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SRF-Arena: Zuger SVP-Politiker kassiert Kritik

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«Einfach nur peinlich!» – (abwesender) Zuger SVP-Politiker kassiert Kritik

Die «Arena» zum Ukraine-Krieg fokussierte sich auf die Sanktionen gegen Russland. Ein abwesender SVP-Politiker musste sich scharfe Kritik anhören.
26.03.2022, 04:5326.03.2022, 16:08
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Das Team um SRF-Moderator Sandro Brotz lud am Freitagabend zu einer weiteren «Arena»-Sendung zum Ukraine-Krieg ein. Die Politikerinnen und Politiker diskutierten über die Folgen des Krieges für die Schweiz – konkret zu Sanktionsfragen und der Energiepolitik. Themen also, zu denen die SVP eine Aussenseiter-Meinung vertritt. Die grösste Partei des Landes verzichtete auf eine Teilnahme mit einem «Boykott», nachdem ihr Fraktionspräsident rassistische Stereotypen in der Asyldebatte zum Ukraine-Krieg verbreitet hatte.

Brotz erwähnte diesen Nebenschauplatz zu Beginn der Sendung kurz: «Wir sind mit den Vertretern der SVP im Kontakt – mehr gibt es dazu nicht zu sagen.» Die Diskussion war aber deshalb nicht weniger kontradiktorisch. Dafür sorgte die Gästeauswahl, die zwar eine gesittete Debattenkultur pflegte, aber dennoch auf polemische Angriffe nicht verzichtete.

«Arena» vom 25. März 2022

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Arena vom 25. März 2022
Andri Silberschmidt, FDP-Nationalrat
quelle: keystone / alessandro della valle
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Die Sendung wurde – vereinfacht gesagt – in zwei Blöcke unterteilt: Zuerst wurde über Sanktionen und die Notwendigkeit einer «Taskforce» diskutiert (dazu gleich mehr). Gegen Ende kam die Abhängigkeit der Schweiz im Bereich der Energieversorgung zur Sprache.

Die Krux mit der Taskforce

Wenn man genauer sein will, dann muss man von einem dritten Diskussionspunkt sprechen. Die ersten Sendungsminuten drehten sich um die Frage der «Neutralität»: Was soll diese Eigenschaft der Schweiz im 21. Jahrhundert noch bedeuten? Die Meinungen der Gäste ähnelten sich hier – wohl auch, weil die Schweizer Rolle im Uno-Sicherheitsrat kaum diskutiert wurde. Es herrschte gar Konsens, dass heute ein moderneres Verständnis der «Neutralität» gelebt werden solle.

Oder wie es FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt formulierte: Die Schweiz dürfe sich weder der Nato noch einem anderen Militärbündnis anschliessen. Sie dürfe auch keine Waffen in Kriegsgebiete exportieren. Sanktionen seien aber erlaubt – sie sollen gar dem Völkerrecht wegen gezielt «Putin weh tun».

Video: srf/arena

Doch wie setzt man diese Sanktionen durch? Dazu steht seit Tagen die Forderung nach einer «Taskforce» im Raum. Sie soll ähnlich wie die italienische «Guardia di Finanza» mögliche russische Gelder in der Schweiz fokussiert aufspüren. Hierzulande herrschen ein gewisser kantonaler Flickenteppich und unklare Verantwortlichkeiten, wie die investigative SRF-Sendung «Reporter» diese Woche zeigte.

Die Meinungen dazu unterschieden zwischen links und Mitte-rechts: Silberschmidt bezeichnete die Taskforce-Forderung als «Parteienprofilierung», Schneider-Schneiter wünschte sich eine intensivere Arbeit der Departemente der Bundesräte Ueli Maurer, Guy Parmelin, Karin Keller-Sutter sowie der Bundesanwaltschaft. Und die Linken kritisierten den Status quo.

Die Grüne Regula Rytz erwähnte die Zahl der Bankiervereinigung, wonach russische Personen wohl gegen 200 Milliarden Franken hierzulande halten würden. Sie hätten nach wie vor Zeit, die Gelder zu verstecken.

Video: srf/arena

Der Bündner Sozialdemokrat Jon Pult thematisierte die fehlenden Wirtschaftsregister und Regeln im Bereich des Kunsthandels, welche die Durchsetzung der Sanktionen erleichtern könnten. «Mir ist egal, ob die Taskforce oder die Bundesanwaltschaft nun die Gelder aufspürt», sagte Pult. Er machte aber klar, dass er Szenen wie aus dem «Reporter»-Beitrag nicht mehr sehen wolle, wo der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler einen laschen Umgang mit Sanktionen präsentierte (siehe Video). Seine Forderung lautete deshalb: «Wir brauchen Glasnost für den Schweizer Handelsplatz, um längerfristig glaubwürdig zu sein.»

Die Szene im «Reporter»-Beitrag stiess auch der Mitte-Politikerin Elisabeth Schneider-Schneiter sauer auf. «Das ist einfach nur peinlich», ja gar «eine Katastrophe», sagte die Bürgerliche aus dem Baselbiet.

Video: srf/arena

Und Silberschmidt? Er vertrat die Ansicht, dass es derzeit keine Anzeichen für eine solche lasche Politik gebe – die Schweizer Banken würden die Sanktionen durchsetzen, sonst würden sie einen Reputationsschaden riskieren. Die Forderungen der Linken nach besseren Daten (konkret: nach einem Register der wirtschaftlich Berechtigten eines Unternehmens – aka «Strohmänner») oder einer Aufsichtsbehörde kritisierte er sodann erneut als Parteipolitik. Rytz' Replik «Das ist absurd!» ging im beidseitigen Applaus unter.

Polemik gegen Rytz

Die Grüne musste sich im zweiten Themenblock dieselbe Kritik anhören: Rytz forderte den Ausbau von erneuerbaren Energien und das Wegkommen vom russischen Gas, was Silberschmidt grundsätzlich auch befürwortete. Er beschuldigte aber einmal mehr die Grünen und nahestehenden Organisationen, dass sie all das durch Einsprachen erschweren würden. Rytz hatte irgendwann genug davon: Sie erinnerte die bürgerliche Gegenseite daran, dass auch Organisationen mit FDP- und Mitte-Politikern im Präsidium Einsprachen machen würden.

Als Rytz dann noch höhere Prämienverbilligungen forderte, um ärmere Haushalte wegen höheren Energiekosten zu entlasten, gab's auch noch von der Mitte-Politikerin polemische Kritik. Schneider-Schneiter warf ihr Pietätlosigkeit vor, weil die Grünen nun ein «Parteiprogramm zu einem Krisenpapier» machen würden.

Video: srf/arena

Die gleiche Kritik musste sich Silberschmidt nicht anhören, als er die FDP-Vorschläge zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger präsentierte: Man müsse bei der Zapfsäule ansetzen und Benzin/Diesel verbilligen, damit der Staat jetzt nicht noch mehr von kriegsbedingt höheren Treibstoffpreisen profitiert.

Pult überzeugte diese Forderung nicht: Er erinnerte daran, dass «etwa 45 Prozent des Strassenverkehrs reiner Freizeitverkehr» seien. Er gönne allen Menschen diesen Spass, der Staat dürfe aber jene mit dicken Autos (Stichwort: SUV-Fahrer) nicht unterstützen. Die höheren Energiekosten würden nicht nur Autofahrerinnen belasten, sondern vor allem auch Mieterinnen und Mieter: Ihnen würden höhere Heizkosten drohen, weshalb es nun eine Art «Nebenkostenbremse» brauche.

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105 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N. Y. P.
26.03.2022 06:37registriert August 2018
Die Schweiz dürfe sich weder der Nato, noch einem anderen Militärbündnis anschliessen.
Silberschmidt, FDP

Aber im Ernstfall wollen wir husch, husch unter den NATO - Schirm.

Im 2. Weltkrieg haben wir uns "schön neutral" verhalten. Die "Arbeit" haben die Alliierten übernommen. Dafür haben wir Geld, Gold und Kunst "aufbewahrt".

Und heute sind wir nicht weiter. Wir lassen uns faktisch von der NATO schützen und wir bekommen den impliziten Schutz faktisch gratis.

Ach ja, und wie im 2. Weltkrieg bunkern wir das Geld des Gegners. Heute das Geld der Russen.

Das ist unsere Neutralität.
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LURCH
26.03.2022 09:49registriert November 2019
Genau mein Sinn für Humor.
Da werfen die bürgerlichen Regula Rytz Pietätslosigkeit vor, dass sie angeblich den Ukrainekonflikt angeblich auszunutzen versuche, propagieren aber handkehrum genau mit diesem Argument eine Erhöhung des Militäretats und den Grund für eine schnelle Beschaffung der Jagdbomber.
Was für eine verlogene und opportunistische Truppe dies ja ist.
Die Sünnelitempler musste man so ja gar nicht vermissen wenn sie in allen Unehren von den Neoliberalen und den konvertieren Rechtsmittigen vertreten wurden, ausser dass glücklicherweise die unterirdischen verbalen Attacken fehlten.
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Drvo
26.03.2022 06:54registriert Mai 2020
Wegen höheren Energiekosten nur die Autofahrer*innen zu entlasten wäre ein Grundsatzfehler. Es trifft unter anderem auch die KMUs. Wenn entlasten, dann grossflächig. Lieber als entlasten, vorwärtsmachen bei der Energiewende.
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