Wer gerne mit dem Zug, dem Bus oder dem Tram unterwegs ist, soll sein Abo am besten vor dem 10. Dezember verlängern. Denn dann werden gleichzeitig mit dem Fahrplanwechsel die Preise erhöht. Um 4.3 Prozent steigen sie im Durchschnitt im «direkten Verkehr» - also bei Billetten für Fahrten, die über einen Tarifverbund herausgehen, oder für Abos wie das GA, das in der zweiten Klasse erstmals über 4000 Franken kosten wird. Das entschied die Branchenorganisation Alliance Swisspass.
Die meisten Wege unternehmen Menschen allerdings in der näheren Umgebung. Im Jahr 2021 legte eine durchschnittliche Person in der Schweiz laut Zahlen des Bundes nur gerade 30 Kilometer täglich zurück. Werden solche Fahrten mit dem ÖV unternommen, verlassen Reisende oft den eigenen Tarifverbund nicht. Wer von St. Gallen nach Herisau fährt, bezahlt den Tarif des Ostwind-Verbunds, für eine Fahrt von Winterthur nach Schlieren gilt jener des Zürcher Verkehrsverbunds (ZVV), für eine von Sissach nach Basel der des Tarifverbunds Nordwestschweiz (TNW).
Rund 20 regionale Tarif- und Verkehrsverbünde gibt es in der Schweiz. Sie geben nicht nur Einzeltickets heraus, sondern auch Abos. Ihre Preise sind für viele Passagiere relevanter als die des direkten Verkehrs. Eine Analyse von CH Media zeigt nun: Die Verbünde erhöhen ihre Preise per Ende Jahr ebenfalls - aber in höchst unterschiedlichem Ausmass.
Am geringsten fällt die Preiserhöhung beim ZVV aus. Um durchschnittlich 3.4 Prozent wird dessen Sortiment verteuert. Auch die Verbunde Passepartout (Zentralschweiz), Ostwind (Ostschweiz), Frimobil (Freiburg); Zug und Onde Verte (Region Neuenburg) erhöhen die Preise weniger stark als die Alliance Swisspass.
Der Nordwestschweizer TNW und der Berner Libero-Verbund liegen hingegen darüber. Am stärksten steigen die Preise mit durchschnittlich 4.5 Prozent im Aargauer Verbund A-Welle. Noch nicht definitiv über Preiserhöhungen entschieden haben diverse Verbünde im Kanton Graubünden und in der Westschweiz.
Die Verbünde betonen in ihrer Kommunikation, dass es seit sechs Jahren keine Tariferhöhung mehr gegeben habe. Was sie nicht erwähnen: Viele von ihnen erzielen auch bereits wieder höhere Einnahmen als im Jahr 2019 und damit vor der Coronakrise. Das liegt hauptsächlich daran, dass viele Menschen kein Abo mehr besitzen, sondern stattdessen Einzeltickets lösen, die pro Fahrt deutlich höhere Erlöse abwerfen.
Beim ZVV heisst es etwa, per Ende des ersten Quartals seien die Einnahmen der letzten zwölf Monate wieder auf dem Niveau von 2019 gelegen. Da das Jahr 2022 noch von starken Einnahmeausfällen geprägt war, heisst dies, dass die Erlöse zuletzt zugenommen haben.
Die Aargauer A-Welle legt gegenüber CH Media gar ihre Zahlen offen. Im ersten Quartal dieses Jahres nahm der Verbund mit Einzelfahrausweisen und Abos 22.1 Millionen Franken ein. Das sind 19.8 Prozent mehr als im vergangenen Jahr, in dem die Mobilität im Zuge der Coronakrise aber noch eingeschränkt war. Doch auch gegenüber 2019 resultierte ein Plus von 3.7 Prozent.
Während die Umsätze mit Abos im ersten Quartal dieses Jahres deutlich tiefer waren als 2019 - statt 9.1 Millionen Franken wurden mit ihnen noch 8.3 Millionen Franken erzielt -, stieg der Umsatz der Einzelfahrausweise von 12.2 auf 13.8 Millionen Franken. Das entspricht einer Zunahme von 13.5 Prozent.
Weshalb braucht es angesichts sprudelnder Kassen überhaupt eine Preiserhöhung? Monika Moritz, die stellvertretende Geschäftsführerin der A-Welle, verweist auf eine Mitteilung, in welcher diese mit der Inflation, höheren Energiekosten, einem Ausbau des Angebots und mit Sparvorgaben des Bundes begründet wird. Dieser will seine Ausgaben für den Regionalverkehr per 2024 kürzen. Zudem wird der Mehrwertsteuersatz per 2024 um 0.4 Prozent erhöht.
Und wieso erhöht die A-Welle ihre Tarife stärker als andere? «Die Verbünde haben jeweils eigene Herausforderungen zu bewältigen», sagt Moritz. Der Vergleich von durchschnittlichen Steigerungen sei schwierig, wenn die Verbünde bei ihrer Preispolitik das Sortiment differenziert betrachtet und die Tarife im Sortiment unterschiedlich erhöht oder teils gleich belassen hätten. «Die A-Welle hat etwa bei Pauschalfahrausweisen bewusst auf die Preiserhöhung im Jugendsortiment verzichtet», so Moritz.
Bitter ist die Preiserhöhung für die Aargauer Pendlerinnen und Pendler dennoch, denn ihr Verbund gehört schon heute zu den teureren. Eine Berechnung des Bundes hat gezeigt, dass die A-Welle und Frimobil jene Verbünde sind, deren Nutzer einen überdurchschnittlichen Beitrag an die Kosten bezahlen (CH Media berichtete). Auch der ZVV gehört zu den Verbünden mit einer hohen Kostendeckung.
Dort steigen die Preise per Ende Jahr am wenigsten stark an. Doch ZVV-Sprecher Filip Stankovic warnt bereits: Das war noch nicht alles. «In Anbetracht der gestiegenen Teuerung, des höheren Zinsniveaus sowie der höheren Treibstoff- und Energiepreise werden wohl auch in den Folgejahren weitere Tariferhöhungen notwendig werden», sagt er. Diese würden auch dazu beitragen, Kosten etwa für die Elektrifizierung von Bussen oder Erweiterungen von Depots und Garagen zu tragen.
In diesem Jahr rechnet der ZVV mit einer Kostenunterdeckung von 423.7 Millionen Franken. Diese muss gemäss dem Willen des Zürcher Kantonsrats in den nächsten Jahren gesenkt werden. Eine «angemessene Mitfinanzierung durch Fahrgäste» sei nötig, so Stankovic. Dass die Preise im ZVV bereits relativ hoch sind, ist nebensächlich. Die Marktbedingungen würden «angemessen berücksichtigt», die finanziellen Vorgaben stünden aber im Fokus.
Auch aus anderen Regionen deuten erste Signale darauf hin, dass es nicht bei den Preiserhöhungen im nächsten Jahr bleibt. Der Verkehrsverbund Luzern (VVL) etwa teilte dieser Woche der ebenfalls zu CH Media gehörenden «Luzerner Zeitung» mit, dass mittelfristig der Kanton und die Gemeinden mehr Geld investieren müssten, um die Kostensteigerung und die Sparbemühungen des Bundes im ÖV auszugleichen.
Wenn das nicht passiert, dürften Tariferhöhungen oder ein Serviceabbau die Folge sein. In Luzern wird schon per Ende dieses Jahres auf diversen Buslinien der Fahrplan ausgedünnt. Hoffen muss die Branche nur noch, dass die Kundschaft Verständnis aufbringt für höhere Tarife, weniger Leistung oder eine Kombination von beidem - und nicht aufs eigene Auto umsteigt. (aargauerzeitung.ch)
A. ÖV-Preise erhöhen
B. Erhöhung der Preise im ÖV
C. ÖV Ticketpreise erhöhen
Endloses Wachstum gibt es höchstens im Universum selbst, und nicht mal das ist 100% belegt.
Wohin soll das noch führen?
Bürgerliche Politik at its best.