Ivo Sasek, der Gründer der Organischen Christus-Generation (OCG), ist am Dienstag vom Regionalgericht Chur vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen worden. Sasek hatte der deutschen Holocaustleugnerin Sylvia Stolz an einer Grossveranstaltung eine Plattform geboten, an der sie die Judenvernichtung anzweifelte. Ausserdem stellte Sasek das Video des Referats ins Internet.
Der Staatsanwalt hatte Sasek eine Busse von 1500 Franken und eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 90 Franken auferlegt, bedingt auf zwei Jahre. Dagegen hatte Sasek rekurriert. Mit Erfolg: Das Regionalgericht kam zum Schluss, Sasek habe keine rassistischen Motive gehabt. Auch habe ein Eventualvorsatz gefehlt. Deshalb sprach ihn das Gericht von Schuld und Strafe frei.
Der Fall geht auf das Jahr 2012 zurück. Sasek hatte damals die deutsche Rechtsanwältin und notorische Holocaust-Leugnerin Sylvia Stolz zur jährlichen Grossveranstaltung seiner Anti-Zensur-Koalition (AZK), dem politischen Arm seines Sektenimperiums, in die Stadthalle Chur eingeladen.
Vor rund 2000 Besuchern forderte sie das Publikum auf, Nazis kennenzulernen, um sich ein eigenes Bild von diesen für sie wertvollen Menschen zu machen. Ausserdem sagte sie, der Holocaust könne nicht gerichtlich bewiesen werden, dazu fehlten die Leichen, die Spuren der Täter und die Waffen.
Sasek dankte der Referentin am Schluss mit tränenerstickter Stimme: «Ich konnte 50 Prozent der Zeit (gemeint war der Vortrag) nur die Tränen unterdrücken, mein Herz hat geschrien.» Schliesslich attestierte er ihr, sie habe mitgeholfen, «die Wahrheit zu suchen und zu finden». Er nannte Stolz eine Frau mit dem Mut eines Löwen. Zwei Privatpersonen hatten deswegen eine Strafanzeige gegen Stolz und Sasek eingereicht.
2015 wurde Sylvia Stolz, Lebenspartnerin von Horst Mahler, dem früheren RAF-Anwalt und heutigen Holocaust-Leugner, in Deutschland wegen Volksverhetzung zu 18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Nach einem Revisionsprozess wurde das Urteil in diesem Februar rechtskräftig. Stolz war in Deutschland schon mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt worden.
Die Bündner Staatsanwaltschaft, die gegen Sasek ermittelt hatte, erkannte ihn für schuldig. Er habe Stolz eine Plattform geboten, um ihre rassendiskriminierenden Aussagen zu verbreiten. Auch habe er sie nicht unterbrochen, ihr am Schluss enthusiastisch zugestimmt und ihren Vortrag ins Internet gestellt.
Sasek erschien mit rund 20 Anhängern aber ohne Anwalt vor Gericht. In seinem ganzen Leben habe er Toleranz und nicht Diskriminierung ausgeübt, sagte er zu seiner Verteidigung. Dabei habe er die Herrlichkeit Gottes gesehen. Dass ihm die Staatsanwaltschaft vorwerfe, diskriminierend gehandelt zu haben, habe ihn schockiert. Er würde den Völkermord nie leugnen oder verharmlosen. Hingegen würden die Lügen, die die Medien über ihn verbreiteten, zum Völkermord führen, sagte Sasek.
Als er vor Gericht ausführlich Verschwörungstheorien über den Terrorakt beim Word Trade Center in New York ausbreitete, unterbrach ihn der Richter mit dem Satz: «Sie müssen die Kurve kriegen.» Sasek schloss sein Plädoyer mit dem Satz: «Ich bin Betroffener, nicht Täter.»
In der Urteilsbegründung sagte der Richter, Sasek habe keine rassistischen Motive gehabt. Ebensowenig habe er die Verbreitung diskriminierender Aussagen in Kauf genommen. Sasek und seine Anhänger nahmen den Freispruch mit grosser Genugtuung zur Kenntnis. Sie hätten am liebsten applaudiert, was der Richter aber als unpassend ablehnte.