Schweiz
Schaffhausen

Fall Fabienne W.: Jetzt meldet sich einer der Täter zu Wort

Fabienne W.
SRF Rundschau vom 22. Mai 2024.
Der Rundschau-Beitrag über den Fall warf hohe Wellen.Bild: SRF

«Meine Existenz ist zerstört»: Täter meldet sich zum Fall Fabienne W. zu Wort

2021 wurde eine Frau in Schaffhausen übel zusammengeschlagen. Der Fall erlangte durch mehrere Medienberichte in den vergangenen Wochen viel Aufmerksamkeit – nun meldet sich auch einer der Täter zu Wort.
09.06.2024, 09:4809.06.2024, 14:18
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«Das ist so, ich kann es nicht wegreden.»

Das sagt der von der «SonntagsZeitung» interviewte Mann auf die Aussage, er sei der Haupttäter im vorliegenden Fall. Der Mann, der Rolf M. genannt wird, nimmt ausführlich Stellung zum verhängnisvollen Abend und seiner Rolle dabei. Das sagt er über ...

... die Gründe und die Schuldfrage

Rolf M. erklärt, dass er «hundertprozentig» schuld daran sei, die Frau geschlagen zu haben. Er bereue dies «zutiefst». Zuerst habe er mehrmals versucht, die Situation zu beruhigen, dann sei ihm die Zündschnur durchgebrannt.

«Irgendwann hat es mich vertätscht.»

Er habe gegenüber der Polizei aber nie versucht, das Geschehene schönzureden. Er mache «keine mildernden Umstände» für sich geltend.

... die Brutalität des Angriffs

Der Vorfall wurde von Kameras aufgezeichnet, die Aufnahmen sind hässlich. Darüber sagt Rolf M.: «Ich war auch schockiert, als ich das Video bei der zweiten Einvernahme zum ersten Mal gesehen habe.» Und weiter:

«So etwas macht man einfach nicht, es ist das Hinterletzte.»

Achtung: Diese Aufnahmen können verstörend wirken

Video: srf/rundschau

... sein Verhältnis zu Fabienne W.

M. erklärt, er habe sich bei Fabienne W. nach der Tat entschuldigt und mehrfach mit ihr Kontakt gehabt. Er sei nach der Tat in eine Krise gerutscht, wegen dieser, aber auch wegen anderer persönlicher Dinge.

Nach einem Psychiatrieaufenthalt habe er Fabienne W. zufällig erneut getroffen und sich zweimal mit ihr verabredet, wobei sie auch über die Tat gesprochen hätten. Er habe daraufhin den Eindruck gehabt, W. habe ihm verziehen.

Eine aussergerichtliche Einigung sei ein Thema gewesen. Doch nach einiger Zeit habe Fabienne W. den Kontakt abgebrochen. Ein Jahr später sei dann die SRF-Dokumentation publiziert worden.

... die Folgen des SRF-Beitrags

Dieser habe dann seine Existenz zerstört. Denn:

«Ich musste aus Schaffhausen fliehen.»

Dies, weil er Morddrohungen erhalten habe und mehrfach Einbruchsversuche in seine Wohnung stattgefunden hätten. Zudem sei er auf der Strasse beschimpft worden.

Den SRF-Beitrag findet M. indes unfair.

«Die Berichterstattung der Rundschau ist einseitig und unfair. Es wird weggelassen, was vorher und nachher passiert ist.»
Kritik am SRF-Beitrag
Kritik an der SRF-Doku gab es auch von anderer Seite. Die Lokalzeitung «Schaffhauser AZ» veröffentlichte nach dem Erscheinen der Dokumentation eine eigene Recherche, welche über Wochen hinweg verfolgt wurde. Die Zeitung kam zum Schluss, dass die Rundschau teilweise falsche oder unbewiesene Narrative und Tatsachen suggeriere. Abschliessend heisst es:
«Das Gesamtbild, das durch die verschiedenen Beweismittel entsteht, lässt die brutale Prügelorgie in einem anderen Licht erscheinen: nicht als Resultat eines kühl geplanten Hinterhalts – sondern als albtraumhaften Höhepunkt eines Rauschabends, der plötzlich völlig ausser Kontrolle geriet.»

... seine aktuelle Situation

Die Polizei habe ihm geraten, die Stadt vorübergehend zu verlassen, so M. Dem sei er nachgekommen. Er lebt bei einem Freund und möchte um jeden Preis anonym bleiben.

«Meinen Namen und mein Gesicht muss ich geheim halten, denn wenn ich mich als den Täter öffentlich zeige, bin ich hier auch nicht mehr sicher. Auch meine Tochter will mich nicht mehr sehen.»

Auch beruflich habe der Beitrag Konsequenzen gehabt. Er lebe seit eineinhalb Jahren von der Sozialhilfe, sei aber kurz davor gewesen, als Pflegehelfer wieder Fuss in der Arbeitswelt zu fassen.

«Meine Vorgesetzten waren zufrieden. Ich hatte eine Festanstellung in Aussicht. Aber diese Chance ist jetzt zerstört.»

Ein Tag nach dem Rundschau-Beitrag sei er freigestellt worden.

... seine Faszination für Waffen und Gewalt

Rolf M. gibt im Interview an, etwa 170 Waffen zu besitzen. Er sammle antike Schwerter, Dolche, Messer oder Hellebarden. Es sei aber zuvor nie gewalttätig geworden, es habe auch nie ein Strafverfahren gegen ihn gegeben.

... eine gerechte Strafe

M. wurde bisher nicht für seine Tat bestraft. Diese geschah im Jahr 2021. Darüber sagt er:

«Da kann ich doch nichts dafür! Mir wurde angedroht, dass ich für die Tat ein- oder eineinhalb Jahre ins Gefängnis kommen könnte. Das fände ich eine gerechte Strafe.»

(con)

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109 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chronic
09.06.2024 11:22registriert Oktober 2018
Dann gibt es ja nicht nur Videoaufnahmen, sondern auch einen geständigen Täter?! Und es passiert… nichts. Ausser dass die Regierung gegen die Rundschau vorgeht..
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Chuchichäschtli
09.06.2024 10:08registriert März 2022
Die Reue kommt hier über 3 Jahre nach der Tat doch ein bisschen zu spät und dies auch erst auf Druck aus der Öffentlichkeit weil er sich jetzt halt nicht mehr verstecken kann.
Nett ist es doch von der Schaffhauser Polizei statt ihre Aufgabe zur Ermittlung endlich ernst zu nehmen und zu intensivieren ihn nach der Ausstrahlung des ersten Beitrags der Rundschau zu warnen und ihm nahezulegen dass er das Stedtli doch besser mal verlassen sollte.
So kann man natürlich die Polizei dein Freund und Helfer auch definieren.
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Jan Bruden
09.06.2024 13:33registriert Februar 2022
Was ist denn das für ein Land und was für ein Zeichen? Es gibt Filmaufnahmen, es gibt klare Aussagen und was geschieht? Nichts. Verheerend.
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