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Vermehrt erhalten Roma den Schutzstatus S – das wirft Fragen auf

Vermehrt erhalten Roma den Schutzstatus S – das wirft Fragen auf

In den vergangenen Monaten beantragten viele Roma in der Schweiz den Schutzstatus S. Doch einige von ihnen sprechen weder Ukrainisch noch Russisch.
15.02.2024, 08:2415.02.2024, 13:30
Chiara Stäheli / ch media
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In wenigen Tagen jährt sich der russische Überfall auf die Ukraine zum zweiten Mal. Die grossen Fluchtbewegungen der ukrainischen Bevölkerung veranlassten die Schweiz dazu, erstmals in der Geschichte den Schutzstatus S zu aktivieren. Dieser soll den Flüchtenden Schutz gewähren während der Dauer des Kriegs – und zwar unkompliziert dank eines vereinfachten Asylverfahrens. Aktuell leben über 66’000 Menschen mit Status S in der Schweiz.

Prints der Schweizer und Ukrainischen Flagge vor einem Schulzimmer, in dem ukrainische Fluechtlingskinder beschult werden, aufgenommen im Rahmen eines Besuches fuer Medien am Freitag, 13. Mai 2022, im ...
Derzeit leben in der Schweiz mehr als 66’000 Menschen mit Schutzstatus S.Bild: keystone

Unter ihnen befinden sich auch zahlreiche Roma. Wie viele es sind, dazu führt der Bund keine Statistik – die Ethnie wird im Asylprozess nicht erfasst. Weil mehrere Kantone zuletzt öffentlich machten, dass sich unter den Roma mit Status S auch solche befinden, die weder Russisch noch Ukrainisch sprechen, steht der Verdacht im Raum, dass nicht alle dieser Roma-Flüchtlinge tatsächlich Anspruch auf den Schutzstatus S hätten.

So berichtete etwa das St.Galler Tagblatt, dass Integrationsverantwortliche Zweifel hegen, ob die Roma jemals dauerhaft in der Ukraine gewohnt haben. Es wird vermutet, dass sich einige ihre Papiere bei einer ukrainischen Behörde illegal gekauft haben. Weil es sich dabei nicht um Fälschungen, sondern illegal erworbene echte Papiere handelt, wird die Überprüfung durch den Bund erschwert.

Kantone bitten Bund um sorgfältige Kontrolle der Papiere

Gaby Szöllösy ist Generalsekretärin der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren (SODK). Auf Anfrage bestätigt sie, dass die Situation der Roma mit Status S in den Sitzungen mit Fachgremien aller Kantone immer wieder Thema sei und auch auf politischer Ebene bisweilen diskutiert werde. Zuletzt kündigte etwa der St.Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth in der NZZ an, er werde einen Vorstoss im Parlament einreichen. Es brauche Anpassungen beim Schutzstatus S.

Gemäss Szöllösy ist das Problem in einigen Kantonen grösser, in anderen weniger: «Einige Kantone bekunden Probleme bei der Unterbringung und der Integration der Roma-Familien.» Die SODK habe deshalb in gemeinsamen Austauschgremien beim Staatssekretariat für Migration (SEM) auf die Problematik hingewiesen. «Wir haben den Bund unter anderem gebeten, die Ausweise und Papiere der Schutzsuchenden sorgfältig zu kontrollieren», sagt Szöllösy.

SEM hat Kenntnis von illegalen Papieren

Das SEM teilt auf Anfrage mit, dass «bei Anträgen auf die Erteilung des Status S nicht nur die Identität der Antragstellenden geprüft wird, sondern auch, ob diese ihren Lebensmittelpunkt vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine hatten». Könne die Person dies nicht zumindest glaubhaft machen, lehne das SEM das Gesuch ab. Bestünden in einem konkreten Fall Hinweise darauf, dass die Voraussetzungen für die Schutzgewährung nicht erfüllt seien, «nimmt das SEM weitere Abklärungen vor und verlangt unter anderem zusätzliche Beweismittel».

Die Problematik der gekauften Papiere ist dem SEM allerdings bekannt: Man habe Kenntnis davon, «dass in der Ukraine Identitätspapiere teilweise illegal hergestellt und verkauft wurden», schreibt das SEM weiter. Zurzeit könne es aber nicht sagen, ob und wie viele Personen tatsächlich mit solchen Dokumenten in die Schweiz eingereist sind und den Status beantragt haben.

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30 Kommentare
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Granatä Sepp
15.02.2024 11:53registriert April 2021
Wenn ein Geflüchteter aus der Ukraine in der Schweiz bei den Ämtern aufschläggt, dabei weder der russischen noch der ukrainischen Sprache mächtig ist, sollten schon mal die Alarmglocken klingeln . Es ist schlichtweg fahrlässig dass nicht genauer hingeschaut wird. Natürlich soll schnell geholfen werden, jedoch nicht auf Kosten der Vernunft. Das SEM schafft es sich beim Thema Schutzstatus S und Rückkehrvergütung völlig lächerlich zu machen und dies auf kosten der Steurezahler.
So kann man natürlich auch Unmut gegenüber den wirklich hilfsbedürftigen fördern.
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TommyGun
15.02.2024 13:37registriert Oktober 2020
Hierzu gab es auch bereits Berichte in der dt. Presse. Es scheint eine signifikante Menge an nagelneuen ukrainischen Pässen zu geben, die alle in Grenzstädten an der ungarischen Grenze herausgegeben wurden. Ein Schelm wer dabei denkt, dass Orban dies wohlwollend dulden könnte, um einige Roma "loszuwerden".
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Ban-One
15.02.2024 11:16registriert Januar 2024
Die 10 Millionen Schweiz muss ja auch möglichst schnell erreicht werden. Und so geht es erheblich schneller.
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