Jahrelang ist das Schweizer Schienennetz zu wenig unterhalten worden. Gleichzeitig hat die Belastung durch das grössere Bahnangebot stark zugenommen. Um die steigenden Unterhaltskosten in den Griff zu bekommen, sollen in den nächsten vier Jahren über 13 Milliarden Franken investiert werden.
Über viele Jahre sei der Ausbau stärker gewichtet worden als der Unterhalt. Es werde deshalb noch Jahre dauern, bis der Rückstand wettgemacht sei, räumte Philipp Gauderon, Leiter SBB Infrastruktur, am Dienstag an einer Medienkonferenz in Zürich-Altstetten ein.
Sorgen bereitet der SBB vor allem die Fahrbahn. Gemäss dem Netzzustandsbericht 2015 ist der Zustand der 6600 Kilometer Gleise und über 13'000 Weichen mit einem Wert von 3,3 nur «ausreichend». Der grössere Verschleiss durch «Bahn 2000» sei erst spät erkannt worden, stellte Gauderon fest.
Um die immer stärker belastete Infrastruktur erhalten zu können, müssten jährlich 210 Kilometer Gleis saniert werden. Derzeit sind es jedoch lediglich 180 Kilometer. Ende 2015 betrug der Rückstand bei Unterhalt und Erneuerungen 2,8 Milliarden Franken, und mit einer Stabilisierung ist laut Gauderon erst nach 2020 zu rechnen.
Die Sicherheit sei auf dem gesamten Bahnnetz gewährleistet, betonte der Infrastruktur-Chef. Vor allem im «präventiven, vorbeugenden Unterhalt» müssten in den nächsten Jahren aber zusätzliche Anstrengungen unternommen werden. Dazu gehören etwa das Stopfen des Schotterbettes oder das Schleifen der Gleise. Schienen und Weichen dürften nicht erst dann unterhalten werden, wenn sie defekt sind.
Mehr in den Unterhalt und die Erneuerung investieren muss auch die Rhätische Bahn (RhB). Rund 63 Prozent der Tunnels müssten in gut 30 Jahren und drei Viertel der über 100-jährigen Brücken in gut 25 Jahren instand gestellt werden, erklärte Christian Florin, Chef Infrastruktur der RhB.
Mit der Leistungsvereinbarung 2017 bis 2020 will der Bund für die Finanzierung von Betrieb und Substanzerhalt der Bahninfrastruktur insgesamt 13,2 Milliarden Franken zur Verfügung stellen. Das sind 15 Prozent mehr als bisher. Den grössten Teil vom Kuchen erhält mit 7,6 Milliarden Franken die SBB, der Rest geht an kleinere Bahnbetriebe.
Gauderon machte keinen Hehl daraus, dass die SBB gerne mehr Mittel zur Verfügung hätte. Der Finanzrahmen sei eng, dies insbesondere, weil mit der Zürcher Durchmesserlinie (DML) und dem neuen Gotthardbasistunnel zusätzliche Unterhaltsarbeiten anfallen.
Mehrkosten verursache zudem die Umsetzung des Behindertengesetzes, sagte Gauderon. Bis 2020 sollen 75 Prozent der Bahnhöfe in der Deutschschweiz behindertenkonform sein.
Finanziert werden die Kosten aus dem Bahninfrastrukturfonds (BIF). Aus dem Topf werden jene Kosten gedeckt, welche die Einnahmen aus den Trassenpreisen übersteigen. Der BIF wurde mit der FABI-Vorlage geschaffen, die im Februar 2014 an der Urne angenommen worden ist.
Die neue Leistungsvereinbarung muss noch von den eidgenössischen Räten behandelt werden. Als Erstrat wird sich der Ständerat in der Herbstsession mit dem vom Bundesrat festgelegten Zahlungsrahmen für die Finanzierung des Betriebs und des Substanzerhalts befassen.
Der Direktor des Verbandes öffentlicher Verkehr (VöV), Ueli Stückelberger, zeigte sich zuversichtlich, «dass die Vorlage eine komfortable Mehrheit finden wird». Ein gut unterhaltenes Schienennetz sei das Rückgrat des ganzen öffentlichen Verkehrs. 600 Millionen Franken mehr pro Jahr dafür auszugeben, sei gerechtfertigt.
Mit der Leistungsvereinbarung verpflichten sich die Bahnunternehmen, die Unterhaltsarbeiten effizienter zu planen und auszuführen. Anstelle der teuren Nachtarbeit will die SBB vermehrt auf längere Streckensperren setzen. Damit könne der Einsatz der Baumaschinen optimiert und somit Geld gespart werden, sagte Gauderon.
Kosten senken will die SBB aber in allen Konzernbereichen. So sollen bis 2020 insgesamt 900 Stellen gestrichen werden, 500 davon im Bereich Infrastruktur. Abgebaut werde vor allem in der Verwaltung, hiess es an der Medienkonferenz. Mit dem Personalabbau will die SBB jährlich 80 Millionen Franken einsparen. (sda)