Wie wichtig sind Natur und Naturaktivitäten im Alltag? Eine neue Studie hat dafür die Schweiz, Deutschland, Frankreich, die Niederlande und das Vereinigte Königreich miteinander verglichen (siehe Box).
Das Resultat: In der Schweiz fühlen sich 4 Prozent «fast immer/immer» gestresst, 27 Prozent «häufig» und 45 «manchmal», weil ihnen schlicht die Zeit fehlt. In allen anderen untersuchten Ländern liegen die Gesamtwerte tiefer. Den «Anforderungen der Berufswelt genügen» wird dabei in der Schweiz als häufigste Stressursache genannt.
Dabei haben 56 Prozent der befragten Schweizer das Gefühl, dass im eigenen Land zu viel gearbeitet wird – auch das ist der (deutliche) Topwert im Vergleich mit Deutschland (50%), dem Vereinigten Königreich (45%), den Niederlanden (27%) und Frankreich (25%). Ein Drittel der Schweizer empfindet die Arbeitszeit übrigens als «gerade richtig».
Trotzdem: Das Bedürfnis nach Erholung ist hierzulande gross. Die folgenden Grafiken zeigen, was am besten hilft (oder helfen würde.
Besser als in den eigenen vier Wänden erholen sich Schweizer nur an einem Ort: in der Natur.
Im Vergleich mit den anderen Ländern sind nur die Franzosen ebenfalls am liebsten in der Natur, um sich zu erholen. In Deutschland, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich ist der bevorzugte Ort das eigene Zuhause.
Blicken wir auf die Aktivitäten, welche Erholung bieten, kann es in der Schweiz «Wandern, Bewegung in der Natur» gar mit «Lesen, TV, Musik, Computer» aufnehmen und den Spitzenplatz teilen. Auffallend: Nur jeder Dritte erholt sich, wenn er «nichts tut».
Auch hier zeigt sich im Ländervergleich, dass die Schweiz etwas gegen den Trend steht. Nur in den Niederlanden erholen sich Menschen in der Natur am besten. Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich geben «Lesen, TV, Musik, Computer» an.
Das häufigste Motiv für den Gang in die Natur ist in vier der fünf untersuchten Ländern «Runterkommen, Entspannen». Ausgerechnet in der Schweiz gilt «Natur erleben» gar als noch wichtiger. Gefragt wurde dabei nicht nur nach wichtigen Motiven, sondern auch nach jenen, welche keine Rolle spielen. Dort wurde insbesondere der Sport oft genannt (Erklärung der Minuspunkte: Siehe Bildlegende).
Die geeignetste Landschaft für Erholung sehen die meisten in einer schönen Alpenwiese, dicht gefolgt von einer Landschaft mit See. Also Orte, die zwar nicht zwingend für unberührte Natur stehen, aber doch ursprünglich wirken. Ist die Gestaltung durch den Menschen in der Natur zu stark sichtbar, sinkt auch der gefühlte Erholungseffekt massiv.
Auffallend: Bewohner der britischen Inseln können sich in einem Park (wohl mit perfekt gemähtem Rasen) deutlich besser entspannen als alle anderen.
Die Alpenwiese und eine Landschaft mit See wirken also in der Schweiz am besten für Erholung. Aber wenn wir die Augen schliessen und uns vorstellen könnten, im nächsten Moment an einem der zur Auswahl gestellten Orte in der Natur zu sein, dann schwingt das Meer klar oben aus. Wenig wünschen sich Schweizer dagegen auf den Grat eines felsigen Berges oder in die Wüste.
Diese Sehnsucht nach dem Meer teilen wir uns mit allen untersuchten Ländern. Am ausgeprägtesten ist dieses Verlangen übrigens bei den Deutschen mit 46%.
Auch wenn die «Lichtung tief im Wald» in unserer Vorstellung nur abgeschlagen auf Rang 4 landet (Punkt 5), ist der Wald doch der Ort, an welchen wir mit Abstand am meisten gehen (69%).
Deutlich lieber würden wir uns allerdings im Gebirge bewegen. 37 Prozent der Schweizer würden gerne häufiger in den Bergen, an unbebautem Gewässer (38%) oder in einem Naturpark (42%) unterwegs sein.
Deutlich auf Rang 1 liegt die Schweiz, wenn es darum geht, wie schnell wir in der Natur sind. 70 Prozent benötigen dafür weniger als 10 Minuten. Bei rund jedem Vierten liegt die Natur vor der Haustüre – auch dies ein deutlicher Bestwert.
Draussen sind wir schnell und gerne. Doch obwohl auch rund zwei Drittel gerne neue Orte entdecken, ist dies der niedrigste Wert der Vergleichsländer. Umgekehrt sind es die Schweizer, welche bereits bekannte schöne Orte am attraktivsten finden.
Bleibt eigentlich noch die entscheidendste Frage: Wie oft wünschen wir uns in die Natur zu gehen und wie oft gehen wir auch wirklich?
Satte 42 Prozent der Schweizer wünschen sich täglich in der Natur zu sein, tatsächlich machen dies aber nur 16 Prozent. Und dies, obwohl – wie in Punkt 7 gesehen – bei 23 Prozent die Natur vor der Haustüre liegt.
Im Vergleich mit den anderen Ländern liegt die Schweiz deutlich vorne. Es zeigt sich aber auch: Wer oft in der Natur ist, will gerne noch viel mehr Zeit dort verbringen.
Was uns übrigens zum Abschluss positiv stimmen vermag: Mit zunehmendem Alter schliesst sich der Graben zwischen Wunsch und Wirklichkeit – wir wollen zwar immer mehr in der Natur sein, realisieren dies aber auch immer öfter.