Die ernüchternde Meldung vorab: Auch der Ständerat hat es am Donnerstag nicht geschafft, aus dem Problemkind Eigenmietwert eine mehrheitsfähige Vorlage zu zimmern. Er beharrt sogar darauf, dass der Eigenmietwert nicht überall abgeschafft werden soll. Bei Zweitwohnungen soll weiterhin die bisherige Besteuerung gelten.
Das darum, da sonst gerade den Bergkantonen grosse Einnahmeausfälle drohen. Und das treibt diese Kantone auf die Hinterbeine. «Wollen wir die Vorlage durchbringen, dann dürfen wir nicht schon jetzt die Tourismuskantone gegen uns aufbringen», sagte Hannes Germann (SVP/SH). Nur: Eine Extrawurst für die Kantone mit vielen Zweitwohnungen wird wiederum auf ganz viel Widerstand stossen. Der Eigenmietwert bleibt ein Problemkind.
Dabei handelt es sich eigentlich um die «wahrscheinlich wichtigste Reform des schweizerischen Einkommenssteuerrechts der letzten zehn Jahre», wie Pirmin Bischof (Mitte/SO) namens der Kommission ausführte. Grundsätzlich wollen alle die ungeliebte Steuer abschaffen, die Frage ist nur, zu welchen Bedingungen.
Auf einen der wichtigsten Faktoren haben die Damen und Herren Ständeräte nur sehr begrenzten Einfluss: die Höhe der Hypotheken. Je tiefer diese sind, desto mehr profitieren Privatpersonen von einem Systemwechsel weg vom Eigenmietwert. Oder umgekehrt gelesen: Desto grösser sind die Ausfälle für die öffentliche Hand.
Steigen die Zinsen, sind die Kantone eher mit im Boot, gleichzeitig hält sich der finanzielle Nutzen für Liegenschaftsbesitzer in Grenzen. Derzeit, so hiess es während der Debatte, liege das Hypozinsniveau etwa an jenem Punkt, bei dem sowohl Kantone wie Hausbesitzer zustimmen können. Nach dem Zinsentscheid der Nationalbank dürften die Hypozinsen in der kommenden Zeit eher wieder sinken.
Gleichzeitig will der Ständerat, dass der Schuldzinsenabzug künftig im Umfang von 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge erlaubt sein soll. Der Nationalrat wollte hier auf 40 Prozent begrenzen. Dabei gilt: Je grösser dieser Prozentsatz ist, desto geringer ist der Anreiz, die Hypothekarschulden zurückzuzahlen.
Dass hier mehr Anreize geschaffen werden, war ursprünglich ein Kernstück dieser Vorlage. Die Schweiz hat bereits heute eine sehr hohe Privatverschuldung pro Kopf. Das auch darum, da es steuerlich oft nicht attraktiv ist, die Schulden zu bezahlen – auch wenn man das nötige Geld hätte.
Carlo Sommaruga (SP/GE) weibelte erfolglos für einen konsequenten Systemwechsel. Also einer, bei dem gar keine Schuldzinsen mehr abgezogen werden können. Am Ende, so Sommaruga, sei die Abzugsfähigkeit sowieso nur eine «Steuersubvention für die Reichen». Der Bundesrat ist dagegen auf der Linie des Ständerats und will, dass auch weiterhin grosse Teile der Schuldzins abzugsfähig bleiben. Auch so sei «eine Begrenzung der Anreize zur privaten Verschuldung sichergestellt», wie Finanzministerin Karin Keller-Sutter ausführte.
Ob sich der Nationalrat in der nächsten Behandlungsrunde darauf einlässt, ist aber mehr als fraglich. Immerhin: Für das Problem mit den Zweitwohnungen schustert die zuständige Kommission der grossen Kammer derzeit eine Lösung. Sie hat eine Kommissions-Initiative aufgegleist, die es Kantonen und Gemeinden erlauben soll, auf selbst genutzten Zweitliegenschaften eine besondere Liegenschaftssteuer erheben können.
Nur: Bis es so weit ist, vergehen noch mehrere Jahre und auch eine Volksabstimmung ist nötig. Daher ist es durchaus fraglich, ob der Eigenmietwert in absehbarer Zeit abgeschafft wird. Allen Beteiligten ist es eine Lehre, dass das Vorhaben schon zweimal an der Urne gescheitert ist.
Das Problemkind bleibt ein Problemkind. Zwar sehen alle das Potenzial in einer Reform, aber wie man sie auf den richtigen Weg bringt, darüber streitet sich das Parlament mittlerweile seit sechs Jahren. Viele Verhandlungsrunden bleiben den Räten nicht mehr. Sonst wird aus dem Nachsitzen bald der Übungsabbruch.