knapp möglich sein. Oder sich grosszügig an einer Schweizer Produktion beteiligen. Oder das Geld fliesst in internationale Koproduktionen mit massgeblicher Schweizer Beteiligung.
Wofür auch immer sich die neuen Investoren jetzt entscheiden, es wird ein anregender Transfer stattfinden: von Know-How, von Arbeitskräften und ihren Ideen, aber auch von Bedürfnissen. Der Blick auf die Schweiz und ihre Geschichten wird sich unweigerlich verändern. Und wer wird davon profitieren? Wir natürlich!