«Man muss sich innerhalb dieser neuen Spielregeln wahrscheinlich irgendwie arrangieren.» Diesen Satz äusserte Karin Keller-Sutter im Rahmen ihres Besuches diese Woche in den Vereinigten Staaten.
Und es war auch derjenige Satz, an dem sich die Teilnehmenden der Zollstreit-«Arena» knapp 70 Minuten aufrieben. Folgende Parlamentarier belebten das Studio 8 im Leutschenbach mit ihren Voten:
Keller-Sutters Aussage bezog sich auf die fragile Lage der Weltwirtschaft, für die US-Präsident Donald Trump nicht allein, aber doch massgeblich verantwortlich sei.
Dass die Schweiz zu den 15 Handelspartnern gehört, die im Zollstreit bevorzugt behandelt werden, sei ein wesentlicher Schritt, eine Chance und kein Risiko. Sie und auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin zeigten sich nach den Gesprächen mit Vertretern der USA zuversichtlich, was einen Zolldeal betrifft.
Geradezu entspannt wirkte diesbezüglich SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel. Zwei kompetente Bundesräte hätten in Amerika mit den richtigen Leuten gesprochen und die richtigen Argumente vorgebracht. So komme man zu guten Resultaten, viel eher als mit «Fluchen und Fuck you Trump, wie man es auf linker Seite hört».
Teil dieser linken Seite ist SP-Nationalrat Fabian Molina, und der redete sich im Anschluss an Büchels Lobeshymne so richtig in Rage:
Man habe es derzeit mit einem «neofaschistischen US-Präsidenten» zu tun. «Die Zölle sind illegal, sie sind nicht vereinbar mit dem internationalen Handelsrecht». Molina fuhr fort: «Die Schweiz muss sich mit anderen zusammentun und die USA vor Gericht bringen.» Der SP-Mann appelliert an eine Zusammenarbeit mit der EU.
Molinas markige Worte wollte Büchel nicht unkommentiert lassen und zitierte mehrere SP-Parlamentarier und wie sie Trump bezeichneten («Mafiaboss», «Diktator», «Clown»). Er betonte:
Die entsandten Bundesräte hätten bei den Gesprächen sehr gut darlegen können, was die kleine Schweiz den USA bringe. Trump und seine Regierung müsse man mit guten Argumenten auf seine Seite bringen. Molinas Replik auf diese Aussage:
Er sei schockiert, dass genau diejenigen Personen, die sonst immer behaupteten, für die Souveränität und Eigenständigkeit der Schweiz einzustehen, ihr Rückgrat bei ein bisschen Gegenwind verlören.
Unterstützung erhielt Molina von GLP-Fraktionspräsidentin Corina Gredig:
Das Gefühl zu haben, mit so einem Menschen weiterzufahren, wie bisher, sei weltfremd und unsouverän. Das Gespräch mit den USA zu suchen, sei im Grundsatz jedoch richtig.
Auch FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann unterstützt den Weg des Bundesrates, mit Trump eine Lösung zu finden. Die regelbasierte Weltordnung werde schon länger nicht mehr eingehalten, «da können wir täubelen und trötzeln, wie wir wollen».
Die Schweiz sei auf Handelspartner wie die USA angewiesen. Als Parlamentarier sehe er sich «verantwortlich für die Arbeitsplätze in der Schweiz». Und nicht dafür, «mit den USA ein wenig die Demokratie zu verbessern». Portmann betonte:
Ein paar Minuten später verstand Portmann definitiv die Welt nicht mehr. Dann nämlich, als Molina vorschlug, «Gegenzölle in gigantischem Ausmass zu erheben», sollte Trump, was die Strafzölle betrifft, nicht zur Vernunft gelangen. «Das tut zwar einen kurzen Moment weh, danach wird Trump aber nachgeben.»
Was Molina fordere, sei völlig wirtschaftsfremd. Sollte die Schweiz Gegenzölle erheben, seien diejenigen Schweizer KMU, die mit den USA zusammenarbeiteten, «in zwei Monaten Konkurs».
Dass man sich in fast keinem Punkt dieser Debatte einig werden würde, war absehbar. Während Links-Grün nicht erst seit Trumps Zoll-Eskapaden für eine stärkere Anbindung an die EU plädiert, ist diese gerade der SVP bekanntlich ein Dorn im Auge.
Als Abschluss der Zoll-«Arena» – die nicht allzu fruchtbare Diskussion über ein mögliches Freihandelsabkommen mit den USA lassen wir aussen vor – wandten sich die Aussenpolitiker China zu.
Dazu ein paar in der Sendung präsentierte Eckdaten:
Nun möchte der Bundesrat das Freihandelsabkommen mit China erweitern – sehr zum Missmut von Fabian Molina. Er kritisiert, dass bei Schweizer Detailhändlern Kleider und Tomatensauce im Regal stünden, die in China unter Zwangsarbeit hergestellt worden seien.
Der SP-Mann erwähnt die unterdrückten Ethnien der Uiguren und der Tibeter und dass sich China seit Längerem in eine autoritäre Richtung bewege. Von «Wandel durch Handel» könne keine Rede sein. «Die Beziehungen in dieser Situation nochmals zu vertiefen, halte ich für ein sehr schlechtes Signal.»
Auch Corina Gredig von der GLP betont, China habe in den letzten Jahren im grossen Stil Zwangsarbeit eingesetzt: «Diese Produkte gelangten in der Folge in den Welthandel.»
SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel vertritt die Ansicht, die Schweiz solle vor Menschenrechtsverstössen nicht die Augen verschliessen, sagt aber auch:
Büchel erwähnt die positive Handelsbilanz, ein Abbruch der Handelsbeziehungen bringe nichts. «Ich habe mit China viel Kontakt, man kann mit den Leuten reden, und sie sagen auch, dass bei ihnen nicht alles okay ist.»
Die Verletzung von Menschenrechten habe nichts mit Freihandel zu tun, betont auch Hans-Peter Portmann von der FDP. Dank des Freihandelsabkommens hätten viele Schweizer nach China expandiert. Die vor Ort beschäftigten Arbeitnehmer profitierten von Arbeitsrechten, «ähnlich wie bei uns», Kinderarbeit etwa sei untersagt. «In diesem Bereich tun wir etwas Gutes. Richten wir uns nach den Linken, geben wir das auf.»
Kurz vor Ende der Sendung sagte Moderator Mario Grossniklaus zwischen zwei Voten entwaffnend ehrlich: «Es geht nicht mehr lange.» Und tatsächlich: Wenige Minuten später war die kontroverse Zoll- und Freihandel-«Arena» Geschichte. Affaire à suivre.
«Die Zölle sind illegal, sie sind nicht vereinbar mit dem internationalen Handelsrecht»
Und dann:
«Die Schweiz soll Gegenzölle in gigantischem Ausmass erlassen»
Molina widerspricht sich und sagt, dass die Schweiz sich wie Trump verhalten soll.
Die SP ist nicht mehr die Partei, welche sich um Arbeiter und Arbeitsplätze sorgt.
Die Trump-Administration ist verachtenswert und schwierig.
Ein Handelskrieg mit den USA wäre aber desaströs.
Bei Zöllen von 30%+ gingen viele exportorientierte KMU hierzulande innert Jahresfrist bankrott.
Boykottieren wir doch lieber US-Produkte.