Wie sehr die Thematik bewegt, war diese Woche beim Auftakt der Sommersession zu beobachten. Rund 80 Nationalrätinnen und Nationalräte haben sich in die Rednerliste eingetragen, als es um die Initiative ging, welche die SRG-Gebühren von derzeit 335 auf 200 Franken pro Haushalt reduzieren und Unternehmen ganz davon befreien will.
Vor zwei Jahren hat eine Gruppe aus den Reihen der SVP und der Jungfreisinnigen die Initiative eingereicht, im nächsten Jahr kommt die Vorlage vors Volk.
Auch in der «Arena» waren die SRG-Gebühren das grosse Thema – folgende Gäste lieferten sich im Studio ein 80-minütiges verbales Kräftemessen:
Ausserdem im Studio:
Mit der 200-Franken-Initiative – auch Halbierungsinitiative genannt – stehe nichts weniger als die Demokratie auf dem Spiel, sagte SP-Nationalrat Jon Pult bereits in der Startviertelstunde der SRG-«Arena».
Die Welt befinde sich in einem Zeitalter von Fake News und Desinformation, die geopolitische Lage sei komplex, die Bedrohungen gross. Der russische Präsident Wladimir Putin führe einen hybriden Krieg gegen Europa und damit auch gegen die Schweiz.
Der durch die SRG repräsentierte Service Public – unabhängiger, seriöser und glaubwürdiger Journalismus – sei eine Versicherung gegen die genannten Angriffe auf die Demokratie. Die demokratische Widerstandsfähigkeit, der nationale Zusammenhalt und die kulturelle Unabhängigkeit unseres Landes würden dadurch gestärkt.
Pult betonte:
Einen komplett gegensätzlichen Standpunkt vertritt SVP-Nationalrat Gregor Rutz. Die beste Sicherheit gegen Fake News und Autokraten sei eine Vielfalt von Medien. Ein einzelnes Medium habe die Wahrheit noch nie für sich gepachtet. Rutz sagt:
Rutz sieht den Service Public der SRG als Ergänzung zu den privaten Medien. Diese seien das Rückgrat der Meinungsvielfalt in der Schweiz. Durch die 200-Franken-Initiative werde nun endlich darüber diskutiert, was die Aufgabe der SRG sei, was zum Service Public gehöre und was nicht.
Ein Aspekt, der Rutz besonders missfällt: die Präsenz der SRG auf den Sozialen Netzwerken. Gemäss Bund seien bei der SRG 50 Personen Vollzeit im Social-Media-Bereich angestellt. Rutz richtet sich an SRG-Generaldirektorin Susanne Wille und sagt: «Das ist doch absurd. Euer Auftrag ist Radio und Fernsehen, im Online-Bereich konkurrenziert ihr Dinge, die im Markt schon zuhauf vorhanden sind.»
Auch Melanie Racine stört sich am Social-Media-Auftritt der SRG. Die Vizepräsidentin der Jungfreisinnigen hat als Vorbereitung auf die Arena nachgezählt: «Die SRG betreibt fast 50 Social-Media-Kanäle. Braucht es dieses Angebot?»
Wille argumentierte mit dem Grundversorgungsauftrag, den die SRG zu erfüllen habe. Das heisst: Möglichst viele Menschen zu erreichen, auch die Jungen. Deswegen sei die SRG auch auf Drittplattformen wie YouTube oder Instagram präsent. Priorität hätten aber die eigenen digitalen Kanäle.
Wille hat an diesem Abend keine einfache Aufgabe. Gegen zwei bürgerliche Politiker und den Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes hat sie ihre SRG zu verteidigen.
Weil der Bundesrat die Gebühren per Verordnung von 335 auf 300 Franken reduzieren will, muss die SRG bis 2029 rund 270 Millionen Franken einsparen – 17 Prozent ihres Budgets. Hinzu kommt ebenfalls bis 2029 ein Minus von 90 Millionen Franken wegen rückläufiger Werbegelder.
Die Reduktion auf 300 Franken werde die SRG zu spüren bekommen, sagte Wille. Weil der Bundesrat so entschieden habe, werde sie diesen Sparauftrag jedoch entsprechend umsetzen. Anders sieht es aus, wenn die Halbierungsinitiative beim Stimmvolk durchkommt.
Mit 200 Franken sei es nicht mehr möglich, den heutigen Auftrag, in allen vier Landessprachen und sämtlichen Regionen Journalismus zu betreiben, wahrzunehmen. Wille bekräftigte:
Wie man die Zukunft der SRG sieht, ist wohl eine Grundsatzfrage: Muss sie stark und dominant sein, das Demokratie verteidigende Flaggschiff am Schweizer Medienhimmel? Oder reicht es, wenn sie sich denjenigen Aufgaben annimmt, welche die privaten Anbieter nicht übernehmen können oder wollen?
Für Gewerbeverbands-Direktor Urs Furrer dürfte diese Frage nicht Priorität geniessen. Sein Ziel: Die SRG-Gebühren möglichst rasch abschaffen.
Heute müssen Unternehmen ab einer halben Million Franken Umsatz eine Abgabe entrichten, die zu einem Grossteil der SRG zugutekommt. Je mehr Geld eine Firma umsetzt, desto mehr muss sie bezahlen. «Und das, obwohl ein Unternehmen weder Ohren noch Augen hat, also weder Radio hören noch Fernsehen schauen kann», so Furrer.
Gleichzeitig bezahlt der Inhaber eines Unternehmens privat SRG-Gebühren, ebenso die Angestellten. Diese Mehrfachbelastung ist Furrer ein Dorn im Auge. Kommt die 200-Franken-Initiative durch, ist zumindest die Unternehmensabgabe Geschichte. Das sei der grosse Vorteil der Vorlage.
Dass durch die bundesrätliche Verordnung die Schwelle, ab der Unternehmen eine Abgabe entrichten müssen, von 500'000 auf 1,2 Millionen Franken Umsatz angehoben wird, reicht Furrer nicht. Auch nicht mit dem Wissen, dass 80 Prozent der Firmen dann keine Abgabe mehr leisten müssen. Furrer sagte:
Mitte-Ständerätin Andrea Gmür mag das Beispiel mit den nicht vorhandenen Ohren und Augen eines Unternehmens nicht gelten lassen. Einerseits laufe beispielsweise in einer Autogarage oft den ganzen Tag das Radio, andererseits könnten Firmen die Unternehmensabgabe von den Steuern abziehen. «Das können Haushalte nicht, da ist es einfach eine Gebühr.»
Ein weiterer Punkt, den Gmür ausführt: Unternehmen würden von der Arbeit der SRG «extrem profitieren», wenn diese etwa wirtschaftliche Zusammenhänge, auch im internationalen Kontext, klar darlegen würde.
Die Mitte-Ständerätin ist überzeugt, dass die 200-Franken-Initiative abgelehnt wird. Das sei auch richtig so:
Eine Zerschlagung hat die SRG bereits einmal erfolgreich abgewehrt. Im März 2018 kam die No-Billag-Initiative zur Abstimmung, die die SRG-Gebühren komplett abschaffen wollte. 71,6 Prozent der Stimmbevölkerung und alle 26 Kantone erteilten dem Vorhaben jedoch eine deutliche Abfuhr. Ob der 200-Franken-Initiative im nächsten Jahr dasselbe Schicksal blüht, wird sich zeigen.
Jon Pult SP
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bevölkerung auf diese Trojaner Initiative hereinfällt. Wenn die Bevölkerung will, dass sich Weltwoche Journalismus breit macht, dann muss sie der Halbierungsinititive zustimmen.
NEIN zur bürgerlichen Trojaner Initiative.
Der Vorwurf der SVP, die SRG sei links bedeutet lediglich, dass sie nicht stumpf die Meinung der SVP wiedergibt. In den Augen von Blocher und Co eine Todsünde.
Das Ziel der SVP ist nicht eine möglichst gut informierte Bevölkerung und eine diverse Medienlandschaft. Ihr Ziel ist eine Medienlandschaft wie in Ungarn.
Die Desinformation durch nationale und internationale Player ist erdrückend. Weltwoche, SVP, Trump und die Terror-Russen manipulieren und lügen auf Teufel komm raus und schaden der Demokratie und Freiheit.
Nein zur Initiative. Nein zur demokratiefeindlichen Manipulation und Lüge von SVP & Co.