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Eine der schillerndsten Figuren in der Schweizer Sektenlandschaft lädt heute Samstag zu einer der schrägsten Veranstaltungen des ganzen Jahres ein: Der ehemalige Automechaniker Ivo Sasek, Führer der christlichen Sekte Organische Christus-Generation, empfängt seine Anhänger einmal zum «Freundestreffen» in der Churer Stadthalle.
Bei dieser heimlichen Konferenz – Datum und Ort werden nicht bekanntgegeben – werden 2000 bis 2500 Sektenanhänger dem 60-jährigen Prediger zujubeln. Zujubeln, wenn er wie ein Berserker auf alle eindrischt, die nicht auf seiner radikalen religiösen oder politischen Linie sind.
Zum Treffen eingeladen und eingelassen wird in der Regel nur, wer Ja und Amen zu den Ideen und Äusserungen von Sasek sagt. Und wohl auch zu den Referaten der unheimlichen Patrioten auf dem Podium, die einen Tag lang ihre meist krude Weltsicht zum Besten geben dürfen.
Wer es in diesem Jahr sein wird, ist nicht bekannt. Als Veranstalter tritt die «Anti-Zensur-Koalition» (AZK) auf, die Sasek vor ein paar Jahren gründete. Sein Antrieb: Der christliche Prediger sieht hinter jeder Ecke eine Verschwörung und eine geheime Macht am Werk. Er glaubt, dass Politiker und Medien die Öffentlichkeit manipulieren und gezielt in die Irre führen.
Als Referenten lädt Sasek jeweils Esoteriker, Verschwörungstheoretiker, Sektenführer, etwa den Scientology-Boss Jürg Stettler, Holocaustleugner und Rechtsradikale ein.
Zum Treffen im Januar 2013 hatte Sasek die deutsche Rechtsanwältin und Holocaust-Leugnerin Sylvia Stolz eingeladen. Diese forderte das Publikum auf, Nazis kennenzulernen, um sich ein eigenes Bild von diesen für sie offensichtlich wertvollen Menschen zu machen.
Der Holocaust könne nicht gerichtlich bewiesen werden, dazu fehlten die Leichen, die Spuren der Täter und die Waffen, sagte Stolz. Sasek dankte der Referentin mit tränenerstickter Stimme und bezeichnete sie als Frau mit dem Mut eines Löwen. Ihr Mut wurde nicht belohnt. Stolz wurde wegen Volksverhetzung eingeklagt und kassierte später eine 20-monatige unbedingte Gefängnisstrafe.
Bei der AZK-Konferenz vom 26. Juli 2014 schlüpfte Sasek selbst ins Gewand des Verschwörungstheoretikers und verkündete Endzeitszenarien.
Obwohl sein Referat den Titel «Wie verhindert man einen Weltkrieg?» trug, rief er ins Publikum: «Hier treiben sie uns in den Krieg.» Dabei meinte er das politische und wirtschaftliche Establishment und die «Kriegstreibermedien», die zum Schweigen gebracht werden müssten.
In seiner Rede zog Sasek gegen alle vom Leder, die nicht an die geheimen verschwörerischen Mächte glauben. Zu ihnen zählte er auch pauschal die Christen, die er als «Hosenscheisser und Nichtsnutze» geisselte.
Es beginne eine Räumung der Erde und der Menschheit, die von der Lust zu quälen und zu morden lebe. Wegen der Christen lasse der Teufel «die Sau raus» und bringe alle da draussen um.
Die Menschen seien «medienverblödet» und würden von den Kriegstreibern wie vernunftlose Tiere zur Schlachtbank geführt, sagte Sasek weiter. Die Machthaber und Kriegstreiber verfolgten das Ziel, «die Welt auf ein Minimum zu reduzieren».
Die verschwörerischen Kräfte verfolgten das Ziel, 6,5 Milliarden Menschen zu eliminieren, behauptete er. Belege für seine monströsen Äusserungen lieferte er nicht.
Weiter bezeichnete Sasek Christen als «richtige Arschlöcher», Banker, Politiker und Medienleute nannte er Banditen und Verbrecher – sie seien satanisch.
Pikant: Sasek sieht sich selbst als Superchrist, der nach dem Wort der Bibel lebt. Protestanten und Katholiken sind für ihn eine Art Ungläubige.
Sasek hat rund 3000 Anhänger im deutschsprachigen Raum. Der umtriebige Menschenfänger produzierte mit seinen Leuten aufwändige Spielfilme, die in Kinos gezeigt wurden.
Auf seinem Internet-Fernsehen Klagemauer-TV produzieren seine Anhänger unzählige Sendungen, die Informationen vermitteln, welche die übrigen Medien angeblich verschweigen oder unterdrücken.
Führt man sich die Videos der AZK-Konferenzen zu Gemüte – was für Anti-Sasek-Geister allerdings eine Tortur ist –, erhält man den Eindruck, dass sich Sasek vom sektiererischen Prediger zum radikalen Polit-Agitator gewandelt hat.
In welcher Rolle er gefährlicher ist, ist schwer zu entscheiden.
PS: Am Dienstagabend befasst sich der Club auf SRF 1 mit der Rekrutierung des «IS» von jungen Leuten bei uns. Der Autor dieses Blogs diskutiert im Fernsehstudio mit.