Das Bundesamt für Statistik hat Mitte September seine «City Statistics» zu den Lebensbedingungen in den zehn grössten Schweizer Städten aktualisiert. Die langjährig angelegte Studie analysiert die Städte auf verschiedenen räumlichen Niveaus – so werden die Kernstädte sowie deren Agglomerationen in verschiedensten Kategorien miteinander verglichen.
Insgesamt werden fast 450 verschiedene Aspekte untersucht, unter anderem in den Bereichen Wohnen, Arbeit und Bildung. Wir haben die spannendsten Erkenntnisse herausgesucht und jeweils ein Städteranking erstellt und (wo möglich) gleich noch den Vergleich zur Agglomeration gezogen.
Zürich ist nach wie vor mit grossem Abstand die grösste Schweizer Stadt. Über 430'000 Menschen leben auf dem Stadtgebiet. Rechnet man die Agglomeration dazu, sind es gar fast 1,5 Millionen, was rund einem Sechstel der Schweizer Bevölkerung entspricht.
Auf Rang 2 folgt sowohl im Städte- als auch im Agglomerationsranking Genf. Die Calvin-Stadt zählt etwas über 200'000 Einwohnerinnen und Einwohner, die Genfer Agglomeration rund 620'000. Auf das Podest schafft es auf Platz drei Basel, das die weiteren 100'000er-Städte Lausanne, Bern und Winterthur klar hinter sich lässt.
Die älteste Bevölkerung der grössten Schweizer Städte lebt in Lugano. Mit einem Medianalter von 46,8 Jahren liegt die «Perle am Luganersee» deutlich vor dem Zweitplatzierten Basel. Grund sind wohl die vielen Deutschschweizer Pensionärinnen und Pensionäre, die an ihrem Lebensabend ins wärmere Tessin ziehen.
Die jüngste Stadt der «Top 10» ist die Studentenstadt Lausanne mit einem Medianalter von 37,5 Jahren. Das hippe Zürich folgt mit einem Medianalter von 38,4 Jahren knapp dahinter.
Wenig überraschend sichert sich Lugano auch den Spitzenplatz beim Anteil der Pensionierten an der Gesamtbevölkerung. Fast 23 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner sind über 64 Jahre alt. Interessant: Anders als in den anderen untersuchten Städten ist in Lugano der Pensionierten-Anteil in der Kernstadt grösser als in der Agglomeration. Der Grund könnte sein, dass sich die Jungen die zahlreichen Wohnungen in der Kernstadt mit Seesicht schlicht nicht leisten können und diese deshalb vor allem von Personen mit abgeschlossener Vermögensbildung bewohnt sind.
Den höchsten Anteil an jungen Erwachsenen weisen Lausanne und Zürich auf. Hier leben viele Studierende, die in den Städten oft subventionierten Wohnraum finden und sich nach Abschluss ihres Studiums häufig gleich in die dortige Arbeitswelt integrieren.
Die internationalste Stadt der Schweiz ist Genf. Mehr als die Hälfte der ständigen Wohnbevölkerung besitzt keinen Schweizer Pass. Neben der UNO haben zahlreiche weitere internationale Unternehmen, die traditionell viele Expats anlocken, ihren Sitz in der Rhonestadt.
Im zweitplatzierten Lausanne ziehen das IOC und weitere internationale Sportverbände sowie die international renommierte Universität EPFL Menschen aus der ganzen Welt an. Im drittplatzierten Lugano sind es die im Vergleich zum Ausland tieferen Steuern, die höheren Löhne sowie die hohe Lebensqualität, im viertplatzierten Basel hauptsächlich die Pharmaindustrie.
In den Städten mit tieferem Ausländerinnen- und Ausländer-Anteil wird zu Hause wenig überraschend am meisten Schweizerdeutsch als häufigste Sprache gesprochen. Winterthur hält hier den Spitzenplatz mit einem Mundart-Anteil von 73,8 Prozent. Dahinter folgen Luzern und Bern. Im zweisprachigen Biel liegt der Anteil bei 44,1 Prozent, in Lugano bei beachtenswerten 5,0 Prozent und in Lausanne und Genf bei je 1,8 Prozent.
Hochdeutsch wird zu Hause am häufigsten in Zürich und Basel gesprochen. Auch hier fallen Lugano, Lausanne und Genf natürlich ab.
Auch bei Englisch hat Zürich mit seinen vielen internationalen Firmen den Spitzenplatz inne. Mit Basel, Genf und Lausanne folgen die üblichen Verdächtigen auf den weiteren Plätzen. Am wenigsten verbreitet ist Englisch in Lugano und St. Gallen.
In der Kernstadt von Winterthur leben prozentual an der Gesamtbevölkerung die meisten Kinder aller Schweizer Grossstädte. In knapp 23 Prozent der Privathaushalte lebt mindestens ein Kind unter 18 Jahren. Am tiefsten ist die Kinderquote in der Innenstadt Luzern.
Die Quote der privaten Einpersonenhaushalte liegt in fast allen Schweizer Grossstädten in einem ähnlichen Bereich – nur in Winterthur fällt sie mit 39,3 Prozent im Vergleich deutlich ab.
Kein Wunder, denn in Winterthur gibt es im Vergleich zu anderen Schweizer Grossstädten mit 14,2 Prozent anteilmässig an allen Wohnungen am meisten Einfamilienhäuser. Ähnlich hoch ist die Quote nur noch in Lugano, während es in Genf kaum Einfamilienhäuser in der Kernstadt gibt.
Ähnliches zeigt sich logischerweise beim Anteil der Mieterhaushalte. In Genf liegt er in der Kernstadt bei über 90 Prozent, während Winterthur und Lugano mit 76,4 bzw. 65,2 Prozent den deutlich tiefsten Mieteranteil ausweisen.
In Luganos Zentrum haben die Einwohnerinnen und Einwohner auch am meisten Platz – 48 Quadratmeter stehen jeder Person im Schnitt zur Verfügung. Mit deutlich weniger müssen die Menschen in Zürich, Lausanne und Genf auskommen.
In Zürich und Genf ist der Wohnraum von allen Schweizer Grossstädten am teuersten. Über 20 Franken zahlt man hier an monatlichem Netto-Mietzins pro Quadratmeter. In Lugano, St. Gallen und Biel ist es über 25 Prozent günstiger.
Trotzdem ist in Lugano, St. Gallen und Biel die Leerwohnungsziffer am höchsten. Rund jede 50. Wohnung steht hier leer, während es in Zürich und Winterthur kaum freien Wohnraum mehr gibt.
In Biel haben fast 25 Prozent der 15- bis 64-Jährigen keine nachobligatorische Ausbildung absolviert. Diese Personen haben also weder einen Lehrabschluss noch eine Matura. Auch in Genf und Lausanne ist der Anteil mit knapp 20 Prozent deutlich höher als in den Deutschschweizer Städten und in Lugano. Grund dafür könnte sein, dass viele nach der obligatorischen Schulzeit sofort einen Beruf gefunden haben.
Eine Lehre oder eine Matura im Sack und dann ab in die Arbeitswelt – das scheint in Lugano, Biel und St. Gallen besonders populär zu sein.
Die Stadt mit den meisten Bewohnerinnen und Bewohnern mit Universitätsabschluss oder einer höheren Berufsbildung (eidg. Berufsprüfungen, eidg. höhere Fachprüfungen, höhere Fachschulen) ist Zürich. Fast 70 Prozent haben hier erfolgreich ein Studium oder eine höhere Berufsbildung absolviert. Dahinter folgen Bern, Basel und Luzern. Am tiefsten ist der Anteil in Biel mit knapp über 38 Prozent.
Die touristische Hochburg der Schweizer Städte ist Luzern. Rund 15,8 Hotelübernachtungen zählt die Leuchtenstadt pro Einwohnerin und Einwohner und pro Jahr. Damit lässt Luzern, das wegen des Sees, der Nähe zu den Bergen und den vielen touristischen Sehenswürdigkeiten auf engem Raum von den Reisenden geschätzt wird, Genf, Zürich und Lugano in diesem Ranking klar hinter sich.
Wenn man aber nur die nackten Zahlen zählt, dann ist Zürich klar die Nummer 1. Fast vier Millionen Übernachtungen in Hotels oder Kurbetrieben werden hier verzeichnet. Dahinter folgen Genf und Basel, während sich Luzern mit 1,3 Millionen Übernachtungen mit Rang 4 begnügen muss.
Das Wichtigste gleich vorneweg: In Zürich verdient man von allen Schweizer Grossstädten am meisten. Bei über 70'000 Franken liegt das durchschnittliche steuerbare Einkommen in der Limmatstadt, in der Agglomeration noch etwas höher. Am nächsten kommen dem Spitzenreiter Basel in der Kategorie Kernstadt und Genf in der Kategorie Agglomeration. Deutlich das tiefste durchschnittliche Einkommen weisen Personen in Biel auf.
Teilzeitarbeit wird in der Schweiz immer beliebter, am häufigsten greifen die Erwerbstätigen der Stadt Bern auf dieses Arbeitsmodell zurück. Rund vier von zehn Personen arbeiten Teilzeit. Im zweitplatzierten Basel liegt die Teilzeitquote bei 34,7 Prozent, in Winterthur bei 34,2 Prozent. Am wenigsten weit verbreitet ist Teilzeitarbeit in Lugano, hier arbeiten nur 27,2 Prozent der Erwerbstätigen nicht voll.
Und wo arbeiten eigentlich all diese Leute? Kaum im Primärsektor (schweizweit: 2,3 Prozent), also in der Land- und Forstwirtschaft, wie die folgende Grafik zeigt. Das verwundert kaum, gibt es in den Kernstädten doch kaum mehr unbebaute Flächen.
Industrie und Baugegewerbe sind in Biel noch am weitesten verbreitet. Fast jeder vierte Erwerbstätige arbeitet in der zweitgrössten Stadt des Kantons Bern im sekundären Wirtschaftssektor (schweizweit: 20,2 Prozent). Dahinter folgen mit Basel und Winterthur zwei traditionelle Industrie-Standorte. Fast verschwunden sind Industrie und Baugewerbe dagegen in Lausanne, Zürich und Genf.
Der tertiäre Wirtschaftssektor (schweizweit: 77,5 Prozent) zeigt natürlich das genau umgekehrte Bild ...
Schweizweit liegt die Arbeitslosenquote bei 2,4 Prozent – genau im Schnitt liegt Lugano. Deutlich darüber liegen die Westschweizer Städte mit Lausanne als klarem Spitzenreiter. 4,4 Prozent der Erwerbsbevölkerung ist dort arbeitslos. In den Deutschschweizer Städten liegt die Arbeitslosenquote – ausser in Basel – überall in einem ähnlichen Bereich. Am tiefsten ist sie in Luzern mit 1,6 Prozent.
Am meisten Sozialhilfe-Empfangende gibt es anteilsmässig an der ständigen Wohnbevölkerung in Biel. Mit fast 10 Prozent liegt die Quote noch immer deutlich höher als in den anderen Schweizer Grossstädten, obwohl sie zuletzt stetig gesunken ist. Grund für die hohe Quote sind gemäss der «Berner Zeitung» unter anderem der starke Industriesektor am Jurasüdfuss sowie die vielen Einelternhaushalte in der Stadt.
Den längsten Arbeitsweg nehmen die Personen, die in der Stadt Zürich arbeiten, auf sich. Etwas über 40 Minuten sind sie morgens und abends jeweils unterwegs, rund 2,5 Minuten weniger sind es im zweitplatzierten Bern. Am wenigsten lang unterwegs sind die Arbeitnehmenden in Lugano, Biel und St. Gallen.
Den längsten Arbeitsweg haben dagegen die Arbeitnehmenden, die in Bern beschäftigt sind. 18,8 Kilometer sind es im Schnitt, in Zürich sind es 16,1 Kilometer, in Lausanne 15,9 Kilometer. Am nächsten am Arbeitsort wohnen die Pendlerinnen und Pendler in Lugano, Genf und Basel.
Auch erhoben hat das Bundesamt für Statistik die Anzahl der Einbrüche in Wohneinheiten. Spitzenreiter ist die Stadt Basel mit 5,5 Einbrüchen pro 1000 Einwohnerinnen und Einwohner. Dahinter folgen Lausanne und Genf. Am wenigsten Sorgen vor Einbrüchen machen müssen sich die Menschen in St. Gallen und Lugano.
Bei der Anzahl Gewaltstrafen ist die Situation ähnlich, wieder ist Basel vor Lausanne der unrühmliche Spitzenreiter. Zürich und Genf liegen knapp dahinter gleichauf. Am seltensten zu Straftaten kommt es mit klarem Abstand in Lugano.
Wichtig für die Lebensqualität in den Städten ist natürlich auch das Wetter. Am wärmsten ist es im Sommer wenig überraschend in Lugano. 23,4 Grad Celsius beträgt hier die Durchschnittstemperatur im wärmsten Monat des Jahres, bei Schlusslicht St. Gallen sind es 4,5 Grad weniger.
Dafür ist in St. Gallen, das auf rund 670 Meter über Meer liegt, im Winter am ehesten mit Schnee zu rechnen: Die Durchschnittstemperatur im kältesten Monat des Jahres beträgt 1,6 Grad Celsius und ist damit 0,3 Grad tiefer als in der politischen Schweizer Hauptstadt Bern. Am mildesten ist es im Winter in Lugano mit durchschnittlichen 5,4 Grad im kältesten Monat des Jahres.
Auch in Sachen Niederschlag hat St. Gallen im Schweizer Städtevergleich die Nase vorn. 1682 Liter regnet es pro Jahr und Quadratmeter in der Hauptstadt des gleichnamigen Kantons. Dahinter folgen Lugano und Lausanne. Deutlich am trockensten ist es in Basel, wo die Niederschlagsmenge nicht einmal halb so hoch ist wie in St. Gallen.
Kurze Wege zu den wichtigsten Dienstleistungen wünschen sich die Bewohnerinnen und Bewohner jeder Stadt. Ob beim Einkaufen, der Schule oder der Arztpraxis – die kürzesten Wege hat man in Basel und Genf. Etwas mehr Geduld braucht man in Lugano, wo die Distanzen zur nächsten Einkaufsmöglichkeit, obligatorischen Schule oder Arztpraxis deutlich am längsten sind.
«Grund dafür könnte sein, dass viele nach der obligatorischen Schulzeit sofort einen Beruf gefunden haben.»
Klingt als wären das die Gewinner. So nach dem Motto «Sie haben sofort einen Beruf gefunden und mussten keine Matura oder Berufslehre machen».
Ich sehe eine gewisse Korrelation mit Einkommen, Arbeitslosenquote und Sozialhilfeempfänger.
Wäre wohl eine bessere Statistik gewesen, wenn man die Anzahl der Kantonshauptsprache Sprechenden genommen hätte.