7 Minuten. 13 Minuten. 15 Minuten. Wer sich vor dem Flug von seinen Liebsten verabschieden möchte, weiss, wie lange das anschliessende Anstehen bei der Sicherheitskontrolle dauert. Der Flughafen Zürich hat dafür beim Durchgang, wo erstmals die Bordkarte eingescannt werden muss, Bildschirme installiert, welche die aktuelle Wartezeit stets anzeigen.
Dies soll helfen, damit die Airline-Kundschaft nicht zu lange trödelt mit dem Gang auf die sogenannte Flugseite des Flughafens und rechtzeitig beim Gate fürs Boarding eintrifft. Nur: Die Passagiere müssen nicht nur bei der Sicherheitskontrolle anstehen, wo das Bordgepäck durchleuchtet wird, sondern bei Nicht-EU-Flügen auch bei der Grenzkontrolle. Und dort drohen erneut Schlangen, zuweilen sogar längere als bei den Röntgengeräten. Denn der Kantonspolizei Zürich fehlt es an Personal. Immer wieder ist es in den vergangenen Monaten deswegen zu langen Anstehzeiten gekommen.
Dessen dürften sich viele Passagiere nicht bewusst sein. Und so kann es sein, dass der Stresspegel plötzlich steigt, wenn man in der langen Schlange vor der Passkontrolle steht, da man sich zuvor in falscher Sicherheit wähnte. Dieses Problem scheint auch der Flughafen Zürich erkannt zu haben.
Auf die Frage, ob es Überlegungen gibt, die Wartezeit bei der Passkontrolle frühzeitig zu kommunizieren, sagt Flughafen-Sprecherin Bettina Kunz: «Wir prüfen derzeit den Einbau einer entsprechenden Anlage.»
CH Media weiss: Die mangelnde Kommunikation ist auch der Swiss seit längerem ein Dorn im Auge. Die wichtigste Kundin des Flughafens zeigt sich hinter vorgehaltener Hand frustriert über die langen Schlangen, die sich immer wieder präsentieren – und das noch vor der Hochsaison, wenn die Passagierzahl in die Höhe schiessen wird.
Vor kurzem äusserte Swiss-Betriebschef Oliver Buchhofer Kritik in einem Interview mit CH Media:
Buchhofer betont, dass die Swiss möchte, dass die Kundinnen und Kunden der Lufthansa-Tochter rechtzeitig abheben können und die ganzen Prozesse bis zum Boarding optimal funktionieren. «Und derzeit ist die Situation an verschiedenen Orten angespannt.»
Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» gab sich der Flughafen Zürich zuletzt reumütig. Mit der aktuellen Situation sei niemand zufrieden, sagte eine Sprecherin. Schliesslich sei der Flughafen Zürich weltweit für seine Qualität bekannt, und da gehörten eigentlich kurze Wartezeiten von unter zehn Minuten dazu. Derzeit liege man allerdings drei- bis fünfmal pro Tag während rund einer halben Stunde bis Stunde darüber.
Carmen Surber, Sprecherin der Kantonspolizei, betont auf Anfrage, dass die Ausbildung von neuen Mitarbeitenden für die Kontrolle «im vollen Gange» sei. Für 2023 seien fünf Lehrgänge für Kontrollpersonen geplant, wovon zwei bereits abgeschlossen seien. Aber: «Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist angespannt, sodass eine rasche Rekrutierung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herausfordernd ist.»
Dabei hilft es dem Stresspegel der Passagiere kaum, dass es zuweilen sehr warm ist im Flughafen-Gebäude. Sowohl bei der Swiss wie auch bei Passagieren ist entsprechende Kritik zu hören. Hat die geringe Kühlung mit Energiesparmassnahmen im Zuge des Ukraine-Krieges zu tun? Flughafen-Sprecherin Kunz verneint dies. Die Anlagen würden nicht anders behandelt als früher. «Vermutlich führten die warmen Tage nach den letzten sehr kalten Wochen zu diesem Empfinden.» Einen Handlungsbedarf sieht der Flughafen nicht. Die Frage, wie hoch die Temperatur im Gebäude ist, wird nicht beantwortet.
Kommt hinzu: Im Gegensatz zu anderen internationalen Flughäfen hat Zürich noch immer keine neuen Röntgenmaschinen im Einsatz für die Kontrolle des Carry-on-Gepäcks (CH Media berichtete). Die neuen Generationen davon ermöglichen es, dass die Passagiere ihren Laptop, ihr Tablet und Getränke im Bordgepäck belassen können. Damit beschleunigt sich der Kontrollprozess und die Schlangen werden kürzer. Auch diese Verzögerung sorgt im Swiss-Management laut Insidern für Unverständnis. Frühestens im zweiten Quartal 2024 will der Flughafen Zürich derartige Gepäckscanner testen.
Flughafen-Sprecherin Kunz bemüht sich derweil, den Frust der betroffenen Passagiere zu relativieren: «Im Mai haben 90 Prozent der abfliegenden Passagiere vor der Sicherheitskontrolle unter 20 Minuten gewartet.» Die Nachfrage nach Reisen sei sehr hoch. So lagen die Passagierzahlen im April bei 90 Prozent im Vor-Corona-Vergleich. Und in den Tagesspitzen liegt die Zahl zuweilen sogar über dem Niveau von 2019.
«Die Massnahmen zur Verbesserung sind eingeleitet», sagt Kunz und verweist auf das zusätzliche Personal, das für die Sicherheitskontrolle eingestellt wird. Weil der Kantonspolizei Personal fehlt, kommen dort nun Angestellte ohne polizeiliche Ausbildung und entsprechender Uniform zum Einsatz und unterstützen die Passagiere bei der Kontrolle des Check-in-Gepäcks. Die Angestellten erhalten eine dreitägige Ausbildung und einen Stundenlohn von rund 29 Franken. Aber: «Die Rekrutierung von weiteren Mitarbeitenden bei der Kantonspolizei wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen», sagt Kunz.
So lange sei es umso wichtiger, dass Passagiere ihren Beitrag zur raschen Abfertigung leisten und sich bereits beim Anstehen auf die Sicherheitskontrolle vorbereiten würden. Sprich: Metallische und elektronische Gegenstände wie Gürtel oder Handy im Handgepäck verstauen und Flüssigkeiten im vorgegebenen Plastiksack bereithalten. «Ausserdem ist es in den Sommermonaten wichtig, dass man zeitlich nicht zu knapp an den Flughafen kommt.» Empfohlen wird derzeit eine Ankunftszeit zwei bis drei Stunden vor Abflug, wobei es die Öffnungszeiten der Check-in-Schalter der jeweiligen Airline zu beachten gilt.
Zudem bieten manche Airlines das sogenannte Self Bag Drop an, wobei sich die Koffer-Etikette zu Hause ausdrucken lässt und das Gepäck am Automaten selbstständig abgegeben werden kann.