Das Treffen von US-Präsident Joe Biden und dem Kremlchef Wladimir Putin in Genf sorgt weltweit für Aufsehen. So sehr, dass in der Kantonshauptstadt offenbar Grundrechte wie Meinungs- und Demonstrationsfreiheit vergessen gehen. So jedenfalls lautet der Vorwurf, nachdem Kundgebungen in der Nähe des Treffens verboten wurden.
Entschieden wurde das Verbot vom Genfer Staatsrat. Und es sorgte – neben der Vorfreude auf das Treffen – für ein kleines politisches Erdbeben. Am Montag prangerten die SP, die Grünen und das «Ensemble à Gauche» das Kundgebungsverbot an.
«Es ist besonders schwerwiegend, dass die Sicherheit vor der Demokratie Vorrang hat. Damit werden Grundrechte wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt, aus welchen sich unter anderem das Demonstrationsrecht ableitet», verkünden die Parteien in einem Schreiben – die notabene seit Monaten in der Genfer Regierung das Sagen habe.
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«Das ist umso schockierender», seufzt Yann Woodcock, Mitglied des Komitees der Genfer Koordination für das Recht auf Demonstration.
Woodcock verweist darauf, dass die Demonstrationsfreiheit in mehreren grundlegenden Texten anerkannt wird. So etwa:
«Diese Rechtsprechung verpflichtet den Staat, den Schutz und die Ausübung dieser Grundfreiheit zu gewährleisten. Demonstrieren ist kein Luxus», sagt Woodcock und folgert: «Deshalb hat die Regierung mit dem Verbot einer für den Mittwochabend geplanten Demonstration in Genf gegen das Prinzip der Verhältnismässigkeit verstossen.»
Auf Nachfrage verteidigt der Kanton Genf das Verbot: «Das Demonstrationsverbot erfolgt aus offensichtlichen Sicherheitsgründen. Wir können keinen Demonstrationszug genehmigen, denn das würde die Teilnehmenden selbst in Gefahr bringen», erklärt Laurent Paoliello, Sprecher der zuständigen Behörde.
In Genf sind derzeit mehr als 95 Prozent der 1500 Genfer KantonspolizistInnen für den Gipfel im Einsatz. Das Sicherheitsdispositiv erforde einen erheblichen organisatorischen und logistischen Aufwand, heisst es vom Kanton Genf. «Wir können es uns nicht leisten, die für den Gipfel eingerichteten Sicherheitsmassnahmen für eine Demonstration abzuändern. Das würde Stunden, wenn nicht Tage dauern», so Paoliello weiter.
Der Sprecher versicherte aber, dass mit dem Genfer Quartier Plainpalais als Alternativ-Demonstrationsort vorgeschlagen wurde, um die Grundrechte einzuhalten. «Die Organisatoren hatten die Wahl. Wenn ihre Demonstration abgesagt wird, dann nur, weil sie sich nicht auf einen anderen Ort geeinigt haben.»
Gemäss Informationen von watson sind neben der Demonstration am Mittwoch mindestens vier weitere politische Kundgebungen in der Nähe von Plainpalais und dem Place des Nations geplant.
Doch zufrieden sind die Organisatoren damit nicht. So spricht etwa Thomas Vacchetta, einer der Organisatoren der Demonstration am Mittwochabend und Mitglied der SolidartiéS-Bewegung, von einer «Beleidigung». Für ihn ist dieser grosse Platz im Zentrum von Genf vergleichbar mit einem «Indianerreservat»: Weit weg vom eigentlichen politischen Geschehen und weit weg von den Blicken der ganzen Welt.
«Es gibt eine echte Diskrepanz zwischen dem Bild, das das internationale Genf vermitteln möchte und der Realität der leidenden Bevölkerung auf der ganzen Welt», sagt Vacchetta und ergänzt: «Oder wie ist es sonst möglich, dass Genf nicht in der Lage ist, den Gipfel zu organisieren und die Meinungsfreiheit zu bewahren?»
Die Frage nach Ausschreitungen bleibt offen: Es ist nicht ausgeschlossen, dass es zu illegalen Versammlungen und Scharmützeln mit der Polizei kommt. Der Kanton teilt diese Befürchtung. Deshalb appelliert er an die Vernunft der Demoteilnehmenden und hofft, dass es zu keinen unbewilligten Versammlungen kommt.
Warum nicht anderswo demonstrieren? Eine Demo in Bern, z.B. mit Umzug von der russischen zur amerikanischen Botschaft, böte sich an...
Demonstrieren ist also möglich einfach nicht an dem Ort an dem die Demonstranten das gerne tun würden. Ein Grundrecht auf einen bestimmten Platz gibt es aber logischerweise nicht... sonst könnten die Klimastreiker ja mitten auf der Autobahn demonstrieren.
Somit, meiner Meinung nach, alles Gesetzeskonform und keine Beschneidung der Grundrechte.