Schweiz
Kommentar

watson-Journalisten in Lausanne angegriffen: Das geht zu weit

Angriff auf watson-Journalisten in Lausanne – eine rote Linie ist überschritten

Am Montagabend wurden zwei watson-Journalisten bei der Berichterstattung über die Ausschreitungen in Lausanne brutal angegriffen und ins Gesicht geschlagen. Auch wenn es sich um einen Einzelfall handelt, offenbart er ein tiefer liegendes Problem.
26.08.2025, 19:3326.08.2025, 19:33
Fabien Feissli
Fabien Feissli
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Am Montagabend erlebte Lausanne nach dem Tod des 17-jährigen Marvin bereits die zweite Nacht mit Ausschreitungen und brennenden Abfallcontainern. Dabei attackierten Randalierer zwei Mitglieder der watson-Redaktion und schlugen sie ins Gesicht.

Unsere Journalisten waren gerade mit einer Gruppe Jugendlicher im Gespräch, als die Situation eskalierte. Beide wurden ins Gesicht geschlagen.

Ein derart grundloser Angriff ist inakzeptabel.
Übersetzung

Dieser Text wurde von unseren Kolleginnen und Kollegen aus der Romandie geschrieben, wir haben ihn für euch übersetzt.

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Natürlich handelte es sich um eine isolierte Tat, verübt von einer kleinen Gruppe, die das Verhalten der übrigen anwesenden Jugendlichen wohl kaum widerspiegelt. Der beste Beweis? Unsere Journalisten konnten den Ort verlassen – benommen, aber heil –, dank eines «grossen Bruders aus dem Quartier».

Die watson-Mitarbeitenden waren nicht die einzigen Opfer der Gewalt. Einen Gemeinderat zusammenzuschlagen, Familien in Angst zu versetzen, Ordnungskräfte zu bedrohen, ein Buswartehäuschen oder ein Fahrzeug der Verkehrsbetriebe Lausanne (TL) anzuzünden – all das ist ebenso inakzeptabel.

epa12323052 Protesters burn containers during the second night of riots following the fatal accident involving a minor on a scooter in Lausanne, Switzerland, 25 August 2025 (issued 26 August 2025). Po ...
Das ist inakzeptabel.Bild: keystone
Es geht hier nicht darum, das Inakzeptable zu gewichten. Sondern es anzuprangern.

Denn so nachvollziehbar Wut und Schmerz der Angehörigen des jungen Marvin auch sind, die Art und Weise, wie manche sie am Montagabend zum Ausdruck brachten, ist es weitaus weniger.

Was unsere zwei Journalisten erlebt haben, darf auf keinen Fall verharmlost werden. Diese Faustschläge sind das Symptom eines grösseren Problems. Seit Jahren wird unser Beruf von allen Seiten – bis hinein in die höchsten politischen Kreise – verunglimpft und in eine gefährliche wirtschaftliche Unsicherheit gedrängt.

Das schürt ein immer stärkeres Misstrauen – völlig unvereinbar mit dem Wesen unseres Berufs. In der Schweiz (und anderswo) sind Journalistinnen und Journalisten darauf angewiesen, zur Öffentlichkeit ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, um ihre Arbeit in Ruhe und verlässlich leisten zu können.

Wir müssen über Ereignisse berichten können, ohne um unsere Sicherheit zu bangen. Ohne die Angst, im Moment oder später geschlagen, bedroht oder beschimpft zu werden. Andernfalls: Wie sollen wir den direkten Kontakt zu den Menschen suchen? Wie sollen wir zu jeder Tages- und Nachtzeit erzählen, was in ihrer Stadt oder ihrem Kanton geschieht? Wie sollen wir das Fehlverhalten der Mächtigen aufdecken?

In einem Land wie dem unseren, in dem das Volk so viel Macht hat, ist es wichtiger denn je, den «Wachhunden» der Demokratie Sorge zu tragen. Nur so schlagen sie im richtigen Moment Alarm.

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Ausschreitungen in Lausanne
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Ausschreitungen in Lausanne

Die Polizei hat bei erneuten Ausschreitungen in Lausanne am Montagabend sieben Personen festgenommen.

quelle: keystone / cyril zingaro
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Verwüstung nach Ausschreitungen in Lausanne
Video: watson
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228 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Marbach
26.08.2025 19:53registriert September 2017
Das Problem ist doch nicht die Diskreditierung des Journalismus. Diese Idioten hauen einfach alles und jeden klein. Der Randalismus gehört verurteilt und bekämpft. Egal für welches Thema. Nichts rechtfertigt solche Demos, Sachbeschädigung und Gewalt. Die Polizei braucht unsere Rückendeckung. Sie sind in einer schwierigen Lage und Aktionen immer heikel.
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Roeger
26.08.2025 19:53registriert März 2019
Benennt es doch, wie es ist. Die Täter orientieren sich an den Verwandten aus den Banlieus von Paris und haben jetzt halt auch mal "Spass haben" und einen "drauf machen" wollen. Weil cool... Das die Täter weder Marvin kannten noch einen Bezug zum Verständnis unserers Rechtssystems haben, dürfte angesichts des Verhaltens unumstritten sein...
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Hans Hansen
26.08.2025 19:49registriert August 2019
Als die Ausschreitungen angefangen haben, wurde die Rote Linie schon übertreten. Diesem Mop geht es um gar nichts, ausser um Zerstörung.
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